zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Kugelhagel in der Guggenheim-Rotunde

Drehstart für „The International“ im Babelsberger Lok-Zirkus mit Clive Owen und Armin Mueller-Stahl

Babelsberg - Hollywood rettet ein Potsdamer Denkmal vor dem Verfall: Heute beginnen im Lok-Zirkus an der Wetzlarer Straße die Dreharbeiten für den Politthriller „The International“ unter Regie von Tom Tykwer („Das Parfum“). Das marode, denkmalgeschützte Backsteingebäude spielt dabei eine Hauptrolle – neben den Schauspielern Clive Owen („Hautnah“), Naomi Watts („King Kong“) und Armin Mueller-Stahl. Denn im Inneren des achteckigen Bauwerks haben die Kulissenhandwerker von Studio Babelsberg das New Yorker Guggenheim-Museum nachgebaut, eins zu eins im Maßstab. Bis in 14 Meter Höhe ragt die weltberühmte Rotunde, die einen Durchmesser von 34 Metern hat.

Zur gestrigen Drehstart-Pressekonferenz für „The International“ durfte das Meisterwerk der Kulissenbauer besichtigt werden – allerdings unter strengstem Fotografier-Verbot. Der Grund: Im Lok-Zirkus werden rund einen Monat lang Schlüsselszenen für den Thriller gedreht, vor allem eine „große Schießerei“, wie Regisseur Tom Tykwer sagte. Diese hätte sich unter keinen Umständen im echten Guggenheim-Museum inszenieren lassen. Damit der Kugelhagel inmitten des Kunstrefugiums doch möglich ist, hat das Hollywood-Studio Sony / Columbia Pictures keine Kosten gescheut. Allein rund 200 000 Euro wurden investiert, um den Lok-Zirkus nutzbar zu machen – ein anderes Gebäude, das groß genug für den Guggenheim-Nachbau ist, ließ sich nirgendwo finden. „Dieser Lokschuppen passte wie ein Topfdeckel zu unseren Maßen – doch wir mussten zwei Wochen richtig hart sanieren“, sagte gestern Produktionsdesigner Uli Hanisch. Der Boden aus Quarzsand wurde asphaltiert, das Dach abgedichtet.

Erst dann konnten die 40 Kulissenbauer des Babelsberger Art Departments ans Werk gehen: Zehn Wochen arbeiteten die Handwerker an der Guggenheim-Rotunde. „Es ist das Schwierigste, was wir je gebaut haben“, sagte Construction Manager Dierk Grahlow. Denn die Rotunde besteht aus einer freischwebenden, 200 Meter langen Rampe, die sich spiralförmig nach oben schraubt. Selbst aus Beton lässt sich dies nur schwer konstruieren. Die Babelsberger aber bauten die Rotunde aus Kulissenmaterial: Mit 7000 Kubikmetern Gerüsten, 3000 Tonnen Stahl und 8000 Metern Kantholz. Die Baupläne kamen direkt aus dem Original-Guggenheim-Museum in New York. Allerdings waren die Babelsberger wesentlich schneller als die New Yorker. „Das echte Museum wurde in 16 Jahren gebaut, für den Nachbau hatten die Babelsberger 16 Wochen Zeit“, sagte Regisseur Tykwer.

Er selbst hat für seinen ersten Hollywood-Film nach den deutschen Erfolgsproduktionen „Lola rennt“ und „Das Parfum“ 13 Wochen Zeit – sechs Drehtage in Istanbul sind bereits absolviert, 45 in Babelsberg und Berlin folgen jetzt. Für Tykwer war der Dreh in seiner Wahlheimat und mit bewährtem Team eine Bedingung. „Sonst hätte ich den Film nicht gemacht – ohne mein Team habe ich ja keine Stimme.“ Der Thriller „The International“ sei ein Film in Tradition der großen politischen Streifen der 1970er Jahre wie „French Connection“ oder „Marathon Man“, so Tykwer. Es geht um einen Interpol-Agenten, dargestellt von Clive Owen, der mit Hilfe einer New Yorker Staatsanwältin (Naomi Watts) eine korrupte Großbank zu Fall bringen will, die Krieg und Terror finanziert. Für Tykwer ist dieses „global financing“, das globalisierte Geldgeschäft, ein „ ganz gegenwärtiges“ Thema, das viele als subtile Bedrohung empfänden. Diesen „Subtext der Gesellschaft“ wolle er mit dem Film einfangen, so wie es die Thriller der 70er mit der Parallelwelt der Geheimdienste vermochten.

Dass die Studioaufnahmen für „The International“ in Babelsberg entstehen, ist kein Zufall: Der Anfang des Jahres eingeführte Deutsche Filmförderfond, aus dem „The International“ 5,8 Millionen Euro Förderung bekommen hat, habe auf das Studio gewirkt wie eine „energetische Infusion“, sagte Tykwer. Früher habe das Gelände an manchen Tagen gewirkt wie eine „Geisterbahn“. Jetzt sind alle Hallen voll, der Tykwer-Thriller ist die neunte Spielfilmproduktion in diesem Jahr. Das registriert auch Hollywood: „Babelsberg ist das europäische Filmzentrum geworden“, sagte gestern Produzent Lloyd Phillips. Bei „The International“ ist Studio Babelsberg außerdem Koproduzent. Sabine Schicketanz

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false