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Exklusiv

Kommunale Unternehmen: Viele Fragezeichen bei den Stadtwerken Potsdam

Bei den Stadtwerken Potsdam gibt es aktuell einige offene Baustellen und Unklarheiten. Zudem werden Interessenkonflikte und Überforderung beim Management befürchtet.

Potsdam - Schon im Wahlkampf ist Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) zum Thema Zukunft der Stadtwerke eher schwammig geblieben. Er wolle die Stadtverordneten regelmäßig über die Belange der großen kommunalen Unternehmen im Vorfeld informieren und beratend mitwirken lassen – damit sie „sich aktiv in Gesellschafterentscheidungen einbringen“ können, war eine der wenigen konkreten Aussagen.

Doch bei der Zukunft der seit nunmehr fast drei Jahren lediglich kommissarisch geführten Stadtwerke hält sich die Rathausspitze noch sehr bedeckt. Zunächst wolle man den ebenfalls noch vakanten zweiten Chefposten in der Geschäftsführung der wichtigsten Stadtwerke-Tochter Energie- und Wasser Potsdam (EWP) besetzen, machte Rathaussprecher Jan Brunzlow jetzt auf PNN-Anfrage deutlich: „Erst dann wird die Besetzung der Stadtwerke-Geschäftsführung geprüft, gegebenenfalls ausgeschrieben und neu besetzt.“

Tatsächlich besteht aber Handlungsbedarf

Dabei besteht durchaus Handlungsbedarf, wie aus dem Unternehmensverbund hinter vorgehaltener Hand erzählt wird. Denn mit Jörn-Michael Westphal gibt es einen Geschäftsführer mit Doppelfunktion, der auch bei der großen kommunalen Bauholding Pro Potsdam die Strippen zieht. Befürchtet werden von internen Kritikern unter anderem Interessenkonflikte und Überforderung beim Management zweier so großer Gesellschaften. Befürworter hingegen hoffen auf eine bessere Zusammenarbeit und Synergieeffekte, zudem verweist das Unternehmen auf mittlerweile umfangreiche Richtlinien zur sauberen Unternehmensführung, den sogenannten Compliance-Regeln.

Westphal war nach dem vergangenen Stadtwerke-Skandal Mitte 2016 als Teil einer neuen Führungsmannschaft in den Konzern berufen worden. Damals hatten bei den Stadtwerken mehrere Top-Manager gehen müssen, unter anderem ging es um Vorwürfe der Vettern- und Günstlingswirtschaft. Als dann die neue Führungsebene – vor allem aus der Pro Potsdam – berufen wurde, erklärte der damalige Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) noch: Maximal ein Jahr werde die neue Führung arbeiten, dann solle per Ausschreibung eine neue Stadtwerke-Spitze gefunden werden. 2018 dann verabschiedete man sich von einer schnellen neuen Lösung, wie berichtet auch für eine bessere Kooperation von Stadtwerken und Pro Potsdam bei Großprojekten wie dem geplanten Wohngebiet Krampnitz.

Bemerkenswert ist die Situation auch deswegen, weil im Rathaus derzeit die Kontrolle der großen kommunalen Unternehmen personell nicht untersetzt ist. So ist die Leitung des zuständigen Bereichs Beteiligungsmanagement vakant. Stadtsprecher Brunzlow sagte, das Besetzungsverfahren sei noch nicht beendet. „Da es ein laufendes Verfahren ist, geben wir keine Zwischenstände bekannt.“ Auch einen Zwischenstand zu einem „Balance Scorecard“ genannten Zieleverfahren für die Stadtwerke, das analog zu einem schon beendeten Prozess in der Pro Potsdam durchgeführt wird, könne man nicht vorlegen. Dazu werde noch beraten. Bei dem Großprojekt gebe es Probleme bei der konkreten Umsetzung, hatten Unternehmensangehörige den PNN erzählt.

Anonyme Vorwürfe

In einem anonymen Schreiben an die PNN war jüngst auch davon die Rede, dass die Stadtwerke in den vergangenen Jahren für alle Ebenen zusätzliche Beraterfirmen beauftragt hätten – die dafür fälligen üppigen Honorare würden demnach aus dem Etat des kommunalen Unternehmens bezahlt. Auf Anfrage sagte Stadtwerkesprecher Göran Böhm, das Unternehmen nutze bei Bedarf solche externen Dienstleistungen – etwa bei Themen wie der Digitalstrategie des Unternehmens, bei der Neuausrichtung von Serviceleistungen oder zur Dokumentation von Prozessen. Solche Vertragspartner würden auf Basis ihrer Angebote und nach Bewertung des Preis-Leistungs-Verhältnisses ausgewählt, so der Sprecher – zur Vergabe gebe es umfangreiche Regelwerke im Verbund.

Auf dieser Basis habe man sich etwa auch zu Spezialfragen zu Energie- und Infrastrukturprojekten und Einzelfragen sowie Rechtsthemen und zur neuen Datenschutzgrundverordnung beraten lassen, hieß es. Allerdings seien die Kosten dafür im Vergleich zu den Gesamtausgaben des Konzernverbunds niedrig, rechnete der Sprecher vor: 2017 hätten die Stadtwerke insgesamt 319 Millionen Euro ausgegeben, der Anteil für die Beratungsdienstleistungen habe 0,416 Prozent betragen. Das entspricht rechnerisch rund 1,33 Millionen Euro.

Zu einzelnen Vertragsverhältnissen und Beratungsfirmen machten die Stadtwerke aber auf Anfrage keine genauen Angaben. „Was einzelne Verträge mit Partnern angeht: Hier sind wir angehalten, auch deren geschäftliche Interessen und Daten zu schützen“, sagte Böhm. Über die Vergabe von Dienstleistungen informiere man „die für uns zuständigen Gremien“.

Jahresabschluss für 2018 steht noch aus

Wortkarg gibt sich der mit 1700 Mitarbeitern große Unternehmensverbund zur aktuellen Finanzlage. Denn im zuletzt veröffentlichten Geschäftsbericht für das Jahr 2017 wurde gewarnt, man rechne für das Geschäftsjahr 2018 mit einem deutlichen Rückgang des Ergebnisses auf circa zwei Millionen Euro – nach einem Jahresüberschuss von fast 5,8 Millionen Euro im Jahr 2017 und 3,8 Millionen im Jahr vorher. Als Grund für das mögliche schlechtere Ergebnis werden in dem Bericht unter anderem steigende Zuschussbedarfe beim Verkehrsbetrieb und bei der Bäderlandschaft durch das Blu genannt. Ob das so eingetreten ist, sagte Stadtwerke-Sprecher Böhm nicht: „Der Jahresabschluss für 2018 steht noch nicht fest.“ Auch Oberbürgermeister Schubert wird ihn genau studieren müssen – um eine Strategie zum Umgang mit den Stadtwerken zu finden.

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