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Kolumne von Steffi Pyanoe: Vier kurze Neujahrsansprachen à la Potsdam

Der Punker, der manchmal unter einer Brücke in Babelsberg schläft. In der Straßenbahn, Wattstraße bis Platz der Einheit: „Wenn jetzt ein Kontrolleur reinkommt, dem hau ich auf die Fresse.

Der Punker, der manchmal unter einer Brücke in Babelsberg schläft. In der Straßenbahn, Wattstraße bis Platz der Einheit: „Wenn jetzt ein Kontrolleur reinkommt, dem hau ich auf die Fresse. Ich hab halt ein großes Maul. Die Menschen hier können ja nichts dafür. Die haben mich immer genommen, wie ich bin. Ich möchte langsam mal was Richtiges machen. Menschen retten zum Beispiel. Dann habe ich einen Feuerwehrhelm auf und sage, jetzt geht’s los! Aber wenn jeder sagt, ich bin Alkoholiker, dann reicht’s mir langsam. Sorry, ich wollte nicht laut sein. Die junge Frau, die kann ruhig hierbleiben. Du hast so ein hübsches Kind. Ich tu ja keinem was. Natürlich bin ich angesoffen. Ich geb ja auch zu, dass ich angesoffen bin. Und jetzt trink ich noch ein Bier. Die junge Frau, jetzt mal ehrlich, setzen Sie sich doch mal wieder her. Was soll ich denn schon tun? Als ob ich jemanden belästige oder was.“

Zwei Frauen im Nikolaisaal-Foyer, in der Pause bei einem Konzert unter anderem mit italienischer Musik. „Entschuldigung, dürfen wir uns dazu setzen? Der Moderator kommt auch noch. Wir haben die Karten beim rbb-Kulturradio gewonnen. Das Adventsrätsel hatte ich noch nie gelöst. Würden Sie nachher von uns ein Foto machen? Für den Sender? Wir wohnten erst in Berlin, jetzt sind wir auf’s Land gezogen, in ein Dorf bei Werder, da liegt Potsdam sozusagen in der Mitte. Das ruhige Landleben tut gut. Und im Garten stehen so viele Obstbäume. Nein danke, keine Torte. Übrigens, vor langer Zeit war ich mal mit einem Venezianer liiert.“ Der Kulturradio-Moderator: „Oh, Italien, da musste man früher als Komponist immer hin, um herauszufinden, was à la mode war. Ich war im Urlaub auf Madeira. Wunderbares Wetter, und wir hatten eine Terrasse. Obstbäume im Garten sind aber auch was Herrliches. Ich liebe Quitten. Ich mag besonders die Deutsche Quitte, ich weiß, das klingt komisch. Am besten im Ofen gebacken. Eine Stunde bei 180 Grad. Es ist ganz einfach.“

Mutter und kleine Tochter in der Tram. Tochter: „Was passiert beim Impfen?“ Mutter, nach kurzem Zögern: „Du bekommst eine Nadel in den Arm gesteckt. Dann wird Gift in deinen Körper gespritzt. Und dann wirst du krank. Oder du stirbst. – Naja, manchmal.“

Ministerpräsident Dietmar Woidke, im Fernsehen: „Liebe Brandenburgerinnen, liebe Brandenburger, überall in unserem Land begrüßen wir das neue Jahr mit Freude. Und nicht nur hier: Weltweit verbinden Menschen die kommende Zeit mit Wünschen und Hoffnungen. Sie können uns Halt und Orientierung geben. So, wie wir sie auch bei unseren Mitmenschen finden. Die Familie war für die meisten während der Feiertage der Ort zum Innehalten und Kraft tanken. Aber spätestens heute, am Neujahrstag ...“

Na, wissen Sie, wie es weitergeht?

A: „... sind wir von all der Feierei mit der Familie nervlich am Ende und wollen nur noch zurück ins ruhige Büro.“

B: „... kommt der Baum raus, das habe ich meiner Frau versprochen.“

C: „... sind viele Kinder, Enkel und Geschwister wieder aufgebrochen. Ausgeschwärmt, um in ihren eigenen Alltag zurückzukehren. Für einige wird es noch ein langer Abend in Zügen und auf Autobahnen.“

Unsere Autorin ist freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Babelsberg.

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