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Eine Sternschnuppe leuchtet am Brandenburger Nachthimmel. 

© Foto: dpa/Patrick Pleu

Kolumne | PYAnissimo: Von Masken und Sternschnuppen

PNN-Autorin Steffi Pyanoe berichtet über eine kleine Reizung im Hals und Wünsche gen Himmel.

Am Tag vor dem Beginn meiner Homeoffice-Klausur Ende März ging ich zum Friseur. Es war auch der letzte Tag an dem er offen hatte. Ich hatte deshalb kurz in Betracht gezogen, den Termin zu versteigern, aber man muss auch mal was für sich selbst tun. Jetzt war ich, drei Tage vor der Maskenpflicht, zur Zahnreinigung. Ich habe ein wirklich exklusives Timing. Mein Zahnarzt ist in Berlin. Ich war richtig aufgeregt, endlich wieder S-Bahn fahren. Ein Ausflug. Fremde Menschen. Geschwindigkeit. Abgase. Ich dachte an die Maske, die kommen würde. Mal finde ich es blöd, wer sieht jetzt meine Zähne? Mal finde ich es gut, kann man doch unter der Maske unbehelligt husten. Nach der Zahnreinigung hatte ich den Mund trocken und gereizt, hier und da noch Zahnsteinkrümel. Aber freies Husten in der Bahn? Lieber blau anlaufen.

Zu Hause untersuchte ich meinen Rachen. War es wirklich nur eine kleine Reizung? Fühlte ich mich nicht plötzlich schlapp? Weiß ich überhaupt noch, wie sich Fieber anfühlt? Das hatte ich seit meiner Kindheit nicht mehr. Mir wurde flau.

Steffi Pyanoe ist freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Babelsberg.
Steffi Pyanoe ist freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Babelsberg.

© Sebastian Gabsch

Abends schaute ich mit einer Wärmflasche auf der Brust zwei Folgen „Charité“ und ging dann ins Bett. Es war eine dieser Sternschnuppennächte. Um drei Uhr weckte mich die Katze. Ich öffnete die Balkontür und erinnerte mich an die Sternschnuppen. Nord, Nord-Ost, hatte der Planetariumsleiter gesagt. Unser Balkon geht nach Süden. Aber er hat einen kleinen Vorsprung. Mit etwas Akrobatik kann man sich nach Osten recken. Leider blenden die beiden Straßenlaternen – die stehen noch aus DDR-Zeiten, als die Stasi hier Objekte liebevoll betreute, weshalb bis heute unsere winzige Anliegerstraße hervorragend beleuchtet ist. Das macht die Sternbeobachtung aber nicht leichter. Also breitete ich, dicht über die Brüstung gebeugt, meine Arme aus und versuchte, mit den Handflächen die beiden Lampen zu verdecken, während ich konzentriert in den Nachthimmel starrte. Ich wollte unbedingt eine Sternschnuppe sehen, mein Gott, man hat doch Wünsche! Ich will kein Corona, meine Zähne sind noch gut, hat die Zahnarztassistentin gesagt. Und ich will nicht verrückt werden. Das wären schon zwei Schnuppen. Und die habe ich auch gesehen, jawohl. Mit einer dritten habe ich mir gewünscht, dass mich die Nachbarn hier nicht wie den Propheten am Berg stehen sehen, im weißen T-Shirt, die Arme gen Himmel. Und dann hab ich mir sicherheitshalber noch gewünscht, dass ich beim Anlehnen nicht über die Brüstung abstürze. Ich möchte nicht in die Coronastatistik eingehen.

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