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Zahlreiche Menschen gratulierten dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) auf dem Telegrafenberg zum 30-jährigen Bestehen.

© Andreas Klaer,PNN,Tsp

Klimaforschung aus Potsdam: Vom Telegrafenberg aus in die Weltpolitik

Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) feierte sein 30-jähriges Bestehen, auch Ursula von der Leyen gratulierte.

Potsdam - CO2-Preis, IPCC-Bericht, Green Deal, Maßnahmen gegen Dürre und Waldbrände: Nur einige Beispiele aus dem Bereich der Klimapolitik, bei denen das renommierte Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) die Politik beraten oder selbst mitgewirkt hat. Die wissenschaftliche Expertise des Instituts wird sehr geschätzt, wie auch die zahlreichen Gratulationen zeigten, die das PIK am gestrigen Donnerstag zu seinem 30. Geburtstag entgegennehmen durfte: Bei dem Festakt auf dem Telegrafenberg dankte neben Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert, (SPD) Brandenburgs Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD) und Staatssekretärin Judith Pirscher (FDP) vom Bundesforschungsministerium auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) den Klima-Wissenschaftler:innen für ihre Arbeit.

„Ich kann aus persönlicher Erfahrung sagen, dass Ihre Arbeit den europäischen Green Deal entscheidend mitgeprägt hat, und dies weiter tut“, sagte von der Leyen in einer Videobotschaft zu den rund 50 Anwesenden, unter denen sich auch PIK-Gründungsdirektor Hans Joachim Schellnhuber und der heutige Co-Direktor Ottmar Edenhofer befanden. Das EU-Parlament hat den Green Deal, demzufolge die EU bis 2050 klimaneutral werden will, erst kürzlich bestätigt.

PIK-Gründungsdirektor Hans Joachim Schellnhuber.
PIK-Gründungsdirektor Hans Joachim Schellnhuber.

© Andreas Klaer

Hoher Stellenwert für Potsdam und die Welt

1992 war das PIK auf Initiative des Bundesforschungsministeriums ins Leben gerufen worden, von Anfang an waren Interdisziplinarität und Politikberatung Teil des Konzepts. „Das war ein Glück für Potsdam“, sagte Mike Schubert, der den Stellenwert des Instituts für die Entwicklung der Stadt zum Wissenschaftsstandort hervorhob. Ähnlich äußerte sich Manja Schüle: „Herr Schellnhuber hat das PIK aus dem Stand zu einem internationalen Spitzeninstitut gemacht.“ Sie dankte auch Edenhofer, der die Landesregierung in den vergangenen Jahren immer wieder zu Problemen wie Dürre, Wassermangel und Waldumbau beraten habe.

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Der Einfluss des PIK auf die Klimapolitik ist nicht zu unterschätzen, so wirkte das Institut wesentlich am Sondergutachten zur CO2-Bepreisung der Bundesregierung mit oder lieferte wichtige Beiträge für den Bericht des oft als „Weltklimarat“ bezeichneten IPCC. Dies stützt sich auf das große wissenschaftliche Renommee des PIK: 2021 befand sich das Institut zum vierten Mal in Folge mit zwölf Vertreter:innen unter den obersten ein Prozent der meistzitierten Wissenschaftler:innen weltweit, wie die Wissenschaftsplattform „Clarivate“ berichtet. Im ersten Halbjahr 2022 konnte das PIK bereits über 60 Artikel in wichtigen Fachzeitschriften aus der ganzen Welt veröffentlichen.

Mammutaufgabe Waldumbau

Zu den Spitzenforscher:innen, die das PIK hervorgebracht hat, gehört auch deren Mitgründer Klaus Hasselmann: Der Physik-Nobelpreisträger von 2021 war am Donnerstag Ehrengast beim Festakt im Großen Saal des Instituts, der künftig nach ihm benannt ist. „Hasselmann hat der deutschen Klimaforschung zur Weltspitze verholfen“, sagte Schellnhuber über seinen Kollegen. Auch Schellnhuber selbst gehört seit langem zu den prominentesten Klimaforschern Deutschlands: Er beriet unter anderem die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), brachte das Konzept der Kipppunkte in die Klimaforschung ein und ist Mitglied im Weltklimarat.

Doch auch auf lokaler und regionaler Ebene ist das PIK aktiv: Mit dem demnächst startenden Forschungsprojekt „Waldspektrum“ soll die Klimaanpassung der brandenburgischen Forste untersucht werden. „Die klimatischen Bedingungen ändern sich gerade drastisch für die Wälder“, sagt PIK-Forscher Christopher Reyer. Dass das Land stark von Kiefern-Monokulturen geprägt sei, erschwere die Lage zusätzlich: „Die Wälder in Brandenburg sind nicht besonders natürlich und schlecht an die jetzigen Bedingungen angepasst, das gilt umso mehr für künftige klimatische Bedingungen“, so Reyer.

Ziel des Projekts "Waldspektrum" sei es daher, Baumsorten zu finden, mit denen die Wälder künftig widerstandsfähiger und resilienter gegen Hitze und Dürre sein könnten. Im Fokus stünden dabei vor allem südländische Sorten wie die Flaumeiche oder die Zerreiche. „Den einen Wunderbaum gibt es dabei nicht“, betont Reyer. Vielmehr komme es darauf an, wieder gemischtere Wälder anzulegen. Eine Mammutaufgabe: Reyer rechnet damit, dass der Waldumbau mehrere Jahrzehnte dauern werde.

Fast 20 Millionen Euro Drittmittel

Heute arbeiten rund 400 Menschen beim PIK, darunter 261 Wissenschaftler:innen. Der Bund und das Land Brandenburg finanzierten die Einrichtung im vergangenen Jahr jeweils zur Hälfte mit insgesamt 12,6 Millionen Euro, hinzu kamen etwa 19,2 Millionen Euro Drittmittel für Forschungsprojekte. Seinen Hauptsitz hat das PIK im Michelsonhaus auf dem Telegrafenberg, 2015 kam der kleeblattförmige Neubau „A 56“ hinzu. Dessen Architektur ist – natürlich – ganz auf Nachhaltigkeit ausgerichtet: Der Supercomputer, der sich im Keller des Hauses befindet, heizt das gesamte Gebäude mit seiner Abluft.

Auch in anderen Bereichen war das PIK innovativ: 2019 richtete es zusammen mit der Charité die erste Professur für Klimawandel und Gesundheit ein. 2021 startete das vom PIK initiierte ISIpedia-Portal: Die freie Online-Enzyklopädie macht Klimafolgen auf Länderebene sichtbar und soll dabei helfen, die Klimaanpassung an lokale Gegebenheiten besser planen zu können.

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