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Landeshauptstadt: Klimafolgenforscher unter Stromrebellen Doppelt politisch: Stefan Rahmstorf sprach gestern mit Espengrund-Schülern über den Klimawandel

Der Professor genoss das Schlittschuhlaufen am Wochenende auf dem Schwielowsee; auch deshalb, weil es vielleicht das letzte Mal war – für die nächsten zehn Jahre. Aufgrund der globalen Erwärmung würden die kommenden Winter in der hiesigen Region milder ausfallen, prognostiziert Stefan Rahmstorf, profilierter Klimafolgenforscher an der Universität Potsdam.

Der Professor genoss das Schlittschuhlaufen am Wochenende auf dem Schwielowsee; auch deshalb, weil es vielleicht das letzte Mal war – für die nächsten zehn Jahre. Aufgrund der globalen Erwärmung würden die kommenden Winter in der hiesigen Region milder ausfallen, prognostiziert Stefan Rahmstorf, profilierter Klimafolgenforscher an der Universität Potsdam. Die Seen würden dann nicht mehr zufrieren.

Seine Zuhörerschaft, die sich am gestrigen Vormittag auf eisglatt-nassen Gehwegen zum Saal der Babelsberger Gemeinde bewegt hatte, blieb gefasst. Ein Halbjahr lang hatten sich die Elftklässler des Espengrund-Gymnasiums im Fach Geographie mit Klimatologie beschäftigt, die Verstärkung aus den Jahrgängen 12 und 13 war ebenfalls eingestimmt. Trotzdem erläuterte der Potsdamer Professor noch einmal die Schlagworte, die nach jeder Naturkatastrophe als Erklärung angeführt werden: globale Erwärmung, Kohlendioxidausstoß, Treibhauseffekt. Die scheinbar neuzeitlichen Begrifflichkeiten stammen tatsächlich vom Ende des 19. Jahrhunderts. Schon damals berechnete der Chemiker Svante Arrhenius, dass sich bei weiter steigenden Kohlendioxidausstößen die Erdatmosphäre zwischen vier bis sechs Grad erwärme. „Und obwohl er keinen Computer und nicht unsere Messergebnisse hatte, verrechnete er sich um nur ein Grad. Er war verdammt nah dran“, begeisterte sich Rahmsdorf für den Forscherkollegen. Bedrückend seien allerdings die Folgen dieser Erwärmung. Ob denn jemand im Publikum den Film „The Day after Tomorrow“ gesehen hätte, fragte der Ozeanspezialist und führte von der grauen Theorie in die bunte Kinowelt. Das sei zwar ein Hollywood-Katastrophenfilm und wenig wissenschaftlich. Dennoch habe er einen ernsten Hintergrund. Der globale Temperaturanstieg sorge für das Abschmelzen der Pole und des Gletschereises, dadurch steige der Meeresspiegel. Eine folgenreiche Reaktionskette setze sich in Gang. 2004 fegten vier Hurrikane über Florida und zehn Taifune über Japan. 2005 erreichte die Zahl der zerstörerischen Winde einen dramatischen Höhepunkt. Es seien 27 Tropenstürme registriert worden – Steigerung nicht ausgeschlossen. Regionale Erscheinungen, so Rahmstorf, wie die Oderflut 1997 oder die Jahrhundertflut 2001, die ganz Dresden unter Wasser setzte, seien nicht unmittelbar auf den Klimawechsel zurückzuführen. Als Erklärung diene aber eine einfache chemische Formel: Pro Grad Erwärmung könne die Luft sieben Prozent mehr Wasser aufnehmen. Das leuchtete vor allem den beiden Schülerinnen ein, die ihre regendurchnässten Stiefel während des Vortrags ausgezogen und zum Trocknen unter die Heizung gestellt hatten.

Hauptverursacher des erhöhten Kohlendioxidausstosses ist der Mensch. Besonders durch das Verbrennen fossiler Rohstoffe gelange immer mehr des klimakillenden Gases in die Atmosphäre und die Weltmeere. „Wie können wir das ändern?“, wollten die Schülerinnen und Schüler wissen. Zum Beispiel, in dem man zu einem Ökostrom-Anbieter wechsle, schlug der Klimafolgenforscher vor, der sein Haus selbst mit der Energie der „Stromrebellen“ versorgt. Außerdem habe er zur Warmwassergewinnung eine thermische Solaranlage auf dem Dach. Deutschland könnte, wenn es wollte, in nur ein paar Jahren seine gesamte Stromversorgung auf erneuerbare Energie umstellen, wenn es von der Politik gewollt wäre, sagte Rahmstorf.

So gesehen war der gestrige Vortrag doppelt politisch. Die Schüler und Lehrer des Espengrund-Gymnasiums wollten nämlich mit der Veranstaltung auch zeigen, dass sie eine „aktive Schule“ sind und nicht schicksalsergeben, wie Elternsprecherin Angela Winkler erklärte. Das werde man auch mit weiteren ähnlichen Aktivitäten unter Beweis stellen. Das Babelsberger Gymnasium soll im Jahr 2008 geschlossen werden. Entschieden ist dies allerdings noch nicht. Die Stadtverordneten müssen darüber noch befinden.

Nicola Klusemann

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