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Landeshauptstadt: Keine Karriere ohne Studium

„Goldfischteiche“ gibt es nicht mehr: Heute wird gezielt für den Bedarf ausgebildet

Beim ersten Treffen ein Jahr nach dem Abitur musste Elisabeth Syring passen. Während ihre früheren Mitschüler mitten in den Semesterferien fröhlich feierten, büffelte Elisabeth in Berlin für die nächsten Klausuren: Die 20-Jährige studiert an der IBM Berufsakademie (BA) Wirtschaftsinformatik. In drei Jahren will sie damit nicht nur Betriebswirtschaft und Technik verbinden, sondern auch Theorie und Praxis.

Auf zwei- bis dreimonatige Projektphasen im Unternehmen folgen kurze Semester von gerade mal 12 Wochen. „Aber in dieser Zeit bewältigen die Studenten mehr Stoff als ihre Kommilitonen in 16 oder 18 Wochen“, betont Helmut Lück, Referent für Öffentlichkeitsarbeit an der Fachhochschule für Wirtschaft Berlin, zu der seit 2003 die Berufsakademie Berlin mit rund 1500 dualen Studienplätzen gehört. Das funktioniert mit kleinen Lerngruppen, einem verschulten Programm, bei dem Anwesenheitspflicht besteht, und mit ehrgeizigen Teilnehmern.

„Ich weiß, wofür ich das tue“, kommentiert Elisabeth Syring den Arbeitsaufwand. Bei ihrer Berufsentscheidung suchte die Studentin nach einem möglichst sicheren Karriereeinstieg. „Ich wollte relativ schnell zu einem guten Ergebnis kommen.“

In der Tat werden den Abgängern der Berufsakademien glänzende Berufsaussichten prognostiziert. „70 bis 80 Prozent unserer Studenten haben schon bei der Meldung zur Abschlussprüfung einen Arbeitsvertrag in der Tasche“, sagt Lück. Die Unternehmen wollten sich mit einer vergüteten, qualitativ hochwertigen Ausbildung die besten Kandidaten sichern. Sie investierten viel Zeit und Geld in das Auswahlverfahren, das ein Jahr vor der begehrten Ausbildung einsetzt - auf 30 Plätze kommen 600 bis 900 Bewerber.

Absolventen, die praxiserprobtes Wissen mitbringen, haben aus Sicht von Personalverantwortlichen die besten Karrierechancen. Betriebsakademien sind ein gutes Vehikel auf dem Weg dorthin: „Wir sind ein Wunschkind der Wirtschaft“, sagt Sprecher Lück. Doch die Berufsakademie ist eine konjunkturabhängige Ausbildung, sie wird nur solange angeboten, wie bei den Unternehmen Bedarf besteht.

„Die Zeit der Goldfischteiche ist vorbei“, sagt Andreas von Studnitz. Der Geschäftsführer einer Managementberatung in Rendsburg spielt damit auf die Zeiten breit angelegter Traineeprogramme an, aus denen die besten Kandidaten herausgefischt wurden. „Heute wird nur noch sehr gezielt für den Bedarf ausgebildet“, so der Managementtrainer.

Wer eine Stelle von der Abteilungsleitungsebene über die Bereichsleitung bis zum obersten Management haben will, müsse studieren, betont von Studnitz. „Ohne Studium wird man zukünftig nur noch im Handwerk, in Pflegeberufen, im echten, lokalen Einzelhandel oder Gastgewerbe zu Führungsehren kommen können.“

Natürlich gebe es nach wie vor Ausnahmen, aber die Tendenz sei klar. „Selbst der überregionale Landhandel bildet seinen Führungsnachwuchs zu Betriebswirten in den Genossenschaftsakademien aus.“ Schnell, praktisch, relevant muss ein Studium sein, wenn es nicht in die universitäre Forschung, sondern in eine Unternehmenskarriere münden soll. Dabei sei die Fachrichtung weniger ausschlaggebend, betont Managementberater von Studnitz: „Egal, ob Jurist, Diplomkauffrau oder BWLer, die zukünftigen Führungskräfte werden gleichermaßen auf ihre unternehmensrelevanten Erfahrungen hin abgeklopft.“ Dies geschieht über ein anspruchsvolles Auswahlverfahren, zumeist ein Assessment Center: „Dabei sind die Aufgaben so komplex, dass klassische Berufsausbildungen in der Regel nicht ausreichen, um sie zu lösen“, so der Führungskräftetrainer. Maximal zehn Prozent des heutigen Führungsnachwuchses sei ohne Studienabschluss einer Universität, Fachhochschule oder Berufsakademie.

Studieren lohnt sich also - oder anders gesagt: „Bildung hilft“, wie es Britta Matthes, Leiterin der Arbeitsgruppe Berufsforschung vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg formuliert – in jedem Fall für die Karriere. Deike Uhtenwoldt

Deike Uhtenwoldt

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