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Initiative Seebrücke: Flashmob auf dem Alten Markt

Demonstrationen mit vielen Menschen sind wegen der Corona-Pandemie immer noch verboten. Wie zufällig trafen sich deshalb Aktivisten in Potsdam, um die Evakuierung der Flüchtlingslager in Griechenland zu fordern.

Von Carsten Holm

Potsdam - Mit einem Aktions-Flashmob hat die Initiative Seebrücke Potsdam am Samstag die sofortige Evakuierung der Flüchtlingslager in Griechenland gefordert. Da Demonstrationen wegen der Coronakrise noch immer verboten sind, strömten 30 Aktivisten der Initiative wie spontan, aber allesamt pünktlich um 15 Uhr zum Alten Markt und rollten zwischen Nikolaikirche und Landtag zwei orangefarbene Banner mit den Texten „Stoppt das Sterben”  und „Für den Europäischen Mauerfall aus”. Dann legten sie sich in Rückenlage auf den Platz und formten mit ihren Körpern die Buchstaben eines Hilferufs: „SOS”.

Kritik an den Landesregierungen 

Peter Schmitt, Aktionist der Initiative, beklagte per Megaphon, dass die Landesregierungen „nicht einmal auf unsere Forderungen reagiert haben”. Die Situation in griechischen Flüchtlingscamps wie Moria sei schon vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie „eine Katastrophe” gewesen. In dem ursprünglich für 3000 Menschen vorgesehenen Lager auf der Insel Lesbos hielten sich 20 000 Geflüchtete auf, darunter nach aktuellen Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR allein 8923 Minderjährige, von denen 1112 ohne ihre Eltern oder andere erwachsene Angehörige dort seien. Wenn die Pandemie sich in den Lagern ausbreite, würden sie, so Schmitt, „zur Todesfalle”. Er kritisierte, dass die Bundesregierung stolz die Aufnahme von 50 minderjährigen Geflüchteten verkündet habe: „Nur 50 Kinder aufzunehmen ist nichts, worauf es stolz zu sein gilt, sondern eine Schande!”

Schlechte Hygienebedingungen in den Lagern 

Zudem, heißt es in einer Pressemitteilung der Potsdamer Initiative, sei es „ein Verbrechen”, die Tausenden von Menschen in den beengten und hygienisch mangelhaften Lagern zu ignorieren und unter Quarantäne zu stellen. Die Losungen „Wash your hands” oder „Stay at home” seien für Menschen in Lagern wie Moria blanker Zynismus, da es dort an Warmwasser, Sanitäranlagen und Desinfektionsmitteln mangele. Die Seebrücke Potsdam fordere von der brandenburgischen Landesregierung „sofortige Hilfe für Geflüchtete in den Lagern Griechenlands und deren Aufnahme in Deutschlands". Schmitt verlas einen dramatischen Hilferuf von Bewohnern des Camps in Moria, der am Samstag auch in den PNN abgedruckt worden ist. Im Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) und die EU-Regierungschefs heißt es unter anderem, eine Verbreitung des Virus würde wahrscheinlich zu einem Massensterben führen. Der Appell schließt mit den Worten: „Wir brauchen Europa, um zu überleben.”

Die Polizei tauchte nicht auf

Die Protestaktion auf dem Alten Markt verlief ohne Komplikationen. Einige Passanten, die zufällig Augenzeugen wurden, begrüßten den Flashmob. Anders als am 21. März, einem Samstag, als Unterstützerinnen der Seebrücke vor dem Potsdamer Rathaus Banner ausrollten, um auf die Problematik in Griechenland aufmerksam zu machen, tauchten diesmal keine Polizisten auf. Ein am Rathaus wohnender Potsdamer hatte sich damals durch den leisen Protest offenbar gestört gefühlt und die Polizei alarmiert. Vier Beamte tauchten auf, forderten die fünf Frauen der Initiative, die alle auf Lesbos gewesen sind, auf zu gehen. Das taten sie nach einem kurzen, beiderseits höflich geführten Wortgefecht. Auch eine Online-Demo hatte die Initiative wegen der Coronakrise bereits organisiert. 

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