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In Psychiatrie erwürgt: Bergmann-Klinikum soll Schmerzensgeld zahlen

Prozessauftakt in Potsdam: Die Mutter soll am Tage vor ihrem Tod ihrem Sohn am Telefon geschildert haben, dass die Frau, die mit ihr das Zimmer teile, „völlig durchgedreht“ sei.

Potsdam - Nach dem mutmaßlichen Totschlag an einer Patientin in der städtischen Psychiatrie In der Aue soll das Klinikum „Ernst von Bergmann“ Schmerzensgeld und Schadensersatz zahlen. Das bestätigte der auf Krankenhausrecht spezialisierte Anwalt Jürgen Samland, der den Sohn der getöteten Frau vertritt, den PNN am Mittwoch auf Anfrage. „Es gibt entsprechende Gespräche mit dem Haftpflichtversicherer des Klinikums“, sagte Samland. Er hoffe auf ein positives Ergebnis. Andernfalls behalte man sich den Weg einer Klage vor, machte der Jurist deutlich.

Wie berichtet beginnt am heutigen Donnerstag am Landgericht ein Prozess zu dem Fall, der sich am 10. Juli 2017 ereignet hat. Damals soll die 1982 geborene Angeklagte laut Gerichtsankündigung ihre wesentlich ältere Zimmergenossin „im Zustand der verminderten Schuldfähigkeit“ erwürgt haben. Anwalt Samland sagte, sein Mandant und er würden dem Klinikum vorwerfen, dass es durchaus Anhaltspunkte dafür gab, dass die Ärzte die beiden Patientinnen nicht gemeinsam in einem Zimmer hätten übernachten lassen dürfen. Dies werde auch der Prozess zeigen, zeigte sich der Jurist sicher. Das Klinikum hatte auf PNN-Anfrage zuletzt keine weiteren Angaben zu etwaigen zivilrechtlichen Ansprüchen der Opferfamilie an das Klinikum gemacht und von einer „tragischen Situation“ gesprochen. Bis heute sei man mit der Bewältigung dieses „unfassbar schrecklichen und außergewöhnlichen Todesfalls“ befasst, hieß es. Auch die Sicherheitsvorkehrungen am Standort In der Aue seien noch einmal überprüft worden. Ein wesentliches Resümee der Auswertungen sei aber auch, „dass es unvermeidbare schicksalhafte und nicht vorhersehbare Vorkommnisse“ gebe.

Gedächtnisprotokoll: Hätte das Unglück verhindert werden können? 

In einem Gedächtnisprotokoll des Sohnes, das den PNN vorliegt, heißt es hingegen, dass die Mutter schon am Tage vor ihrem Tod in einem Anruf geschildert haben soll, dass die Frau, die jetzt neuerdings mit ihr das Zimmer teile, „völlig durchgedreht“ sei. Schon in der ersten Nacht habe die neue Patientin ins Beobachtungszimmer gebracht werden müssen, weil sie alle 15 Minuten aufgesprungen sei, schilderte die Mutter damals ihrem Sohn. Zudem habe die neue Zimmergenossin die Zahnbürste seiner Mutter benutzt. Am Tag nach diesem Anruf hatte der Sohn dann den Anruf aus der Psychiatrie erhalten, dass seine Mutter tot aufgefunden wurde.

Der Prozess wird von der Ersten Strafkammer des Landgerichts geführt. Anberaumt sind fünf Verhandlungstage, am 14. Mai soll ein Urteil gefällt werden. 

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