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Holz statt Beton: Bauen angesichts des Klimanotstands in Potsdam

Das Rathausbündnis treibt den Klimaschutz voran und will kommunale Bauten nachhaltiger errichten. Beispiel: der Waldstadt-Campus.

Angesichts des ausgerufenen Klimanotstands für Potsdam ergreift das rot-grün- rote Rathausbündnis nun konkrete Maßnahmen. Mit einem Beschluss will die Kooperation aus SPD, Grünen und Linken die Verwaltung dazu verpflichten, bis Juni 2020 Vorschläge zu erarbeiten, wie bei ihren Investitionen „in Gebäude, Fahrzeuge, Maschinen und Kraftwerke keine neuen Treibhausgasemissionen“ erzeugt werden. Der unter Federführung der Grünen erarbeitete Antrag steht auf der Tagesordnung der nächsten Stadtverordnetenversammlung am 6. November.

Die formulierten Ziele sind weitreichend: So soll beispielsweise bei kommunalen Neubauten gewährleistet werden, dass durch Heizung, Kühlung, Technik und Stromversorgung keine Treibhausgasemissionen mehr entstehen – etwa mit Wärmepumpen, die mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben werden. Für Letzteres sollen die Stromlieferverträge nur noch auf erneuerbare Energien setzen. Der Einbau von Öl- oder Erdgasheizungen soll laut Antrag ausgeschlossen werden.

Zum Bauen selbst sollen, wenn möglich, klimafreundliche Werkstoffe wie Holz statt Zement verwendet werden, heißt es in dem Antrag weiter. Und: Sollten einmal keine treibhausgasneutralen Lösungen möglich sein, müsse man zum Beispiel in die „Wiedervernässung von Mooren“ in Brandenburg investieren, welche als Treibhausgassenker wirken.

Ferner soll die Stadt auch nur noch E-Automobile für ihren Fuhrpark anschaffen dürfen. Das alles soll auch für die kommunalen Unternehmen gelten, etwa also für die Stadtwerke und ihren Verkehrsbetrieb, so das Bündnis weiter.

Eine Vorreiterrolle für Potsdam

Um die Erderwärmung zu begrenzen, müssten neue Investitionen bereits heute treibhausgasneutral sein, begründet die Rathauskooperation die Initiative. Und: „Die dafür nötigen technischen Lösungen stehen bereit.“ Mit dem Beschluss könne Potsdam in Deutschland eine Vorreiterrolle übernehmen, hieß es weiter. Gleichwohl nennt das Bündnis auch andere Kommunen als Beispiele: So wolle beispielsweise die Stadt Hamburg ab 2020 nur noch elektrische Busse kaufen. Auch die Stadt Marburg strebe an, ab 2030 keine Emissionen mehr auszustoßen – und investiere dafür schon heute.

Eine Mehrheit für den Vorstoß kann als sicher gelten. Denn auch die Fraktion Die Andere hat für die Stadtverordnetenversammlung bereits einen ähnlichen Antrag gestellt, wonach die Stadt bei kommunalen Neubauten nur noch auf nachhaltige Bauweise setzen soll – also möglichst auf den nachwachsenden Rohstoff Holz statt auf deutlich klimaschädlicheres Zement.

Campus in ökologischer Bauweise

Einen ersten konkreten Projektvorschlag stellten am Freitag die Linken vor: Den umstrittenen Schulcampus für die Waldstadt. Dort sollen bekanntlich eine Gesamtschule, eine Förderschule, eine Kita und wettkampftaugliche Sportanlagen gebaut werden, dafür muss aber ein Teil des Kiefernwaldes nahe dem Bahnhof Rehbrücke abgeholzt werden – wogegen Anwohner Sturm laufen, auch unter Verweis auf den Klimaschutz.

Die Stadtpolitik hatte sich daher auf einen Kompromiss verständigt, den Campus in ökologischer Bauweise samt einer „treibhausgasneutralen Energieversorgung“ zu errichten und ein angrenzendes Landschaftsschutzgebiet nur für die Sportplätze zu nutzen. Zu diesem Punkt präsentierte die Linke-Fraktion den Experten Eike Roswag-Klinge, Professor für Architektur an der Technischen Universität Berlin, der Potsdam bei dem Campusprojekt beraten will: So beschäftige man sich in Berlin schon einige Zeit mit der Frage, wie Schulen nachhaltig gebaut werden können. So hatte der Berliner Senat mit der Errichtung von Schulen in Holzmodulbauweise begonnen.

Langfristig preiswerter als konventionelle Bauten

Auf solche Erfahrungen verwies auch Roswag-Klinge: „Es ist heutzutage mit Holz schon mehr möglich als man denkt.“ Für eine lange Lebensdauer sei wichtig, das Holz vor aufsteigender Feuchtigkeit zu sichern, beispielsweise mit einer undurchlässigen Betondecke. Auf dieser Grundlage könnten klimaaktive Gebäude entstehen, die auch mit weniger Lüftungstechnik auskommen und damit vor allem langfristig preiswerter als konventionelle Bauten ausfallen würden, wie der Architekturexperte erklärte. Solche Ansätze wolle man nun mit der Stadtverwaltung beraten, sagte die Linken-Stadtverordnete Anja Günther, die den Kontakt zu dem Professor hergestellt hat: Ziel sei ein Schulcampus mit überregionalem Vorbildcharakter, der auch für den Stadtteil von Vorteil sein könnte. Als Beispiel wurde auf die Stadtteilschule in Drewitz verwiesen, die in dem Kiez auch als Begegnungsstätte für Anwohner genutzt wird.

Unterdessen hat auch der Umweltausschuss am Donnerstagabend die Kompromissvariante für den Waldstadt-Campus bestätigt, wie die Vize-Vorsitzende des Gremiums, Tina Lange (Linke), den PNN bestätigte. Damit ist der Weg frei für einen Grundsatzbeschluss in der nächsten Stadtverordnetenversammlung. Das Ziel ist es, dass mindestens die Gesamtschule im Sommer 2024 eröffnen kann – und keine provisorische Einrichtung in Unterrichtscontainern nötig ist, wie es an anderen Standorten aktuell praktiziert wird. Zudem muss die Stadt einen Teil der Fläche noch vom Land kaufen. Dieses lehnt bislang aus haushaltsrechtlichen Gründen eine preisgünstige Übertragung ab.

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