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Die erste Sternen-Show mit dem neuen System findet am 3. Juni statt. 

© ZB

Hightech-Gerät für Potsdamer Planetarium: Die Sterne funkeln wieder

Unter der Kuppel in der Gutenbergstraße steht ein neuer, hochmoderner Projektor, der die Sterne sogar flackern lässt - wie am echten Nachthimmel.

Potsdam - Einen solchen Nachthimmel bekommt man mitten in Potsdam nie zu sehen: Tausende von Sternen leuchten in der sich verdunkelnden Planetariumskuppel auf, gestochen scharf und ohne Lichtverschmutzung. Planetariumsleiter Simon Plate ist die Freude über den neuen Hightech-Projektor der Traditionsfirma Carl Zeiss Jena GmbH anzuhören, als er die Fähigkeiten des technischen Wunderwerks vorführt: „Wir können nun auch die Farbe der Sterne korrekt wiedergeben, wie man zum Beispiel am Arcturus gut sehen kann.“ Und: „Die Sterne funkeln nun!“, so Plate. Tatsächlich: Waren die Lichtpunkte früher statisch, ist nun ein leichtes Flackern wahrzunehmen, wie am echten Nachthimmel.

„Asterion Velvet“ heißt das 743.000 Euro teure Projektionssystem, das am gestrigen Montag in der Urania Potsdam eingeweiht wurde, die das Planetarium in der Gutenbergstraße betreibt. Rund 80 Personen nahmen an der Veranstaltung teil, darunter Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD), Potsdams Bildungsbeigeordnete Noosha Aubel (parteilos) und Grünen-Stadtverordnete Saskia Hüneke.

„Damit können zehntausend Sterne extrem brillant dargestellt werden“

Es handelt sich um ein Hybridsystem aus analogem und digitalem Projektor: Asterion ist das optomechanische System, das für die 360-Grad-Darstellung der Sterne zuständig ist. „Damit können zehntausend Sterne extrem brillant dargestellt werden“, sagte Martin Krauss von Carl Zeiss Jena GmbH. „Kein digitales System ist dazu in der Lage.“ In der blau leuchtenden Säule befinden sich 32 Objektive, in denen eine Vielzahl von Glasfasern stecken – eine für jeden Stern.

Auch der Mars wird mit dem neuen Projektionssystem in die Kuppel projiziert. 
Auch der Mars wird mit dem neuen Projektionssystem in die Kuppel projiziert. 

© ZB

Ergänzt wird das System durch Velvet, zwei große Beamer, mit denen alle digitalen Visualisierungen eingeblendet werden können – von Strichen zwischen Sternenbildern über Planeten bis zur Fahrt quer durchs Universum. „Wir verfügen über eine riesige Datenbank sämtlicher bekannten Objekte des Universums“, sagte Martin Krauss von Carl Zeiss Jena GmbH. „Jeder Winkel des Alls kann angeflogen und durch Bildverarbeitung sichtbar gemacht werden.“

Plate führt es vor: Einzelne Punkte am Nachthimmel schimmern auf und werden zu leuchtenden Nebeln herangezoomt, im nächsten Augenblick fliegt man rund um die Raumstation ISS und betrachtet die Erde aus 400 Kilometern Höhe. Dann ist wieder der Sternenhimmel zu sehen, doch er wird von leuchtenden Punkten durchschnitten, die wie an einer Perlenkette aufgereiht zu sein scheinen. „So sieht der Himmel leider für viele Astronomen derzeit aus“, sagt Plate. 

Die Sterne stehen gut für das Urania-Planetarium Potsdam.
Die Sterne stehen gut für das Urania-Planetarium Potsdam.

© Andreas Klaer

Die Punkte stellen das umstrittene Starlink-Projekt von SpaceX-Gründer Elon Musk dar, das die wissenschaftliche Beobachtung des Weltraums vielerorts beeinträchtigt. „Ich habe hier einen ‚Aus-Knopf‘ für Starlink auf unserem Nachthimmel – sie können ihn gerne auch mal benutzen“, sagt Plate in Richtung der anwesenden Astronom:innen, die an der Vorführung teilnehmen.

Schließung des Planetariums stand im Raum

Der neue Projektor war dringend nötig, nachdem der alte – ein mehr als 40 Jahre altes Zeiss-Gerät vom Typ ZKP 2 – immer wieder Ausfallerscheinungen hatte und die Reparatur zunehmend schwieriger wurde. „Wir haben im letzten Jahr einigen Besuchern das Geld zurückgegeben, weil der Projektor nicht mehr das liefern konnte, was er sollte“, sagte Dieter Rauchfuß, Vorstandsvorsitzender der Urania. 

Ersatzteile waren immer schwerer zu beschaffen: „Wir haben irgendwann sogar Fahrradlampen eingebaut“, sagte Plate. Um die Reparaturphasen zu überbrücken, boten die Urania-Mitarbeiter:innen nächtliche Programme an, bei denen Interessierte den Sternenhimmel durch Teleskope betrachten konnten.

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Kurzzeitig stand sogar die Schließung des Planetariums im Raum, doch nachdem die Urania „viele Bettelbriefe“ geschrieben hatte, wie Geschäftsführerin Karin Flegel sagt, kam Rettung vonseiten der Stadt: Die Stadtverordneten bewilligten 660.000 Euro für einen neuen Projektor, das brandenburgische Bildungsministerium schoss weitere 83.000 Euro dazu.

Geschäftsführerin Karin Flegel.
Geschäftsführerin Karin Flegel.

© Andreas Klaer

Flegel ist stolz, dass Potsdam den Zuschlag für Asterion Velvet bekommen hat, obwohl das Planetarium der Urania eher klein sei: „Da gab es durchaus einen Wettbewerb“, sagt sie. Tatsächlich handelt es sich um einen der modernsten Planetariumsprojektoren, die es weltweit gibt: Es ist das erste Exemplar dieser Art, das Carl Zeiss Jena hergestellt hat, womit das Potsdamer Planetarium technisch in der Oberliga mitspielt. 

Besucherzahlen steigen

Und das muss es auch, denn die Besucher:innenzahlen der Bildungseinrichtung steigen seit Jahren an, was zum Verschleiß des alten Projektors beigetragen hatte: Waren es 2011 noch jährlich 8000, besuchten 2018 16.000 Menschen das Planetarium. Während der Pandemie waren die Zahlen eingebrochen, für die Zukunft peilt die Urania 22.000 Besucher:innen pro Jahr an.

Diese Marke sollte das Planetarium problemlos knacken, denn mit dem neuen System sind eine Vielzahl neuer Programme möglich, die über die Darstellung des Sternenhimmels hinausgehen: So kann etwa der Klimawandel auf der Erdoberfläche visualisiert werden oder die Flugrouten von Störchen zwischen Brandenburg und Afrika. Am 3. Juni findet die offizielle Wiedereröffnung des Planetariums mit dem neuen Programm „Birth of Planet Earth“ statt, am vierten Juni folgt ein Eröffnungskonzert, bei dem die kosmischen Projektionen mit den klassischen Klängen des Stardust Sinfonie Ensemble verschmelzen werden.

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