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HEYES Woche: Hätten wir sie noch – die Bundesbahn

Gäbe es eine Auszeichnung für die schlechteste Dienstleistung in Deutschland, dann könnte ich sie mir als Blechzitrone vorstellen. Der heißeste Anwärter für die Blechzitrone wäre ohne Zweifel die Deutsche Bahn.

Gäbe es eine Auszeichnung für die schlechteste Dienstleistung in Deutschland, dann könnte ich sie mir als Blechzitrone vorstellen. Der heißeste Anwärter für die Blechzitrone wäre ohne Zweifel die Deutsche Bahn. Als sie noch Bundesbahn hieß, vielleicht war es bei der Deutschen Reichsbahn nicht anders, gab es immer mal Hinweise darauf, warum ein Zug Verspätung haben oder gar ganz ausfallen würde, in der Regel über krächzende Lautsprecher mit sonorer Stimme im Befehlston auf die Bahnhöfe geschmettert. Das, was da in einer Art Eisenbahnerkauderwelsch ins Ohr drang, war nur in einer Hinsicht klar: der Zug kommt nicht oder jedenfalls viel später. Warum, hatte den reisenden Untertanen nicht zu interessieren. Genaue Informationen weiterzugeben war nicht die Aufgabe des staatlichen Bahnpersonals.

Diese Haltung war es übrigens, die dazu beitrug, die Zahl derer zu vergrößern, die auf eine rasche Privatisierung der Bahn drängten. Daraus wurde, wie man weiß, nur eine Teilprivatisierung, und dem nunmehr halbstaatlichen Unternehmen bleibt der Börsengang nun auch erstmal erspart. Gut so – nebenbei wäre die Firma im Moment wohl auch schwer verkäuflich.

Dabei hätte die Deutsche Bahn ein gutes Beispiel dafür werden können, welch goldenen Zeiten der Bahnreisende entgegenrollt, wenn die Bahn endgültig in ein börsennotiertes Dax-Unternehmen verwandelt würde. Rudelweise freundlich gestimmtes und glückliches Bahnbegleitpersonal, das uns in den Zügen und auskunftsfreudig auf den Bahnhöfen auflauert und aus den Lautsprechern freundliche, sachliche und – ganz wichtig: verlässliche – Information über das Geschehen auf den modern ausgebauten Hochgeschwindigkeits-Schienensträngen.

Kleine Verspätungen wären seltene Reminiszenzen an eine lange zurückliegende Bundesbahnvergangenheit. Dass auch die Berliner S-Bahn eine vernachlässigte Tochter der Deutschen Bahn ist, wäre keinem aufgefallen, weil auch sie nichts anderes im Sinn hätte, als ihre eiligen Fahrgäste zuverlässig ans Ziel zu bringen. Natürlich mit gut gewarteten Waggons, die sogar über funktionierende Bremsen und sich öffnende Türen verfügen würden!

Die feierliche Übergabe der Blechzitrone kann mühelos in einer der stillgelegten S-Bahnwerkstätten an beide, Vater und Tochter, erfolgen.

Uwe-Karsten Heye schreibt an dieser Stelle regelmäßig für die PNN. Unser Autor war Redenschreiber bei Willy Brandt und Regierungssprecher von Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder. Heute lebt Heye mit seiner Familie in Babelsberg und arbeitet dort als Autor und Publizist.

Uwe-Karsten Heye

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