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Hausbesetzer-Demo in Potsdam: Demonstrantin will Schmerzensgeld

Nachdem das Amtsgericht Potsdam einen Polizeikessel und Videonahaufnahmen von Demonstranten für rechtswidrig erklärt hat, fordert eine Potsdamerin nun eine Entschädigung.

Demonstrieren zu gehen und dabei zu Unrecht von der Polizei erkennungsdienstlich behandelt zu werden – das ist kurz vor Silvester 2011 einer damals 22-jährigen Potsdamerin passiert. Sie fordert nun 200 Euro Schmerzensgeld von der Polizei. Die Frau war, wie auch 61 andere Teilnehmer, in der Potsdamer Dortustraße eingekesselt worden. Die Polizei filmte die Teilnehmer, die einzeln die Gruppe verlassen mussten, sowie deren Personalausweise ab. Diese Art der Informationsgewinnung, die für einige knapp 90 Minuten dauerte, war rechtswidrig. Das hat jetzt das Amtsgericht Potsdam in einem Beschluss festgestellt, der den PNN vorliegt. Die Polizei konnte am Montag noch nicht sagen, wie sie auf den Richterspruch reagiert, und kündigte eine Stellungnahme für Mittwoch an.

Die Demonstration war spontan zustandegekommen, nachdem die Polizei einen Tag zuvor das kurz vorher besetzte Haus in der Stiftstraße 5 geräumt hatte (PNN berichteten). Dabei wurden Mülltonnen umgekippt und angeblich Feuerwerkskörper gezündet. Diese allerdings sind auf dem Polizeivideo von der Demonstration nicht zu sehen.

Das Verhalten der Polizisten, viele Teilnehmer erkenungsdienstlich zu behandel, konnte der Richter offenbar nicht nachvollziehen. „Auf dem Videofilm (von der Demonstration – d.A.) sieht man lediglich einen – mehr oder weniger normalen – Demonstrationszug, ohne dass konkrete Straftaten zu sehen wären, geschweige denn die einzelnen ausführenden Personen“, heißt es im Beschluss. Weil keine Straftat erkennbar sei, könnten auch keine Täter mit den späteren Nahaufnahmen nachträglich identifiziert werden.

Nur wegen des Umwerfens von Mülltonnen alle – auch unbeteiligte – Personen einer erkennungsdienstlichen Behandlung zu unterziehen, ist „nicht mehr verhältnismäßig“, so der Richter. Mit der gleichen Begründung könnte man sonst einen Fanblock im Fußballstadion, aus dem Pyrotechnik geworfen wurde, absperren und sämtliche Personen erkennungsdienstlich behandeln dürfen, heißt es in dem Beschluss weiter.

Die junge Frau hat nun in einem zweiten Schritt über ihren Anwalt auch Schmerzensgeld gefordert. Die Begründung: Das rechtswidrige Verhalten der Polizei habe eine dauerhaft einschüchternde Wirkung hinterlassen, sodass sich die Frau künftig überlege, ihr Grundrecht auszuüben. Es ist nicht das einzige Argument. Ein Schmerzensgeld sei auch deshalb unumgänglich, weil die Polizei sich nicht etwa entschuldigt, sondern ihr Vorgehen vor Gericht vehement verteidigt habe. 

Ingmar Höfgen

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