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Hilfreicher Pieks. Eine Grippeimpfung kann sich noch bis März lohnen.

©  dapd

Landeshauptstadt: Grippe breitet sich in Potsdam aus – volle Arztpraxen in der Ferienzeit

Gesundheitsamt registriert schnellen Anstieg – erhöhter Krankenstand in den Kitas Das Robert-Koch-Institut rät auch jetzt noch zu Impfungen

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Die deutschlandweite Grippewelle schwappt nach Potsdam. Allein in der vergangenen Woche registrierte das Gesundheitsamt 25 neue Erkrankungen, wie die Stadtverwaltung am Dienstag auf PNN-Anfrage mitteilte. Das waren 13 Fälle mehr als vor einer und 21 Fälle mehr als vor zwei Wochen. Ein Großteil der Erkrankten waren Kinder. Drei Fälle werden derzeit am St. Josefs-Krankenhaus stationär behandelt, zwei weitere am Klinikum Ernst von Bergmann. Von einem ungewöhnlichen Anstieg könne man zwar noch nicht sprechen, sagte eine Sprecherin des Bergmann-Klinikums. Es lasse sich aber feststellen, dass die Grippe-Viren in der Stadt angekommen seien.

So sind auch in den Potsdamer Arztpraxen die Wartezimmer voll. In der Gemeinschaftspraxis Franz ist zum Beispiel schon die zweite Woche in Folge mehr los als sonst. „Wir haben deutlich mehr Grippefälle“, sagte eine Arzthelferin. Der Ansturm sei noch zu bewältigen, weil viele Familien wegen der Ferien verreist seien. In der Praxis der Allgemeinmedizinerin Beate-Susanne Sprenger sind die Wartezeiten ebenfalls länger als sonst. Allerdings hätten die meisten Patienten eine normale Erkältung, keine Grippefälle, betonte die Sprechstundenhilfe.

Die Kinderärztin Sabine Knuppe-Andree sagte, zwischen Januar und März sei für sie und ihre Kollegen stets viel zu tun. Eine ungewöhnliche Häufung stelle sie derzeit aber noch nicht fest. Auch bei der Kassenärztlichen Vereinigung sind laut Sprecher Ralf Herre bisher keine Hinweise eingegangen, dass etwa Patienten nicht behandelt werden konnten – sei es weil Ärzte überlastet oder im Urlaub waren und keine Vertretung benannt hatten. Für solche Fälle stehe laut Sprecher Herre ein Patiententelefon zur Verfügung (Tel.: (0331) 98 22 98 51, täglich von 9 bis 12 Uhr).

Die meisten Kindertagesstätten in der Stadt registrieren vermehrte Krankheitsfälle, von einer Epidemie will aber noch niemand sprechen. So sind etwa in den 13 Kitas der Arbeiterwohlfahrt (AWO) mehr Kinder als im Durchschnitt krank, für die Jahreszeit ist der Stand aber normal, wie Geschäftsführerin Angela Basekow sagte. Ein ähnliches Bild bietet sich in den Kitas des Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerks oder der Fröbel-Gruppe. In den vom Landessportbund betriebenen Kindertagesstätten sind knapp sieben Prozent der Kinder krank. „Das ist der normale Durchschnitt“, sagte Geschäftsführer Andy Papke. Das liege möglicherweise auch an den Desinfektionsspendern, die am Eingang jeder Kita angebracht seien. Dadurch werde verhindert, dass Erreger mit in die Einrichtungen gebracht werden.

In den nächsten Wochen dürfte sich die Situation allerdings verschärfen. Das Robert-Koch-Institut (RKI) erwartet in ganz Deutschland mehr Grippefälle. Laut aktuellem Wochenbericht des RKI stieg die Zahl der Neuansteckungen bundesweit auf mehr als 1700. „Das ist ein hoher Wert“, sagte eine Sprecherin des Instituts. Die Zahl der akuten Atemwegserkrankungen sei bundesweit deutlich erhöht. Dennoch handele es sich aber nicht um eine außergewöhnliche Grippewelle. In den Vorjahren verlief die Grippesaison recht moderat, stärkere Grippewellen gab es in Deutschland zuletzt 2008/2009.

Im Januar 2011 war die Quote bundesweit ähnlich hoch wie jetzt. Damals war jedoch eher der Süden Deutschlands betroffen, 2013 breitet sich die Krankheit hingegen vermehrt in Norddeutschland aus. Laut Arbeitsgemeinschaft Influenza wurden bislang bislang Influenza A-Viren (44 Prozent H1N1 und 39 Prozent H3N2) sowie Influenza B-Viren (17 Prozent) identifiziert. Die starke Grippewelle, die in den USA zum Jahreswechsel grassierte, wurde vornehmlich vom H3N2-Virus ausgelöst.

Das Brandenburger Gesundheitsministerium spricht von einem kontinuierlichen Anstieg der Influenza-Erkrankungen. Mittlerweile sind demnach 286 Grippefälle gemeldet, am stärksten betroffen sind die Landkreise Potsdam-Mittelmark und Spree-Neiße. Ein Großteil der Fälle betreffe Kinder, hieß es. Über die Zahl der tatsächlichen Grippefälle würden die gemeldeten Fälle aber natürlich nichts aussagen. Todesfälle gebe es bislang keine.

Auch in Berlin ist die Grippe seit Jahresbeginn auf dem Vormarsch. „In den letzten zwei Wochen ist die Lage förmlich eskaliert“, sagte der Kinderarzt Peter Hauber, der mit zwei Kollegen eine Praxis in Lichterfelde führt. „Wir haben zurzeit sehr, sehr viele Kinder mit typischen grippeähnlichen Symptomen.“ Er behandle weitaus mehr junge Patienten als im Vorjahr zu dieser Zeit, sagte der Mediziner weiter. „Der Andrang ist in etwa so groß wie während der Schweinegrippe im Jahr 2009.“ Einen großen Ansturm verzeichnen den Angaben zufolge auch die Erste-Hilfe-Stellen in Berliner Kinderkliniken.

Die Virus-Grippe macht sich im Gegensatz zu grippalen Infekten durch akut auftretendes hohes Fieber und trockenen Reizhusten bemerkbar. Bei Grippe fühle sich der Erkrankte ganz plötzlich schwer krank, so das RKI. Typische Symptome seien außerdem starke Kopf- und Gliederschmerzen.

Die Grippeimpfung in dieser Saison schützt vor den bislang festgestellten Erregertypen. Der Impfschutz stellt sich etwa zwei Wochen nach der Impfung ein. Da die Grippe meist bis in den März grassiere, wird eine Impfung gerade für Ältere, chronisch Kranke oder Schwangere auch jetzt noch empfohlen. „Grippewellen kursieren in der Regel acht bis zehn Wochen lang“, sagte Susanne Glasmacher vom Robert Koch Institut. Im Winter seien Grippeviren noch aggressiver als sonst: „Influenzaviren sind besonders stabil, wenn es kalt und trocken ist“, sagte Glasmacher. (mit HK und dpa)

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