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Landeshauptstadt: Glienicker Horn: Millionenrisiko für Stadt

Eigentümer droht bei Entzug des Baurechts am Welterbe mit Schadenersatzklage wegen Wertverlusts

Eigentümer droht bei Entzug des Baurechts am Welterbe mit Schadenersatzklage wegen Wertverlusts Berliner Vorstadt - Die Stadt Potsdam geht mit ihrem Vorhaben, das Baurecht am Glienicker Horn zu streichen, offenbar ein Risiko in Millionenhöhe ein. Sollten die Stadtverordneten den entsprechenden Beschluss treffen, werde man „sicher dagegen vorgehen“, sagte gestern Andreas Schorr, Bereichsleiter der Commerzbank-Tochter Corecd, der die drei unbebauten Grundstücke in der Villenanlage „Arkadia“ gehören. „Wir werden uns die Bebaubarkeit unserer Grundstücke nicht kampflos einschränken lassen.“ Das vierte, rund 1900 Quadratmeter große Grundstück, hatte Anfang Juli Bernd Lüthje, Vorstandschef der nordrheinwestfälischen Landesbank, von der Corecd gekauft und jüngst einen Bauantrag gestellt. In einem Brief an Oberbürgermeister Jann Jakobs, der den PNN vorliegt, kündigt Schorr im Namen der Corecd-Tochter „Immobilienverwaltungsgesellschaft Kampffmeyer Villa mbH“ Schadenersatzansprüche an die Stadt Potsdam an. Der Grund: Der Entzug des Baurechts führe zu einem „erheblichen Wertverlust sämtlicher Grundstücke, insbesondere der derzeit noch unbebauten“. Nach PNN-Informationen kostet der Quadratmeter Bauland am Glienicker Horn rund 600 Euro – gibt es kein Baurecht mehr, ist der Grund und Boden weit weniger wert. Diesen Schaden könnte die Corecd gegenüber der Stadt geltend machen wollen. Schorr argumentiert in dem Schreiben zudem, die Stadt greife „substanziell in die Eigentumsrechte“ ein. Auch sei das Bauverbot durch eine „angebliche Verbesserung der Verträglichkeit der städtebaulichen Situation“ nicht gerechtfertigt und unverhältnismäßig. Genau um die städtebauliche Situation geht es der Stadt aber: Das Glienicker Horn ist ein äußerst sensibler Punkt in der Potsdamer Kulturlandschaft, es liegt vis á vis des Weltkulturerbes. Bereits 1996 droht die Unesco damit, Potsdam auf die rote Liste des gefährdeten Welterbes zu setzen, weil sie die Bebauung des Glienicker Horns durch die Bauträger Groth & Graalfs und die Bayrische Hausbau für überdimensioniert hielt. Damals gab es eine Einigung mit der Unesco – die Baurechte auf dem Gelände „Arkadia“ aber blieben bis heute erhalten. Dass nun wieder am Glienicker Horn gebaut werden soll, versetzte die Unesco nach PNN-Informationen in Alarmbereitschaft. Bereits Mitte Juli verlangte sie von der Stadt Auskunft über das Vorhaben; im Anschluss soll sie gewarnt haben, die weitere Bebauung sei mit Potsdams Status als Weltkulturerbe nicht vereinbar. Daher versucht die Verwaltung nun, die Notbremse zu ziehen: Veränderungssperre und Entzug des Baurechts für die vier Grundstücke. Die entsprechenden Vorlagen standen auf der Tagesordnung der gestrigen Stadtverordnetenversammlung, eine Entscheidung war bis Redaktionsschluss allerdings nicht getroffen. Die Mehrheit für das Bauverbot scheint jedoch sicher: Für die Fraktionsvorsitzenden der einzelnen Parteien steht die Sicherung des Unesco-Weltkulturerbes im Vordergrund. Sie wollten sowohl die Veränderungssperre als auch den Aufstellungsbeschluss für eine Änderung des Bebauungsplans – der erste Schritt für den Entzug des Baurechts – beschließen, sagten sie gestern den PNN. Rolf Kutzmutz (PDS) machte deutlich, dass die Verwaltung in der Vergangenheit versäumt habe, die betreffenden Baufelder aus dem Bebauungsplan nehmen zu lassen. Das müsse sie nun ausbaden und sich mit den Klägern auseinandersetzen. Die Eigentümer der Grundstücke, die Commerzbank-Tochter Corecd und Bernd Lüthje, kritisierten das Vorgehen der Stadt gestern scharf. „Wir wollen keinen Streit, wir haben ihn nicht angefangen“, so Andreas Schorr von Corecd. Die Stadt habe jedoch „die Aktion einfach losgetreten, ohne mit den Eigentümern zu reden“ und sie vor vollendete Tatsachen gestellt. „So etwas ist nicht konsensfähig.“ Corecd aber wolle den Konsens – und Lüthje offensichtlich auch: Wie er gestern erklärte, hätte er auf seinem Grundstück per Bauanzeige sofort mit dem Bau eines Hauses in den einst geplanten Ausmaßen beginnen können. Doch sei ihm die sensible Lage des Standortes bewusst. Daher habe er kleiner und in Abstimmung mit den Gremien seinen Altersruhesitz errichten wollen. Die Entscheidung werde nun politisch getroffen. Gegen wen er finanzielle Ansprüche geltend machen will, sagte Lüthje nicht. Der Verkäufer, die Commerzbank-Tochter Corecd, sei jedoch nicht dafür verantwortlich, dass er auf seinem Grundstück wohl nicht mehr bauen könne.

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