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Frisch vom Markt: Früher war mehr Schärfe

Steffi Pyanoe verrät jede Woche, was auf Potsdams Märkten in den Korb gehört. Heute: Radieschen.

Ach was, die muss man nicht waschen, da passiert nichts.“ Thomas Behrendt langt über den Tisch, zupft ein Radieschen aus einem Büschel und beißt rein. „Früher war mehr Schärfe“, sagt Bauer Behrendt dann, der in Glindow einen Hof hat. Dort baut er Gemüse an. Auch die Radieschen. Nach dem langen Winter wachsen sie zwar draußen, aber noch unter Folie. Erst ab Mitte Mai wird es die ersten echten Freiländer geben.

Das Radieschen, ein Kreuzblütler, der sich im 16. Jahrhundert in Europa ausbreitete, ist ein praktischer Lückenfüller im Beet und ein Frühstarter. Es wächst geschützt unter der Erde, ein Radies eben, von Radix, lateinisch die Wurzel. Auch Speicherknolle wird es genannt, auf wenig Kalorien finden sich Vitamine, Eisen, Calcium und Kalium. Außerdem jenes Senföl, das die Schärfe bringt und das gegen Bakterien und Pilze helfen soll.

Die Sorten, die es heute gibt, die findet Behrendt zu lasch. Weggezüchtet die schöne Schärfe, kann man nichts machen, der Samen kommt eben so aus der Tüte. Warum? „Keine Ahnung“, sagt der Bauer. „Jedenfalls ist es schade, denn die Leute fragen danach.“ Eine Alternative wäre der italienische Rote Rettich, der gleich neben dem einheimischen Gemüse liegt. Sieht aus wie eine langgezogene Radieschen-Stange, die Farbe geht ins Violett. Behrendt lässt eine Scheibe kosten – ein wenig bissiger ist es tatsächlich. „So kenn ick se von früher,“ sagt er mit Kennerblick hinüber zu den Radieschen.

Seine hat er erst gestern aus der Erde gezogen, dann gewaschen und gebündelt. Appetitlich sieht es aus, es leuchtet herrlich rot, Achtung, nimm mich mit, ich bin auch ganz pflegeleicht. Es muss nicht geschält werden, es matscht nicht, klebt nicht, krümelt nicht. Es passt in jede Brotbüchse. Man kann Blätter, Stiel und das dünne Wurzelchen ganz kinderleicht abzupfen. Es braucht nichts dazu, höchstens ein Krümchen Salz, aber der Radies schmeckt auch ganz für sich allein. Man kann es scheibchenweise in einen Salat schnippeln. Man könne sogar die Blätter wie Salat oder Spinat zubereiten, heißt es. Blattlos und gekühlt bleiben dann auch die kleinen Knöllchen schön lange knackig.

Am Markt auf dem Bassinplatz, täglich außer Sonntag.

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Hintergrund: Gezeichnet wurde das Glindower Radieschen von der Potsdamer Künstlerin Heike Isenmann

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