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Das Original: Edwin P. (16, ganz rechts) von der Voltaire-Schule und zwei weitere Schüler wurden für Fake News missbraucht.

© MAZ/Jan Russezki

„Fridays for Future“: Potsdamer Schüler für rechte Fake News missbraucht

Plötzlich hatten sie Schilder in der Hand, die sie nie getragen haben: Die PNN haben mit einem Potsdamer Schüler gesprochen, der nach einer „Fridays for Future“-Demo von Internet-Hetzern bloßgestellt wurde.

Potsdam - Drei Potsdamer Schüler sind zum Opfer von Internethetzern geworden, die Stimmung gegen die Klimaschutz-Schülerstreiks der „Fridays for Future“-Bewegung machen wollen. Denn von den drei Jugendlichen wird ein gefälschtes Foto tausendfach in sozialen Netzwerken verbreitet, das ihnen eine Rechtschreibschwäche unterstellt. Die PNN haben einen der betroffenen Schüler aufgespürt: Der 16 Jahre alte Edwin P., sein voller Name ist den PNN bekannt, will nun gegen den Missbrauch seines Bildes vorgehen. „Meine Eltern bereiten eine Anzeige vor.“

Die gefälschten Schilder.
Die gefälschten Schilder.

© PNN

Schon im Winter war der Schüler der Voltaire-Gesamtschule auf einer der damals startenden „Fridays for Future“-Demos in der Innenstadt. In der Nähe des Landtags ließ er sich nach eigenen Angaben zusammen mit zwei flüchtig bekannten anderen Jugendlichen von einem Zeitungsreporter ablichten. Das Bild wurde im Januar auch prominent auf der Internetseite der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ veröffentlicht. Darauf zu sehen sind auch gut die Pappschilder, die die Jugendlichen tragen: Auf dem Schild von P. steht „! ITs OUR FUTURE“, auf dem seiner Mitstreiter „Schulstreik für das KLIMA“. 

Im Internet hatten die Schüler plötzlich andere Schilder in der Hand

Doch dann tauchte spätestens am vergangenen Sonntag ein offensichtlich mit einem Foto-Editor verfälschtes Bild der Szene in sozialen Netzwerken wie Facebook auf – mit anderen Pappschildern, die die Schüler nie getragen haben. Auf dem vermeintlichen Schild von P. steht nun, inklusive Rechtschreibfehlern: „Schafft die Autos ab, geht doch zu Fuss“. Und auf dem anderen Fake-Schild: „Strom und Benzin sind nicht teuer genug Rettet die Eisbeeren“. Das so verfälschte Bild wurde mit einer Beschimpfung in der Unterzeile versehen: „Diese ‚Kinder' kann man nicht mehr retten... Endgültig verblödet“. Hundertfach ist das Motiv inzwischen geteilt worden, unter anderem von dem AfD-Kreisverband Stade in Niedersachsen – der es aber inzwischen wieder von seiner Facebook-Seite gelöscht hat. Über den Fall berichtete zuerst das Internetportal „Volksverpetzer“ unter der Überschrift: „So versuchen Rechte, #FridaysForFuture zu diskreditieren“. 

P., der selbst nicht in den sozialen Netzwerken aktiv ist, erfuhr von der Fälschung am Dienstag. Ihn ärgert das sehr, wie er den PNN am Mittwoch sagte: „Meine Meinung wird so ganz anders dargestellt, als sie eigentlich ist.“ Die in das Bild hineinmontierten Rechtschreibfehler würden ihn und die anderen Jugendlichen erscheinen lassen, „als wären wir dumm“. Allerdings zeige das gesamte Vorgehen auch, dass Gegnern des Klimastreiks der Schüler die Sachargumente ausgingen, wie er es empfindet. „Das schweißt uns nur noch mehr zusammen.“ Er werde sich davon jedenfalls nicht einschüchtern lassen: „Das ist doch eher ein Ansporn.“ Zu den Demos gehe er, weil es wichtig sei, für den Klimaschutz einzutreten – „wenn es schon die Erwachsenen nicht tun“. Wenn man dafür einige Unterrichtsstunden verpasse, sei das nicht schlimm: „Man kann das alles nacharbeiten.“ Doch nur mit dem Streik könne man sichergehen, „dass die Politiker uns auch zuhören“. 

Die Fälschung hat vermutlich ein Frührentner erstellt

Zum Urheber gibt die Fälschung einen klein geschriebenen Hinweis: „,In Satira’ by Uwe Ostertag“. Über den Frührentner aus Unterfranken hat auch schon die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet. Er verbreitet im Internet seit Jahren massenhaft Bilder mit gefälschten Zitaten – vor allem von linken Politikern – und nennt das Satire. Deswegen wurde er laut Medienberichten auch schon wegen Volksverhetzung verurteilt. Eine PNN-Anfrage zu dem gefälschten Potsdamer Bild blieb am Mittwoch unbeantwortet, auch telefonisch war Ostertag nicht zu erreichen. 

Allerdings könnte ihm nun Ärger drohen. Der Berliner Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht Jörg Thomas sagte den PNN, die betroffenen Jugendlichen könnten sich aus seiner Sicht gegen die Verbreitung der gefälschten Bilder juristisch zur Wehr setzen und möglicherweise auch eine Entschädigung verlangen. Schließlich gebe es den sogenannten Wahrheitsschutz – eine Satire sei nicht erkennbar. „Man hat den Eindruck, die Jugendlichen hätten diese Plakate tatsächlich so geschrieben.“ Zudem würden die Jugendlichen als verblödet dargestellt, „ohne jeden Anlass“. Auch der Fotograf der Aufnahme habe einen Anspruch auf Unterlassung, so Thomas. Die „Märkische Allgemeine Zeitung“ kündigte auf ihrer Internetseite an, man behalte sich rechtliche Schritte gegen die Urheber und Verbreiter des gefälschten Fotos vor. 

Seit mehreren Wochen gehen junge Menschen weltweit freitags auf die Straße, anstatt die Schule zu besuchen – am vergangenen Freitag hatten sich weltweit Hunderttausende an solchen Aktionen beteiligt. Sie fordern von ihrer jeweiligen Regierung eine bessere Klimapolitik. Vorbild für die Streikenden ist die 16-jährige schwedische Schülerin Greta Thunberg.

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