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Etwas HELLA: Bitte mit Sahne aber ohne Mord

Hurra, wir wurden entdeckt. Wir sind keine Insel der Seligen mehr oder ein Geheimtipp für Leute, die eine nette Wohngegend suchen, wir werden jetzt international aufgewertet.

Hurra, wir wurden entdeckt. Wir sind keine Insel der Seligen mehr oder ein Geheimtipp für Leute, die eine nette Wohngegend suchen, wir werden jetzt international aufgewertet. Und wer beschert uns dieses vorweihnachtliche Geschenk – die ÖBB. Nein, das ist keine neue Partei, die alles Mögliche verspricht und dann doch nichts hält. ÖBB ist die Abkürzung für die Österreichischen Bundesbahnen und die machen ein geradezu erstaunliches Angebot. Während die Deutsche Bahn so ziemlich alle Halte von ICEs in Potsdam gekappt und Nachtzüge als unwirtschaftlich abgeschafft hat, bieten die Österreicher ab 10. Dezember einen Nachtzug nach Zürich an, der auch in Potsdam hält. Man kann um 21.41 Uhr am Potsdamer Hauptbahnhof einsteigen und ist 9.05 Uhr in Zürich. Wer Schlafwagen gebucht hat, kommt dort ausgeruht an und kann sich vorher vielleicht sogar noch ein Frühstück ans Bett bringen lassen. Ich hoffe nur, dass es recht viele Brandenburger gibt, die Verwandte und Bekannte in der Schweiz haben, die dort einen Vor-, Haupt- oder Nachweihnachtsbesuch machen und die das ÖBB-Angebot ausgiebig nutzen, damit es sich rentiert. Sonst lernen die Nachbarn womöglich von der DB und kappen das schöne Angebot schneller als wir uns daran gewöhnen konnten.

Doch wenn es vielfach angenommen wird, bekommt es bestimmt Nachahmer und wir erreichen dann auch noch schlafend Wien und Paris oder sogar Barcelona, um dort die Vorteile eines Zentralregimes zu studieren. Schließlich haben wir immer noch die Kleinstaaterei und das nicht nur im Schulwesen.

Zur Ehrenrettung der Deutschen Bahn muss man wohl erwähnen, dass sie zumindest dem Namen nach Potsdam eine neue ICE-Verbindung beschert hat. Was bisher als Intercity von Berlin über Potsdam nach Köln unterwegs ist, heißt ab 10. Dezember ICE. Auch beim RE 1, der zwischen Magdeburg und Frankfurt (Oder) verkehrt und der gerade ausgeschrieben wurde, um einen neuen Betreiber zu suchen, sehe ich ungeahnte Möglichkeiten. Soweit ich weiß, ist nachts auf dieser Strecke wenig los und so könnten die Polen doch einen Nachtzug zwischen Magdeburg – natürlich mit Halt in Potsdam – und Warschau oder Krakau losschicken. Vielleicht wäre auch ein Nachmittagsausflug angesagt mit gemütlichem Kaffeetrinken. Dann hätte ich natürlich gern frischgebackenen Obstkuchen, bitte mit Sahne. Oder wie wär's mit einem Ost- oder Halborient-Express? Auf einen Mord würde ich ausnahmsweise verzichten. Agatha Christie ist tot und der Tatort auch nicht mehr das, was er mal war. Wenn die dann noch den dicken Krause samt Schäferhund ermitteln lassen... Mir war schon immer übel, wenn ich ihm als Motorradfahrer zugucken musste.

Aus meinen Träumereien aufgewacht, wurde mir klar, dass ich meine Wünsche weder im nächsten Bürgerhaushalt anmelden kann, weil die Stadt für zugige Luftnummern nun mal nicht zuständig ist, noch anderswo in Kürze auf offene Ohren treffe. Und so bin ich schon glücklich, wenn die S-Bahn pünktlich fährt und der RE nur die üblichen Verspätungen oder angekündigten Ausfälle hat.

Unsere Autorin ist langjährige Redakteurin und jetzt freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Potsdam.

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