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Etwas HELLA: Besser durch den Bahnhof rollen

Einmal dachte ich schon, jetzt ufert der Kundendienst aus, weil tatsächlich Einkaufswagen vor der Tür am Busbahnhof standen. Doch das war wohl nur dem Umbau bei Kaufland geschuldet.

Wie gut, dass Potsdam sich vor Jahr und Tag nur einen neuen Hauptbahnhof geleistet hat und keinen Flughafen. Alles ging schnell, man benötigte dafür nicht mal einen Architekturwettbewerb, die Türen gehen auf und zu – meistens jedenfalls. Die Rolltreppen funktionieren, wenn sie nicht gerade repariert werden müssen und die Entrauchungsanlage bei Feuer sicher auch. Sie wurde Gott sei Dank noch nie gebraucht. Inzwischen sind auch alle Geschäfte vergeben, ältere Ansiedlungen sind modernisiert oder werden es gerade. Bei Kaufland gibt es inzwischen einen Kassenbereich, wo man sogar in Selbstbedienung bezahlen kann. Was man nicht kann, ist mit dem vollen Einkaufswagen bis zu den öffentlichen Verkehrsmitteln rollen oder zum draußen abgestellten Fahrrad. Fahrradfreundlich war der Bahnhof ja noch nie, aber inzwischen scheint es eine regelrechte Abneigung gegen Fußgänger und Radler zu geben. Ich vermute, weil sie den wunderschönen, hellen, furchtbar unpraktischen neuen Fußbodenbelag verschmutzen und kaputt machen könnten. Denn es kann doch nur an den zu spitzen Absätzen der Damen liegen oder an den Spikes in den Fahrradreifen, dass der neue Belag schon Löcher hat, die von Samaritern inzwischen mit Pflastern bepflastert wurden. Der alte Fußboden musste natürlich ersetzt werden, weil er einfach zu robust und schmutzabweisend war.

Wer kein Auto zum Einkauf mitbringt, gibt erwiesenermaßen auch weniger Geld aus als die Ich-mache-den-ganzen-Kofferraum-voll-Käufer und holt sich womöglich beim Bäcker bloß halbe Brote und einzelne Brötchen, beim Fleischer 100 Gramm Wurst oder ein Miniblumentöpfchen. Trotzdem bin ich bei solchen Einkaufstouren quer durch die Passagen meist bepackt wie ein Esel und hätte gern ein Transportgefährt an meiner Seite. Ich sehe ja ein, dass Fahrräder nichts in den Passagen zu suchen haben, jedenfalls keine, die nicht permanent hin- und hergeschoben werden. Aber einen Wagen bis zur Tür, wo dann Fahrrad oder Straßenbahn auf mich warten, wäre geradezu ein Gipfel an Kundendienst. Dann müsste ich nicht mit immer länger werdenden Armen meine Einkäufe durch die Passagen schleppen, die in etwa so lang wie die Brandenburger Straße sind. Und dort darf ich mein Fahrrad an jedem Geschäft parken. Dass man Fußgänger als Käufer nicht unnötig verwöhnen sollte, machte mir der Mann am Informationsstand klar. „Für Einkaufswagen sind wir nicht zuständig“, erklärte er mir. Die gehören zu den einzelnen Geschäften. Und nein, er werde meine Anregung nicht weiterleiten. Meine schweren Taschen tragen wollte er allerdings auch nicht.

Einmal dachte ich schon, jetzt ufert der Kundendienst aus, weil tatsächlich Einkaufswagen vor der Tür am Busbahnhof standen. Doch das war wohl nur dem Umbau bei Kaufland geschuldet. Sie sind wieder verschwunden. Den netten Herrn am Infostand habe ich nicht danach gefragt. Der hätte mich wahrscheinlich wegen Penetranz vom Sicherheitsdienst abführen lassen. Zuständig für die Wagen war er ohnehin nicht.

Unsere Autorin ist langjährige Redakteurin und jetzt freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Potsdam

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