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Landeshauptstadt: Erziehung, gerecht geteilt

Für ihre Arbeit über die wechselseitige Kinderbetreuung bei getrennt lebenden Eltern erhielt Danielle Gebur den FH-Preis. Inzwischen betreibt sie eine Beratungsstelle für Familien in Potsdam

Von Sarah Kugler

Babelsberg - An den Wänden hängen bunte Bilder mit harmonischen Farbübergängen, eine gemütliche Sesselecke lädt zum Sitzen ein, durch die Fenster scheint die Sonne. Das Büro von Danielle Gebur strahlt vor allem eins aus: Vertrauen. Und das sollte es auch, schließlich möchte sie in ihrer noch relativ frisch gegründeten „Familienhilfe Potsdam“ mit Menschen ins Gespräch kommen, sie verstehen und ihnen helfen, Lösungen für vorhandene Probleme zu finden.

Im November 2014 hat sich die 35-jährige Potsdamerin selbstständig gemacht und eine Beratungsstelle für Familien eröffnet. „Ich selber benutze das Wort Beratungsstelle nicht so gerne“, sagt Gebur. „Aber noch ist mir auch kein passenderer Begriff eingefallen.“

Gebur will helfen – ohne erhobenen Zeigefinger. Schließlich könne sie nicht die Weise spielen und den Menschen, die zu ihr kommen, erklären, wie sie ihr Leben gestalten sollen. „Der Kunde ist der Experte seines eigenen Lebens, demnach kann ich nicht wissen, was das Beste für ihn oder sie ist“, erklärt die studierte Sozialarbeiterin. „Ich möchte Menschen begleiten und in Gesprächen den richtigen Weg für sie finden.“ Dabei spreche sie niemals Probleme, sondern immer nur Lösungen an. Alles andere sei nicht effektiv. „Die meisten Menschen tragen die Lösungen zu ihren Problem schon längst in sich. Sie können sie nur im Moment nicht sehen“, sagt Gebur. „Durch die Gespräche versuche ich sie anzuregen, ihre eigenen Lösungen zu finden.“ Um das zu erreichen, bricht sie mit dem klassischen Muster einer Beratungsstelle, bei der die Menschen zu ihr kommen müssen und passt sich deren Wünschen an. So können ihre Kunden auch via E-Mail oder Telefon mit ihr kommunizieren und auf Wunsch trifft sie sich mit ihnen auch in einem Café oder im Park. „Ich möchte ihnen damit die Hemmschwelle nehmen, die sie vielleicht haben“, begründet sie ihr Vorgehen. „Deshalb gehe ich auf die Menschen zu. Aber wer möchte, kann natürlich auch jederzeit hier ins Büro kommen.“ Besprochen werden alle Probleme, welche die Familie betreffen.

Ein besonderes Anliegen ist Gebur die Frage, wie Eltern nach einer Scheidung den Umgang mit den gemeinsamen Kindern möglichst gerecht aufteilen können. Zu diesem Problem hat sie auch ihre Studienabschlussarbeit an der Fachhochschule (FH) Potsdam geschrieben und dafür 2014 den FH-Preis für herausragende Bachelorarbeiten erhalten. Für die Arbeit mit dem etwas sperrigen Titel „Erziehung im Wechselmodell – gegenseitige Einflussnahme der Eltern auf die Erziehung der Kinder als Kriterium gelingender Erziehungspartnerschaft“ führte sie Interviews mit zehn Vätern und Müttern, die sich nach der Trennung dazu entschieden hatten, ihre Kinder wechselseitig zu betreuen. „Das bedeutet einfach, dass beide Eltern die Kinder zu gleichen Teilen bei sich haben“, so Gebur. „Die häufigste Form ist dabei der Wechsel im Wochenrhythmus.“

Die Idee, gerade dieses Thema auszuwählen, kam Gebur durch Beobachtungen im eigenen Bekanntenkreis. Gerade Väter würden nach einer Trennung in Bezug auf die Kinder benachteiligt und hätten trotz großer Bemühungen kaum Anteil am Leben ihrer Kinder. Außerdem gebe es immer noch viele Vorurteile gegenüber dem Wechselmodell, die sie entkräften wollte. „Viele sagen, dass der Wechsel für die Kinder zu viel Instabilität bringt“, so Gebur, die vor ihrem Studium schon eine Ausbildung zur Erzieherin absolvierte. „Aber das ist Quatsch.“

Die Aussagen der Eltern in den Interviews, die Gebur geführt hat, stützen diese These: „Die Eltern waren alle sehr zufrieden mit dieser Art des Umgangs, da sie so zu gleichen Teilen am Leben ihrer Kinder teilhaben können“, sagt sie. „Und auch die Verantwortung ruht ja somit auf mehr Schultern.“ Vor allem den Vätern sei es sehr wichtig gewesen, gleichwertig mit den Müttern zu agieren. „Ich habe oft gehört, dass sie keine Wochenend-Papas sein wollen“, erzählt Gebur. Zudem wollten die Väter klarstellen, dass sie ja auch nach einer Trennung trotzdem Eltern bleiben.

Einfach waren die Interviews allerdings nicht immer, weil die meisten Ex-Paare noch immer in Streitigkeiten verwickelt waren. Wie Gebur erzählt, wurde es oft sehr emotional und sie musste sich sehr bemühen, in ihrer Haltung professionell zu bleiben. „Nun bin ich ja selber Mutter und habe auch eine Trennung hinter mir“, erzählt sie. „Natürlich überkommen einen da auch Emotionen, aber man darf sich nicht auf eine Seite ziehen lassen.“ Das scheint ihr letztendlich gelungen zu sein, denn die Arbeit wurde nicht nur mit Bestnote und dem FH-Preis gekrönt, sondern sogar als Buch im Tectum-Verlag unter dem Titel „Erziehung im Wechselmodell – Trennungskinder und gelungene Erziehungspartnerschaft“ veröffentlicht.

Der Weg zur eigenen Beratungsstelle war dann nicht mehr weit. „Ich bin gerne mein eigener Chef“, sagt Gebur lachend. „Und soziale Arbeit ist meine Leidenschaft. Ich tue also genau das, was ich liebe.“

Familienhilfe Potsdam in der Behringstraße 92. Weitere Informationen unter: www.familienhilfe-potsdam.de

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