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Der Flatowturm ist eines von zahlreichen Bauwerken, die im ersten Band der Topographie besprochen werden. 

© Ottmar Winter PNN

Erste Topographie für Potsdam: 2700 Denkmale, vier Bände, zehn Jahre

Erstmals wird in Potsdam eine systematische Topographie des Garten- und Architekturerbes erstellt. Das Großprojekt soll 2032 abgeschlossen sein, begonnen wird mit Babelsberg. 

Potsdam - Es soll nicht weniger werden als ein neues Standardwerk: Zum ersten Mal wird eine umfassende Topographie aller Potsdamer Denkmale erstellt. Ein Werk in vier Bänden, in dem die Bauwerke und Gartendenkmale beschrieben und bebildert werden, ihre Geschichte und der aktuelle Forschungsstand formuliert wird. „Wir können nur schützen, was wir kennen“, so hat Brandenburgs Landeskonservator Thomas Drachenberg einen Leitspruch für das Projekt formuliert. Der zweite: „Wir wollen erzählen, was wir wissen.“ 

Rund zehn Jahre soll die Erstellung der Denkmaltopographie für das ganze Stadtgebiet dauern, 2032 sollen die vier Bände fertig sein. Am gestrigen Dienstag starteten die Stadt Potsdam, die Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten und das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege offiziell das gemeinsame Projekt. 

Mehr als 200 Bände bundesweit

Potsdam steht damit nicht alleine, im Gegenteil: Bereits Anfang der 1980er-Jahre erschienen nach einem Beschluss der Kultusministerkonferenz die ersten Bände der Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Inzwischen haben die Landesdenkmalämter zusammengerechnet mehr als 200 der dicken Bücher mit schwarzem Einband herausgebracht. Sie folgen klar definierten wissenschaftlichen Kriterien und dem stets gleichen Aufbau mit einer historischen Einleitung und einzelnen Beschreibungen der Denkmale. Der erste Brandenburger Band erschien 1994, seither sind 13 weitere veröffentlicht worden

Potsdams Baudezernent Bernd Rubelt (l.) und Landeskonservator Thomas Drachenberg.
Potsdams Baudezernent Bernd Rubelt (l.) und Landeskonservator Thomas Drachenberg.

© Ottmar Winter PNN

Doch bislang fehlt, ausgerechnet, die Landeshauptstadt. „Das geht gar nicht“, sagte Drachenberg am Dienstag vor der Presse. „Potsdam ist so groß, so wertvoll und hat so viel wundervolle Architektur.“ Zwar sei der Forschungsstand über die Stadt gut, es gebe kaum weiße Flecken. Aber eine wissenschaftliche Gesamtschau fehle bislang. Der Hauptwert der Topographie bestehe in der kompakten Bündelung der Erkenntnisse, sagte Potsdams Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos). „Ich erhoffe mir aber auch neue Erkenntnisse“, so Rubelt. 

"Begehbares Landschaftsgemälde"

Potsdam, so drückte es Katrin Schröder aus, Kustodin im Bereich Gärten der Schlösserstiftung, sei ein „großes, begehbares Landschaftsgemälde“. Ein Gesamtkunstwerk, das über drei Jahrhunderte gewachsen sei. Das besondere an der Topographie sei es, dass das Werk – anders als viele Gartenführer – auch einen Blick über die Parkgrenze hinaus werfe. „Oftmals ist am Rand des Gartens Schluss“, beschreibt Schröder. Das sei schade. „Nun können wir diesen im städtebaulichen und landschaftlichen Zusammenhang begreifen.“

Den Vorteil der Topographie sieht Katrin Schröder von der Schlösserstiftung in der Gesamtbetrachtung. 
Den Vorteil der Topographie sieht Katrin Schröder von der Schlösserstiftung in der Gesamtbetrachtung. 

© Ottmar Winter PNN

In dem neuen Werk könne man beispielsweise der Frage nachgehen, warum das Villenviertel Neubabelsberg ausgerechnet an seinem jetzigen Standort entstanden sei, so Schröder. Lag der Grund in der Nähe zum Park, zur Stadt? Gibt es Zusammenhänge mit der Stern-Warte? Und welche Bedeutung hatte die Protokollstrecke für den kaiserlichen Weg vom Bahnhof zum Park Babelsberg? 

Die Idee eines systematischen Überblicks über die rund 2700 auf der Landesliste eingetragenen Bau- und Gartendenkmalen gibt es schon lange. „Aber so ein Werk ist ein enormer Kraftakt“, betonte Rubelt. Daher auch die Entscheidung, das Projekt gemeinsam anzugehen. Doch in den vergangenen Jahren hätte nicht jeder der drei Partner gleichzeitig über die finanziellen und personellen Ressourcen verfügt. „Jetzt haben wir ein Fenster, in dem es möglich ist“, sagte Drachenberg.

Hoher personeller Aufwand

Ein Team aus sechs bis sieben Hauptautoren um den Potsdamer Architekten und Denkmalpfleger Jörg Limberg wird daran arbeiten, alles bestehende Material zu den Denkmälern zusammenzutragen und neu aufzuschreiben. Beteiligt sind Mitarbeiter von Stadt, Schlösserstiftung und Denkmalamt sowie externe wissenschaftliche Autoren. Die Kosten für den hohen personellen Aufwand wollten die Beteiligten auf Nachfrage nicht beziffern. 

Der erste Band wird sich mit Babelsberg, Neu-Babelsberg, Klein-Glienicke, Stern und Drewitz befassen. Bis Ende 2025, so peilen die Partner an, soll das rund 600 Seiten starke Werk fertig sein. 

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Zwar richten sich die Topographien auch an interessierte Laien, Hauptleserschaft sind aber neben den Besitzern der Denkmale Behörden, Architekten und Stadtplaner. „Wir wollen aber die Adressaten erweitern“, stellte Baudezernent Rubelt klar. Für ihn ist das Werk nicht nur ein Mittel, um das Erbe der Stadt zu erhalten und weiterzuentwickeln, sondern auch ein Werkzeug der Kommunikation.

Christine Onnen vom Landesdenkmalamt findet auch die gedruckte Fassung noch zeitgemäß. 
Christine Onnen vom Landesdenkmalamt findet auch die gedruckte Fassung noch zeitgemäß. 

© Ottmar Winter PNN

Um die Inhalte über die Fachwelt hinaus zugänglich zu machen, ist ein begleitender Online-Auftritt geplant. „Wir wollen das gedruckte Buch durch digitale Angebote ergänzen und erweitern“, sagte Christine Onnen vom Landesdenkmalamt. Sie stellte eine zentrale Frage dann auch gleich selbst: Ist ein solches Werk überhaupt noch zeitgemäß? Als Grund für ihr als Mitarbeiterin des Projekts wenig überraschendes „ja“ nennt sie den Erkenntnisgewinn durch die Forschungsarbeit. Und in die Darstellung des Wertes der Bauten, „gerade angesichts des Baubooms“. 

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