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"Ein optischer Knaller": Potsdamer Gerd Nefzer für Oscar nominiert

Special-Effects-Meister Gerd Nefzer und sein Team aus Babelsberg sind für den Blockbuster „Blade Runner 2049“ für den Oscar nominiert.

Von Birte Förster

Potsdam - Eine düstere Welt der Zukunft, ohne Sonnenstrahlen und blauen Himmel, ohne Tiere und Pflanzen, mit künstlichen Menschen ist im Jahre 2049 vorherrschend. Dichte Nebelschwaden, Staub und Luftverschmutzung schaffen dazu passend eine beklemmende Atmosphäre. Wir befinden uns in dem Science-Fiction-Blockbuster „Blade Runner 2049“. Die Effekte hierfür kommen aus Babelsberg, von dem Special-Effects-Meister Gerd Nefzer. Für ihre besonderen visuellen Effekte in „Blade Runner 2049“ wurden Nefzer und seine Kollegen für den Oscar nominiert. „Das ist der Hammer“, sagt Nefzer gegenüber den PNN. „Es ist ein Traum, dass man für den Oscar nominiert wird.“

Das vierköpfige Team gestaltete für den Film diverse Wetterphänomene – eine höchst anspruchsvolle Aufgabe. „Jede Szene hatte ein vorher definiertes Wetter“, erzählt der Nominierte. Nefzer und sein Team entwickelten vor der Kamera unterschiedliche Regentypen wie Niesel- oder Starkregen, schafften eine staubige Atmosphäre und Nebel. Nefzer habe dafür, anders als seine drei Kollegen, nicht mit dem Computer gearbeitet. In einem Studio in Budapest, wo „Blade Runner 2049“ gedreht wurde, arbeitete er mit einem Hochdruckwassersystem und einer Nebelmaschine. Aber auch außerhalb des Studios entstand die besondere Filmatmosphäre.

Der Stoff aus dem Blade-Runner-Schnee gemacht wird

Eine spezielle Herausforderung war der Schnee. Auch in diesem Fall eine große Bandbreite „von nice falling Christmas snow bis zu grauem und verdrecktem Schnee“. Für die entsprechenden Effekte hätten Nefzer und seine Kollegen Kunstschnee behandelt oder optisch verändert. Mit Torf- und Blumenerde schafften sie einen „grau-braunen Look“. Besonders seien auch die mechanischen Effekte für die sogenannten Spinner, die futuristischen Flugautos, gewesen. Für jedes der sechs verschiedenen Fahrzeuge gab es einen anderen Flugeffekt. Auch bei der Szene, in der der US-Star Harrison Ford in einem futuristischen Bus im Meer untergeht und die Wellen das Fahrzeug verschlingen, war volle Konzentration gefragt. „Genaues Timing und Präzision ist da erforderlich“, erklärt er. An manchen Tagen haben laut Nefzer über 50 Leute mit an den Spezialeffekten gearbeitet.

„Es ist der anspruchsvollste Film, den ich in meiner 32-jährigen Karriere gemacht habe“, resümiert Nefzer die Arbeiten an „Blade Runner 2049“. Aber es habe auch am meisten Spaß gemacht, sagt er. Dazu habe ihm die Zusammenarbeit mit Regisseur Denis Villeneuve sowie Ryan Gosling und Harrison Ford sehr gefallen. Der Umgang sei professionell. „In der alltäglichen Arbeit ist es wie woanders auch“, betont er. Nicht nur die Oscar-Jury, sondern auch Nefzer selbst ist mit dem Ergebnis zufrieden. Der Film sei „ein optischer Knaller“, sagt er. Noch lieber als in Budapest hätte er an den Spezialeffekten für den Film allerdings im Studio in Babelsberg gearbeitet. „Hier ist man heimischer, man versteht sich blind.“

„Nach der Nominierung gibt es nur noch eine Steigerung“

Seit den 1990er Jahren arbeitet Gerd Nefzer mit seinem Schwager Uli Nefzer zusammen. Ulis Vater Karl Nefzer hatte in den 1960er Jahren ursprünglich die Nefzer Special Effects GmbH in Schwäbisch Hall gegründet. Später entstand die Nefzer Babelsberg GmbH. Seit vielen Jahren arbeiten Gerd und Uli inzwischen in Potsdam. Jeder der beiden leitet ein eigenes Team. In Babelsberg entstanden die Spezialeffekte zu Filmen wie „Inglorious Basterds“ oder „Grand Budapest Hotel“. „Jeder Film und jede Fernsehserie hat seine eigenen Herausforderungen“, weiß Nefzer durch seine jahrelangen Erfahrungen aus der Branche. Mit der Nominierung für den Oscar erreicht die Karriere des Experten für Spezialeffekte, selbst begeisterter Anhänger von Filmen wie „Star Wars“, nun seinen Höhepunkt.

Das ganze Team habe sich riesig über die Oscar-Nominierung gefreut, erzählt der Meister der Spezialeffekte. Zitternd vor Aufregung hätten alle gemeinsam vor dem Bildschirm gestanden, um auf die Verkündung der Jury zu warten. „Alleine kann man so ein umfangreiches Projekt nicht machen. Da braucht man ein eingespieltes Team“, sagt er. Jetzt heißt es: Warten bis zur Oscar-Verleihung am 4. März in Los Angeles. „Nach der Nominierung gibt es nur noch eine Steigerung“, sagt Nefzer schmunzelnd.

Hintergrund; Weitere Babelsberger Oscar-Chancen

Die Potsdamer Filmfamilie darf bei den Oscars bei weiteren Nominierungen mitfiebern. Bei den Kurzfilmen ist das mehrfach prämierte Werk „Watu Wote“ („All of Us“) nominiert. Der Film von Regisseurin Katja Benrath und Produzent Tobias Rosen über den IS-Terror in Kenia und Somalia entstand im Rahmen ihres Masterstudiums an der Hamburg Media School (HMS). Betreut wurde das Projekt von der Babelsberger Filmproduzentin und X-Verleih-Chefin Manuela Stehr, die an der HMS Bereichsleiterin für Filmproduktion ist. „Die Geschichte basiert auf einer wahren Begebenheit und wurde an Original-Orten in Afrika gedreht“, sagt Stehr gegenüber PNN. „Es ist ein sehr politischer Film, wir waren anfangs etwas in Sorge, wie der Stoff vor Ort ankommt.“ Doch bei der Premiere in Nairobi am Dienstag war die Begeisterung groß – erst recht als zeitgleich die Oscar-Nominierung bekannt wurde.

Das Medienboard Berlin- Brandenburg hofft auf die schwedische Satire „The Square“ sowie das chilenische Melodram „Eine fantastische Frau“. Beide Filme sind als bester fremdsprachiger Film nominiert und entstanden mit deutscher Unterstützung, dafür gab es Filmfördergeld vom Babelsberger Medienboard.

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