zum Hauptinhalt
Schmetterlinge auf der Tür: Wenigstens das Büro des Sozialarbeiters soll als Ort zum Wohlfühlen schöner aussehen.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Die Rückeroberung der Schule

Saniert, aber nicht fertig: Die Fontane-Oberschule in der Waldstadt sieht seit Jahren aus wie eine Baustelle. Nun wurde aus der Not ein Kunstprojekt

Sie ist wirklich keine Schönheit, die Fontane-Oberschule in der Potsdamer Waldstadt. Sie liegt ein bisschen peripher, weitab von der Innenstadt, und sie wirkt – zumindest von innen– ein wenig vergessen. Die Schule wird zwar schrittweise von innen saniert, aber so richtig voran geht es dabei nicht.

„Bei der Sanierung wurde kontaminiertes Material eingebaut", sagt Schulsozialarbeiter René Kulke und weist auf die Deckenplatten in den Fluren. Der Rieselschutz musste ausgetauscht werden, weshalb in den Herbstferien luftdichte Schleusen eingebaut wurden. Was da genau Gefährliches verbaut wurde, weiß Kulke auch nicht mehr, aber die Konzentration in der Atemluft schien zu hoch zu sein. In der Folge wurde jedoch ein Teil der Flure neu gestrichen. Dennoch: Die Schule sieht aus wie eine Baustelle, an den Wänden sind noch Baumaße draufgekritzelt, „die sind schon seit Jahren da drauf“, sagt Kulke. Überall sind Risse in den Wänden, teilweise findet man noch Wandbilder, die aus den 80er-Jahren sein müssen. „Dass die Wertschätzung der Schüler nachlässt, ist absolut nachvollziehbar“, findet der Sozialarbeiter. „Es kümmert sich doch keiner drum, wie es hier aussieht.“

Einen Ort konnte Kulke jedoch unmöglich so lassen, wie er ihn vorgefunden hat: sein Büro. „Das sah schrecklich aus, alles in alter Farbe, die von der Wand kam, ein furchtbarer Terracotta-Ton.“ In den Herbstferien wurde also ein Workshop zur Raumgestaltung ins Leben gerufen, den die Kunstlehrerin Kathrin Fritzenwanker leitete. Street Art sollte den Raum mit Leben füllen, das Motto war auch schnell gefunden: „Chill-out Zone“. Der Wahlpflicht-Kurs der 10. Klasse wurde in Arbeitsgruppen aufgeteilt und zeichnete Entwürfe – René Kulke musste das nur abnicken. „Die Schüler sollten einfach einen Ort haben, an dem sie sich wiederfinden und wohlfühlen können“, sagt Fritzenwanker. „Ich wollte auch, dass das ein Wohlfühlort wird“, ergänzt Kulke. „Schließlich ist das auch das Büro der Schüler.“ Und da am Schulgebäude nichts verändert werden dürfe, wird kurzerhand das Büro des Schulsozialarbeiters umgestaltet. Immerhin ist es gut frequentiert, in den Pausen seien manchmal so 30 bis 40 Schüler gleichzeitig da.

Inzwischen sieht der Ort eher nach einem Atelier als nach einem Büro aus: Überall liegen Folien und Zeitungen auf dem Boden, die Wände werden bunter. Wenn alles einmal fertig ist, soll es im Street-Art-Stil mit Schwarzlichteffekten erstrahlen, bunte Schmetterlinge und Wassertropfen sind an den Wänden, Graffiti-Stil dominiert das Büro, nur das Wappen des SV Babelsberg ließ Fußballfan Kulke nicht abnehmen.

„Wie findest du den Spruch ,Reclaim your school'?", fragt Kulke eine Schülerin, die ein wenig unschlüssig vor der Wand steht. „Weißt du, was das heißt?“ „Irgendwas mit Schule“, antwortet sie. Dass es um eine Rückeroberung geht, kann sie zwar nicht übersetzen, aber sie ist mittendrin.

„Das sind oftmals Schüler in schwierigen Lebensphasen“, erklärt Kulke. Viele seien sonst unmotiviert, aber hier sind sie mit vollem Einsatz dabei. Die Kunstlehrerin Fritzenwanker freut sich über die Resonanz des Projektes: „Dass die Bereiche Kunst und Jugendhilfe so eng zusammenarbeiten, das gibt es nur an dieser Schule“, sagt sie „Wir versuchen, mit Kunst viel zu reißen.“ Das Projekt wurde von der Landeshauptstadt mit 500 Euro finanziert. Die nötige Sanierung des Schulgebäudes würde die Stadt deutlich mehr kosten. Oliver Dietrich

Oliver Dietrich

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false