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In Teilen der Innenstadt Potsdams gilt eine Maskenpflicht

© Ottmar Winter PNN

Die Corona-Lage in Potsdam und Brandenburg: Inzidenz in Potsdam in einer Woche verdoppelt

Wegen der stetig steigenden Zahl von Corona-Infektion wird im Potsdamer Rathaus über neue Gegenmaßnahmen beraten. Nicht jeder im Land Brandenburg denkt so

Potsdam - Angesichts steigender Corona-Werte in Potsdam prüft der Krisenstab im Rathaus neue Regeln und Verschärfungen in der Stadt. Eine Stadtsprecherin sagte am Sonntag auf Anfrage, die in die Höhe gehenden Zahlen seien seit vergangenem Mittwoch Thema. „In der Verwaltungsstabssitzung am Montag werden wir darüber beraten.“ Es werde einen Vorschlag zu einer nicht weiter ausgeführten Anpassung der Strategie „Öffnen aber sicher“ geben. 
Weitere offizielle Details wurden zunächst nicht bekannt. Nach PNN-Informationen will Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) verstärkt auf Schnelltests setzen, um Lockerungen möglich zu machen. Unklar ist, ob manche Öffnungsschritte angesichts der steigenden Werte tatsächlich vollzogen werden – so plant Kulturdezernentin Noosha Aubel (parteilos) am Dienstag persönlich die Begrüßung der ersten Gäste im Naturkunde- und Potsdam Museum. Ferner will die Stadt auch das Impfen mit einer kommunalen Lösung beschleunigen – hier hatte Schubert vergangene Woche bereits eine Online-Warteliste für Impfwillige auf den Internetseiten der Stadt unter www.potsdam.de an den Start gebracht. Bereits am vergangenen Donnerstag konnten so erste Potsdamer auch im Bergmann-Klinikum geimpft werden. 

Inzidenz liegt nun fast bei 60

Gleichzeitig steigen die Inzidenz- Werte: So hat sich innerhalb vor nur einer Woche die Sieben-Tage-Inzidenz in Potsdam fast verdoppelt. Am Sonntagmorgen gab die Stadt den Wert der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen einer Woche mit 59,3 an. Am vergangenen Montag lag dieser Wert noch bei 33,8. Seitdem wurden bis Sonntag genau 103 Neuinfektionen registriert – diffus über das Stadtgebiet verteilt, wie es aus dem Krisenstab hieß. Das bedeutet, es gibt keinen einzelnen Ausbruch mit vielen Fällen, was die Nachverfolgung der Infektionsketten schwieriger macht. Insgesamt meldete die Stadt am Wochenende 33 weitere Ansteckungen mit dem Coronavirus. Am vergangenen Wochenende wurden 20 Infektionen registriert. Dazu befinden sich 535 Personen in Quarantäne – 53 mehr als am Samstag und 188 mehr als vor einer Woche. Auch in den Potsdamer Krankenhäusern steigen die Fallzahlen wieder – dort wurden am Sonntag 31 Patienten behandelt, davon sieben auf Intensivstation. Vor einer Woche ging es noch um 25 Patienten. Die positive Nachricht: Zumindest kamen in der vergangenen Woche keine weiteren Todesfälle in Zusammenhang mit einer Corona-Infektion hinzu.

Mehrere Verdachtsfälle nach Schnelltests

Schon seit zwei Wochen setzt die Stadt im Kampf gegen die Pandemie auf eine eigene städtische Teststrategie, Potsdamer können sich bereits in mehr als einem Dutzend Apotheken und anderen Einrichtungen auf das Virus testen lassen. Dabei gab es laut Stadt bei 1400 Tests am Freitag zwei Personen mit einer möglichen Infektion, am Samstag bei 700 untersuchten Potsdamer:innen dann sogar gleich sieben Verdachtsfälle. Diese müssen mit PCR-Tests noch bestätigt werden.

Manche Landkreise gegen schärfere Regeln

Anderswo in der Mark wird anders mit den steigenden Zahlen umgegangen. Zwei Landkreise in Brandenburg wollen demnach die Corona-Regeln trotz einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 100 nicht verschärfen - darauf hat die Landesregierung reagiert. Die Landräte der Kreise Elbe-Elster und Oberspreewald-Lausitz halten bisher an den jüngsten Lockerungen fest - das sorgt für Kritik auch im Internet. Die rot-schwarz-grüne Landesregierung machte darauf aufmerksam, dass die Kreise und kreisfreien Städte ab einem Grenzwert von 100 zusätzliche Schutzmaßnahmen treffen sollen. So sieht es die Corona-Verordnung des Landes vor.

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„Wird die 100er-Grenze auf Ebene eines Kreises oder einer kreisfreien Stadt überschritten, sind die Kreise aufgefordert, geeignete Maßnahmen zu ergreifen“, sagte Regierungssprecher Florian Engels. Dies könnten zum Beispiel verschärfte Kontrollen und die Verhängung von Bußgeldern sein. „Deshalb ist es geboten, ab einer Inzidenz von 100 zum Beispiel das Testangebot zu verstärken und auf die Einhaltung der Regeln verstärkt zu achten.“

Keine Änderungen in Elbe-Elster-Landkreis

Elbe-Elster-Landrat Christian Heinrich-Jaschinski (CDU) verzichtet auf Änderungen. „Wenn die geltenden Regelungen beachtet werden, bedarf es keiner neuen Einschränkungen“, teilte er am Freitag mit. Weitergehende Einschränkungen für Geschäfte, Kitas oder Schulen hätten auf das Infektionsgeschehen vergleichsweise wenig Einfluss, wären aber mit gravierenden Nebenwirkungen verbunden. Die Sieben-Tage-Inzidenz im Kreis steigt stetig: Am Sonntag wurde Elbe-Elster neuer Hotspot mit einem Wert von 170,9. Bei Twitter kritisierten viele die Entscheidung des Landrats. Die Linke-Landtagsabgeordnete Andrea Johlige schrieb: „Brandenburg hat Notbremse auf Inzidenz 200 gelegt. Nun nutzt der erste Landkreis diese Rechtslage.“  Der Landkreis Oberspreewald-Lausitz (OSL), zuvor Schwerpunkt bei der Sieben-Tage-Inzidenz, kommt auf den zweithöchsten Wert mit 168,2. Auch dort soll es aber keine zusätzlichen Schutzmaßnahmen geben. Landrat Siegurd Heinze (parteilos) hatte am Freitag erklärt: „Wir beabsichtigen nach all den Wochen des scharfen Lockdowns in OSL und nunmehr wenigen Tagen erster Lockerungen aktuell noch nicht, eine Allgemeinverfügung mit schärferen Corona-Regeln zu erlassen.“

Eine aufgeweichte Notbremse

Der Regierungssprecher verwies darauf, dass Brandenburg einen zweistufigen Weg im Kampf gegen die Pandemie gehe. „Steigt die landesweite Inzidenz beharrlich Richtung 100, wird das Kabinett zusammentreten und konkrete Einschränkungen beschließen, die landesweit umgesetzt werden“, sagte Engels. Das gelte, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz an drei aufeinanderfolgenden Tagen über 100 bleibe. Sie lag landesweit am Sonntag bei rund 78. Wenn die 200er-Grenze an drei aufeinanderfolgenden Tagen überschritten sei, müssten auf Kreisebene mindestens die Lockerungen seit dem 8. März zurückgenommen werden, sagte Engels.  Die rot-schwarz-grüne Landesregierung war scharf kritisiert worden, weil sie die von Bund und Ländern vereinbarte Corona-Notbremse bei dem Inzidenzwert von 100 nicht explizit in ihre Verordnung aufgenommen hat. Danach sollen die jüngsten Lockerungen zurückgenommen werden, wenn die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz innerhalb einer Woche über diese Marke steigt. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatte die Kritik zurückgewiesen und erklärt, harte Grundrechtseinschränkungen dürften nicht automatisch erfolgen.

Hausärzte üben weitere Kritik an Impfstrategie des Landes

Das Thema Impfen sorgt derweil weiter für Ärger, gerade bei Hausärzten. So rechnete der in Babelsberg praktizierende Mediziner Ulrich Wüllenkemper den PNN vor, wie teuer aus seiner Sicht das Impfzentrum in der Metropolishalle sei. Hier hatte die Kassenärztliche Vereinigung KVBB zuletzt von einer Vergütung von 270 Euro pro Stunde pro Impfteam gesprochen. Bei zwölf Impfstraßen mache das pro Tag knapp knapp 30 000 Euro Kosten, allein für medizinisches Personal. Dazu kämen die Kosten für Callcenter, Hallenmiete und andere Logistik, so Wüllenkemper – der zusammen mit anderen Kollegen schon seit Januar fordert, dass Hausärzte endlich flächendeckend in den Impfprozess einbezogen werden müssten. 

Stadt prüft weiter möglicherweise illegale "Matrix"-Party

Unterdessen hat die Stadt auch vier Monate nach einer möglicherweise illegalen Party im Zuge der „Matrix 4“-Dreharbeiten das eingeleitete Anhörungsverfahren noch nicht beendet. Es gebe aktuell keinen neuen Sachstand, sagte eine Stadtsprecherin auf Anfrage: Zwischenstände aus einem laufenden Verfahren würden nicht kommuniziert. Die Vorwürfe in Zusammenhang mit dem Abschluss des Drehs im Studio Babelsberg waren Mitte November durch einen „Bild“-Bericht bekannt geworden. Das Studio hatte bestritten, gegen Corona-Regeln verstoßen zu haben – es sei lediglich eine Party-Szene gedreht worden. (mit dpa)

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