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Details zu Misshandlungsvorwürfen: "Barbarische Methoden" im Projekt 'Maramures'

Kinder und Jugendliche wurden in einem auch aus Potsdam gesteuerten Sozialprojekt in Rumänien mit „barbarischen Methoden“ zur Arbeit gezwungen. Jetzt wurden weitere Details bekannt.

Potsdam/ Bukarest - Nach Misshandlungsvorwürfen fordern die Brandenburger Grünen Aufklärung über ein auch von Potsdam aus geleitetes Jugendprojekt in Rumänien. Wie berichtet ermittelt die rumänische Staatsanwaltschaft gegen das Projekt für schwer erziehbare Kinder und Jugendliche aus Deutschland wegen Misshandlung und Menschenhandel.

Die jugendpolitische Fraktionssprecherin der Bündnisgrünen, Marie Luise von Halem, erklärte jetzt: „Sollten Jugendliche aus Brandenburg betroffen sein, erwarten wir von den zuständigen Behörden eine lückenlose Aufklärung zu dem erhobenen Verdacht gegen das Projekt 'Maramures'“. Sie werde dazu die Landesregierung schriftlich befragen. Man wolle Klarheit über die Behandlung der Kinder und Jugendlichen, „zum anderen zum Vorwurf möglicher Zweckentfremdung von Mitteln aus Hilfen zur Erziehung durch den Projektträger.“ Falls örtliche Jugendhilfeträger in Brandenburg betroffen seien, müsse geklärt werden, inwieweit sie ihrer Aufsichtspflicht nachgekommen seien, so von Halem.

Ein Deutscher und vier Rumänen verhaftet

Die Ermittlungen waren am Mittwoch bekannt geworden. Am Donnerstag wurden dann ein Deutscher und vier Rumänen verhaftet, weil sie Jugendliche misshandelt haben sollen. Das teilte die für organisiertes Verbrechen spezialisierte Einheit der Staatsanwaltschaft in Bukarest mit. Die Verdächtigen sollen in dem aus deutschen Staatsmitteln mitfinanzierten Heim im nordwestrumänischen Viseu de Sus Jugendliche „in Bedingungen wahrhafter Sklaverei“ zur Arbeit ausgebeutet haben, schrieben die Ermittler weiter. Offizielles Ziel des Projekts sei es, die schwer erziehbaren Jugendlichen in die Gesellschaft zu integrieren. Dem Leiter des Projekts werde Freiheitsberaubung und Menschenhandel vorgeworfen, sagte dessen Anwalt Ioan Sas.

Die Jugendlichen im Alter zwischen zehn und 17 Jahren seien auf den Bauernhöfen, wo sie arbeiten mussten, „mit barbarischen Methoden“ behandelt worden. Sie seien geschlagen und zusammen mit Tieren vor Wagen gespannt worden, hieß es. Ungehorsam sei mit Nahrungsentzug und einer Art Isolationshaft bestraft worden, die Wochen dauern konnte. Medikamente sowie den Kontakt zur Außenwelt habe man ihnen vorenthalten, ebenso den Schulbesuch. Oft habe man sie dazu gezwungen, in der Eiseskälte auszuharren. Wie viele Teenager insgesamt betroffen waren, ist unklar. Vier von ihnen wurden in die Obhut des rumänischen Kinderschutzamts überstellt.

Der verhaftete Deutsche, der als Hauptverdächtiger gilt, habe dabei „aufgrund persönlicher pädagogischer Überzeugungen“ gehandelt, schrieb die Staatsanwaltschaft. Zudem bestehe der Verdacht, dass die Betreiber dieses Heims Gelder regelwidrig genutzt hätten. Bei zwei Razzien seien 146.115 Euro gefunden worden, deren Herkunft die Verdächtigen nicht rechtfertigen konnten.

In das Heim in Viseu de Sus seien Jugendliche geschickt worden, die unter der Vormundschaft des deutschen Staats standen, weil sie durch „unsoziales Verhalten“ aufgefallen waren und aus „desorganisierten Familien“ stammten, teilweise mit alkohol- oder drogenabhängigen Eltern, so die Ermittler. Das rumänische Nachrichtenportal „g4media.ro“ berichtete, dass die Betreiber des Projekts Komplizen bei der Polizei und in der Kommunalverwaltung gehabt hätten. Diese hätten die Heimleiter stets vor Inspektionen des rumänischen Kinderschutzamts gewarnt. Vor diesen Inspektionen seien die Jugendlichen mit Medikamenten ruhig gestellt worden, damit die Prüfer keinen Verdacht schöpften. Nach Informationen der Lokalzeitung „Banatul azi“ sei es zu den Ermittlungen gekommen, nachdem einer der Jugendlichen aus diesem Heim geflohen sei und die Behörden alarmiert habe. Die Misshandlungen haben sich nach Darstellung der Ermittler von 2014 bis August 2019 zugetragen.

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