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Depot Filmmuseum Potsdam: Filmreif eingekleidet

Am Museumstag öffnete das Filmmuseum sein Archiv. Wie ein Film entsteht, berichteten Kostümbildnerin Sabine Greunig und Autorin Christa Kozik.

Von Sarah Kugler

Potsdam - Wenn man durch Flure des Potsdamer Filmmuseumarchivs geht, scheint es, als betrete man ein zum Leben erwecktes Bücherregal. Überall finden sich Requisiten aus Literaturverfilmungen: eine edelsteinbesetzte Pforte aus dem Märchenfilm „Der kleine Muck“, ein Gemälde aus der aktuellen „Die Schöne und das Biest“-Verfilmung mit Vincent Cassel und eine zerschlissene Jacke aus der Romanverfilmung „Als wir träumten“ von Andreas Dresen, die erst noch ins Kino kommen wird. Letztere wurde den Besuchern exklusiv zum Internationalen Museumstag am gestrigen Sonntag präsentiert, an dem das Archiv des Filmmuseums in der Pappelallee Bestände zeigte, die der Öffentlichkeit sonst nicht zugänglich sind.

Entworfen hat die Jacke die Potsdamer Kostümbildnerin Sabine Greunig, die schon bei vielen Dresen-Produktionen mitgewirkt hat und für ihre Arbeit in Doris Dörries „Kirschblüten“ 2008 mit einer Lola ausgezeichnet wurde. Am Sonntag erzählte sie, wie viele Schritte nötig sind, um vom ersten Entwurf bis zum fertigen Kostüm zu kommen. „Es ist natürlich immer ein Unterschied, ob man beim Film oder zum Beispiel an der Oper arbeitet“, erklärte sie. „Beim Film hast du viel weniger Zeit, da muss das in drei Monaten oder weniger stehen.“ An der Oper hingegen habe man ein bis zwei Jahre Vorbereitungszeit, was dem kreativen Prozess sehr viel breitere Wege ermöglichte. So habe sie einmal Kostüme für eine Aufführung von Mozarts „Don Giovanni“ entworfen, die zunächst sehr historisch orientiert waren und sich am Ende zu modernen Kleidungsstücken gewandelt hätten, wie auch Entwurfsskizzen an den Wänden bezeugen.

Verfilmung von "Als wir träumten"

Bei „Als wir träumten“, einer Verfilmung des gleichnamigen Romans des Leipziger Autoren Clemens Meyer, fielen die Kostümentscheidungen wesentlich leichter. „Der Film wie auch der Roman spielt ja in den Jahren 1988 und 1993“, sagt Greunig: „Da ist man modisch natürlich an gewisse Dinge gebunden.“ Trotzdem sei der Aufwand enorm. „Du machst dir ja schon Gedanken, welches Kleidungsstück zu welchem Charakter passt“, erklärte sie: „Und dann stellst du bei der Anprobe fest, dass es vielleicht doch nicht so richtig passend ist und beginnst noch mal von vorne.“ Mehr als 1000 Komparsen mussten für den Film ausgestattet werden. Nicht jeder von ihnen wird am Ende im Film zu sehen sein, aber trotzdem muss jedes Detail stimmen, wie die Kostümbildnerin erklärte. Wie viel Vorbereitung in einem solchen Projekt steckt, zeigten am Sonntag auch zahlreiche Bilder von den Anproben und ein Drehbuch, in dem zu jeder Szene das Kostüm aufgelistet ist.

Ein aufwendig gestaltetes Textbuch ganz anderer Art stellte auch Christa Kozik vor. Die Schriftstellerin und Drehbuchautorin sprach über ihre Arbeit an dem Film „Hälfte des Lebens“ von 1984 mit Ulrich Mühe und Jenny Gröllmann. Er lebt von literarischen Bezügen, beschreibt er doch die Liebesbeziehung zwischen dem Dichter Friedrich Hölderlin und der Adligen Susette Gontard. „Ich bin ja seit früher Jugend ein großer Hölderlin-Verehrer“, erzählte Christa Kozik: „Von daher hatte ich diesen Film schon lange geplant, aber das eigentliche Exposé habe ich erst 1979 geschrieben.“

„Man kann in einem Film ja immer nur einen Weg erzählen“

Während der Recherchen sei sie akribisch vorgegangen, wie dicke Ordner mit Notizen über biografische und zeithistorische Daten zeigen. Sogar eine Zeitleiste hatte sie angelegt, die jeden Monat der erzählten zehn Filmjahre beschreibt. „Ich hatte so wahnsinnige Angst vor den Germanisten“, erzählt Kozik, die auch Trägerin des Hölderlinringes ist. „Ich wollte nicht, dass die mir nachher irgendwelche Fehler nachweisen können.“ Die Fülle an Informationen sei aber auch problematisch gewesen: „Man kann in einem Film ja immer nur einen Weg erzählen“, so die Drehbuchautorin: „Da bedarf es dann doch einer engen Teamarbeit mit allen Beteiligten, um diesen Weg zu finden.“

Im Archiv des Filmmuseums kann man Teile dieser Teamarbeit bis heute entdecken, sodass man immer die Gesamtproduktion eines Filmes nachvollziehen kann. Das Filmmuseum selbst ist bekanntlich wegen einer Brandschutzsanierung geschlossen – die Wiedereröffnung ist Ende Oktober geplant. 

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