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Die Linke möchte, dass das Rechenzentrum unter Denkmalschutz gestellt wird. 

© Ottmar Winter PNN

DDR-Architektur: Linke stellt Antrag auf Schutz für Rechenzentrum

Nach der Unterschutzstellung des Glockenspiels hat die Linke hat den Eintrag des benachbarten DDR-Baus an der Plantage in die Denkmalliste des Landes beantragt. 

Potsdam - Die Linke möchte erreichen, dass das Rechenzentrum unter Denkmalschutz gestellt wird – und so einen möglichen Abriss verhindern. Dazu haben der Bundestagsabgeordnete Norbert Müller und der Vorsitzende der Stadtverordnetenfraktion Stefan Wollenberg am Donnerstag beim Landesdenkmalamt einen Antrag zur Aufnahme des Gebäudes an der Plantage auf die Denkmalliste gestellt. Die Unterschutzstellung des Künstlerhauses dränge sich nach dem Eintrag des benachbarten Glockenspieles als Denkmal gerade zu auf, sagte Wollenberg. „Es gilt, das Rechenzentrum als Zeugnis zu bewahren und als Teil der Geschichte zu dokumentieren.“ Der Bau sei einer der letzten noch erhaltenen DDR-Sonderbauten in der Potsdamer Innenstadt. Zudem habe sich die Zivilgesellschaft das Gebäude durch die Nutzung als Künstlerzentrum zurückerobert.

Denkmal jüngerer Zeitgeschichte

Wie berichtet steht das umstrittene und vor zwei Jahren abgeschaltete Glockenspiel seit 19. Juli unter Denkmalschutz. Nach Angaben des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum (BLDAM), bei dem der Schutzstatus im April durch eine bislang nicht öffentlich bekannte Person beantragt worden war, handele es sich bei dem Carillon um ein Denkmal der jüngeren Zeitgeschichte, das einen geschichtsideologischen sowie einen Wert als Musikinstrument habe. 

Norbert Müller (l.) und Stefan Wollenberg (Linke) haben den Antrag beim Landesdenkmalamt gestellt. 
Norbert Müller (l.) und Stefan Wollenberg (Linke) haben den Antrag beim Landesdenkmalamt gestellt. 

© Ottmar Winter PNN

Der Abgeordnete Norbert Müller nannte diese Argumentation „in Teilen befremdlich“. Vor dem Hintergrund dieser Begründung sei es jedoch nur logisch, auch das Rechenzentrum unter Schutz zu stellen. „Es veranschaulicht wie kaum ein anderes Gebäude die wechselvolle Geschichte Potsdams und steht auch für die städtebaulichen Brüche“, sagte Müller. 

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„Das Rechenzentrum ist hier das einzige Original, das noch steht“, sagte Wollenberg am Donnerstag an der Plantage mit Blick auf die Baustelle für den Wiederaufbau des Garnisonkirchenturmes und den neuen Spielplatz nebenan. Dennoch würdigte Müller den Vorstoß von Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) zugunsten einer Unterschutzstellung der gesamten Plantage mit Rechenzentrum, Garnisonkirchenturm, Glockenspiel und dem gegenüberliegenden Geburtshaus von Max Dortu als „interessanten Schritt“. Der Vorschlag, den Schubert vor einigen Tagen geäußert hatte, sei ein „versöhnender Gedanke, den man diskutieren kann“. Bislang stehen nur die Kosmos-Mosaike von Fritz Eisel an der Wand des Hauses auf der Denkmalliste. 

Bislang haben nur die Mosaike an der Fassade Schutzstatus. 
Bislang haben nur die Mosaike an der Fassade Schutzstatus. 

© Ottmar Winter PNN

Wird ein Gebäude auf die Denkmalliste eingetragen, besteht laut Brandenburgischem Denkmalschutzgesetz eine dauerhafte Erhaltungspflicht. Demnach ist der Eigentümer verpflichtet, das Objekt „im Rahmen des Zumutbaren nach denkmalpflegerischen Grundsätzen zu erhalten, zu schützen und zu pflegen“. Einem möglichen Abriss des Rechenzentrums würde ein Eintrag in die Landesdenkmalliste damit einen Riegel vorschieben. 

Verfahrene Debatte

Über den ganz oder teilweisen Erhalt oder Abriss des ab 1969 erbauten ehemaligen Verwaltungsbaus des Rechenzentrums wird seit Jahren erbittert gestritten. Der Antrag auf Denkmalschutz ist nun eine weitere Wendung in der ohnehin verfahrenen Debatte. Mit dem Bau des Kreativ Quartiers, das bis 2023 in der unmittelbaren Nachbarschaft entstehen und nach einem Abriss des Rechenzentrums als Ersatzfläche für die Künstler dienen soll, wollen Wollenberg und Müller ihre Initiative aber nicht vermischt sehen. „Das KreativQuartier sehe ich als Ergänzung, nicht als Gegensatz zum Rechenzentrum“, sagte Wollenberg. Bedenken, dass eine im Fall eines Erhalts notwendige Sanierung des DDR-Baus durch einen Schutzstatus noch erschwert würde, will er nicht gelten lassen. „Eine Sanierung wäre sowieso aufwendig, aber sie ist den Aufwand wert.“

Das Rechenzentrum wird derzeit von Künstlern und Kreativen genutzt. 
Das Rechenzentrum wird derzeit von Künstlern und Kreativen genutzt. 

© Ottmar Winter PNN

Kritik am Vorstoß der Linken kam von der AfD. Der Denkmalschutz für das Glockenspiel habe die „Auseinandersetzung mit der Geschichte der deutschen Wiedervereinigung und mit deren unermüdlichen Vorkämpfern“ bekräftigt, sagte Fraktionschef Chaled-Uwe Said. Der Antrag der Linken sei ein „durchsichtiger Versuch“, diese zu deklassieren. Die Stadtverordnetenfraktion der Grünen warnte davor, die Frage der Denkmalwürdigkeit „als Spielball im politischen Dialog“ einzusetzen. Es spreche nichts dagegen, einen fachlich begründeten Denkmal-Antrag zu stellen, sagten die beiden Fraktionsvorsitzenden Saskia Hüneke und Gert Zöller. Aber: „Die Bewertung wird dann nach wissenschaftlichen Kriterien erfolgen.“ 

Die Beurteilung obliegt nun dem Landesdenkmalamt. Beim Glockenspiel dauerte sie vier Monate. Zu Weihnachten, so hofft Wollenberg, „feiern wir den Denkmalschutz für das Rechenzentrum“. 

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