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Die grüne Fee der Zeppelin-Schule. Gerlind Jäkel arbeitet seit Jahrzehnten an der Zeppelin-Grundschule – seit sie im Ruhestand ist, kümmert sie sich ehrenamtlich um den Schulgarten-Unterricht. „Ich mache das für die Kinder“, sagt sie – was ein kleines bisschen geflunkert ist. Denn die Arbeit ist auch Jäkels Lebenselixier.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Das grüne Gedächtnis

Die Zeppelin-Schule, einst POS „Salvador Allende“, wird 40. Gerlind Jäkel kennt sie von Anbeginn

Gerlind Jäkel kämpft um jedes Beet. Aber sie erstritt auch, dass Pappeln auf dem Schulgelände gefällt wurden, damit ein neuer Schulgarten angelegt werden kann – damals, als der alte einem Kindergartenbau zum Opfer fiel. Die Sonnenblumen vor den Beeten wachsen gerade meterhoch. „Alles vergammelt“, seufzt sie. Dabei wuchert es in Grün und Gelb. Aber das ist ihr nicht genug. Durch die Bauarbeiten an der benachbarten Leonardo-da-Vinci-Gesamtschule gibt es keinen Zugang mehr für die Kinder ihrer Zeppelinschule zu dem Garten. Zweimal ging sie über die Baustelle, illegal, um an die Beete zu gelangen. „Die Kinder können ja gar nicht ernten, was sie gesät und gepflanzt haben“, sagt sie.

Heute feiert die Zeppelin-Grundschule ihren 40. Geburtstag. Und Gerlind Jäkel ist ein Urgestein an der Schule und gleichzeitig ihr Gedächtnis. Sie kennt die Schule von Anbeginn und sie, die 75-Jährige, ist auch heute noch jeden Tag da, als Schulgärtnerin und als Chronistin. Nach dem Fest wird sie wieder zu tun haben, Fotos auf bunte Pappen kleben, Zeitungsberichte ausschneiden.

Einst hieß die Schule in Potsdam-West POS 23, „Salvador Allende“. Eröffnet wurde sie am 1. September 1973, just am Tag des Putsches gegen den chilenischen Präsidenten, dessen Namen sie später tragen sollte. Jäkel war damals Lehrerin in der benachbarten Clara-Zetkin-Schule, heute Käthe-Kollwitz-Oberschule. Die platzte aus allen Nähten. Mit dem neuen Wohngebiet westlich der Kastanienallee kamen die „vielen, vielen Kinder“, wie Jäkel sagt. Für sie wurde damals für acht Millionen DDR-Mark eine Doppel-Schule in der Haeckelstraße gebaut, Typ Erfurt, wie es heute viele in der Stadt gibt, angelegt für 1500 Kinder.

Elf Jahre später, 1984, kam Jäkel als Schulleiterin an die Allende-Schule. Das graue Gebäude empfand sie nicht gerade als schön, die Aufgänge seien zu eng und der Architekt sei „nicht von Pädagogik gestraft“ gewesen. „Wir waren nicht die schönste, aber die beste“, sagt sie. Denn schon zu DDR-Zeiten war die Schule sportbetont, Nachwuchsturner und -schwimmer sollten herangezogen werden, die Nähe zum Luftschiffhafen und engagierte Sportlehrer halfen dabei. Auch heute ist montags oft Fototermin, wenn die Kinder am Wochenende wieder bei Wettkämpfen Medaillen abgeräumt haben.

Nach der Wende arbeitete Jäkel weiter als Lehrerin, bis sie vor zehn Jahren in den Ruhestand sollte. Sie tat es nicht und kümmerte sich weiter um die Beete und um die Kinder. Für sie ist Frau Jäkel einfach die Schulgartenlehrerin. Geld bekommt sie dafür nicht. „Ich mache das für die Kinder“, sagt Jäkel. Es ist aber auch ihr Lebenselixier.

Nur dass das Schulgelände seit Jahren eine Baustelle ist, stört Jäkel. Erst der Kitabau, dann der Umzug von einem Trakt in den anderen, die Fassadensanierung bei laufendem Schulbetrieb, nun die Außenflächen. „Wir haben diesmal zwei sechste Klasse entlassen, die ihre gesamte Schulzeit auf einer Baustelle gelebt haben.“ Die Arbeiten sind längst nicht abgeschlossen. Mindestens genauso schlimm findet sie aber noch etwas anderes: Jäkel zeigt auf ein gelbes Blatt Karton aus einem der DDR-Ordner, darauf Fotos von Menschen, die Sträucher pflanzen. Das war 1988, zum 15. Geburtstag der Schule. Zuletzt waren die Bäume schon sehr hoch. Doch die Stadt hat sie gefällt. „Ohne mit uns überhaupt ein Wort zu reden“, sagt Jäkel erbost.

Einmal aber haben ihre Erinnerungsordner etwas bewirkt: Als die Stadt „schlimme Sachen“ plante, wie Jäkel es nennt. Die Schule sollte abgerissen werden – für Stadtvillen. Da zog Jäkel mit all ihren Ordnern ins Stadthaus und stapelte sie auf Tischen vor den Raum, wo die Stadtverordneten darüber entschieden. Die sagten nur: „Wahnsinn“. Irgendwie habe das mit dazu beigetragen, dass die Schule heute noch steht, meint sie. Wozu das Gedächtnis einer Schule doch gut ist.

Am heutigen Freitag feiert die Zeppelin-Grundschule, ehemals POS 23 „Salvador Allende“, von 16 bis 20 Uhr auf dem Schulgelände in der Haeckelstraße ihren 40. Geburtstag und lädt besonders ehemalige Lehrer, Schüler und Mitstreiter ein.

nbsp;Grit Weirauch

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