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Das Kino auf der Badewiese fällt in diesem Jahr aus - ein Nachholtermin ist geplant. Hier ein Foto aus dem Jahr 2013.

© Manfred Thomas

Bürgerprojekt: Die vergessenen Filmstars von Groß Glienicke

Enthusiasten aus Groß Glienicke wollen die Bedeutung des Ortsteils für den Film untersuchen und kooperieren dafür mit Experten. Auch ein Filmprojekt mit Schülern ist geplant.

Von Birte Förster

Potsdam - Babelsberg ist weit über Potsdams Stadtgrenzen hinaus als Filmstandort berühmt. Dass aber auch Groß Glienicke Filmgeschichte geschrieben hat und zahlreiche Filmschaffende hier gelebt haben oder leben, ist dagegen kaum bekannt. Holger Fahrland möchte das ändern. Der Filmbegeisterte hat Ende vergangenen Jahres in Groß Glienicke den Arbeitskreis „Filme und ihre Zeit“, als Teil des Groß Glienicker Kreises gegründet. „Groß Glienicke hat mit Babelsberg in der Filmgeschichte eine besondere Rolle gespielt“, sagt er. Dieser Geschichte wolle er nachgehen.
Zusammen mit den sieben anderen Mitgliedern ergründet er die Historie und die Biografien lokaler Filmschaffender und möchte Groß Glienicke zu einem Ort machen, an dem der Film einen gebührenden Platz bekommt. Regelmäßig tauschen sich die Mitwirkenden über Ideen und Pläne aus. Die Mitglieder planten bereits verschiedene Veranstaltungen, Filmvorführungen und Gespräche mit Regisseuren, Schauspielern und anderen Akteuren aus der Filmszene.

Der Initiator startete auch in der Lausitz ein Filmfestival

Den Auftakt machte im November vergangenen Jahres der Film „Die Architekten“ von Regisseur Peter Kahane. Die Defa-Produktion von 1990 lockte 200 Besucher in die Groß Glienicker Grundschule Hanna von Pestalozza. „Das Interesse innerhalb des Ortes ist da. Das haben wir gemerkt“, sagt Fahrland. Ende Februar luden sie Anna Luise Kiss, Filmwissenschaftlerin an der Filmuniversität in Babelsberg, zu einem Gespräch ins Groß Glienicker Begegnungshaus ein. Die Expertin verschaffte den Gästen einen Überblick über die Babelsberger Filmgeschichte mit Größen wie Fritz Lang und Asta Nielsen.

Für Fahrland sind die aktuelle Filmszene sowie die Historie des Films kein Neuland. Bevor der 66-Jährige in Rente ging, arbeitete er als Stadtplaner in der Lausitz. Die Familie wohnte in Groß Glienicke, er selbst kam meist nur am Wochenende nach Hause und verbrachte die Werktage in Spremberg. Irgendwann begann er dort, nach einer Freizeitgestaltung zu suchen. Er begann, erste Filmvorführungen zu organisieren. Daraus entstand schließlich das Heimatfilmfestival Lausitziale. Von 2013 bis 2019 veranstaltete er das Festival als ehrenamtlicher Leiter zusammen mit einem 14-köpfigen Team jedes Jahr.

Filmprojekt mit Grundschülern geplant

In Groß Glienicke startete er direkt ein neues Projekt. Beim jährlich stattfindenden Open-Air-Kino auf der Badewiese kam er mit der Initiatorin Birgit Malik und Ortsvorsteher Winfried Sträter ins Gespräch. So entstand die Idee zu dem Filmkreis. In den vergangenen Monaten war der Arbeitskreis bedingt durch die Coronakrise zunächst zu einer Pause gezwungen. Geplante Filmvorführungen, wie der in Hoyerswerda spielende, mehrfach preisgekrönte Film „Wenn wir erst tanzen“, mussten abgesagt werden. „Wir holen das auf jeden Fall nach“, sagt Fahrland. Wann stehe derzeit noch nicht fest.
Aber die nächsten Vorhaben sind initiiert: Zum 30. Tag der deutschen Einheit plant der Filmkreis zusammen mit mehreren Kooperationspartnern wie dem Filmfestival Cottbus und der Babelsberger Filmuniversität „Konrad Wolf“ für den 23. Oktober eine Filmveranstaltung in der Grundschule Hanna von Pestalozza. Gezeigt wird der Spielfilm „Zu weit weg“ von Sarah Winkenstette. Dazu gibt es eine Ausstellung der Cartoonlobby mit dem Titel „Heimatgefühle“. Zum selben Thema werden Animationsfilme von Studenten der Filmuniversität gezeigt. Die Veranstaltung beginnt um 18 Uhr, der Eintritt ist frei.

„Der Regionalfilm spielt für uns eine große Rolle“, sagt Fahrland. Das zeigt sich auch in anderen Projekten des Arbeitskreises, der auch eine Zusammenarbeit mit Schulen, wie der Grundschule Hanna von Pestalozza plant. Dort haben die Schüler der fünften Klasse jede Woche vier Stunden Filmunterricht. Am Ende drehen die Kinder einen etwa 15-minütigen Dokumentarfilm über Groß Glienicke und seine Geschichte. Das Ganze findet im Rahmen des internationalen Filmbildungsprogramms „Cinema en curs“ statt. Die Dokumentation wird anschließend im Filmmuseum gezeigt. Und bleibt auch unter den Groß Glienicker Filmschaffenden nicht unbeachtet: „Der Film soll natürlich auch in der Reihe ‚Filme und ihre Zeit' seinen Platz finden“, sagt Fahrland.

Rund 30 Regisseure und Schauspieler wirkten in Groß Glienicke

Und dann sind da noch die etwa 30 Groß Glienicker Regisseure und Schauspieler, die es zu würdigen gilt und deren Geschichte der Arbeitskreis aufarbeiten möchte. Fahrland nennt Namen wie Manfred Richter. Der in Groß Glienicke lebende, inzwischen 90-jährige Drehbuchautor arbeitete bei der Defa in Babelsberg und verfasste die Drehbücher von zahlreichen Kino- und Fernsehfilmen. Oder Ida Wüst. Die Schauspielerin, die einige Jahre in Groß Glienicke bei ihrer Schwester wohnte und auch hier beerdigt ist, spielte in den 20er Jahren in mehreren Stummfilmen mit. Andere sind der Regisseur Kurt Tetzlaff oder Drehbuchautorin Silke Zertz.

Fahrland möchte in Groß Glienicke noch stärker auf die filmhistorische Bedeutung des Ortsteils aufmerksam machen. Die Mitglieder des Filmkreises haben daher begonnen, die Biografien aufzuarbeiten. Unterstützung erhalten sie dabei von der Filmuniversität. Nun soll eine Informationstafel aufgestellt werden, wo genau stehe allerdings noch nicht fest. Die Nachforschungen werden damit aber noch nicht abgeschlossen sein, sagt Fahrland. „Im Laufe der Zeit werden wir tiefer in die Geschichten einsteigen."

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