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Buchsbaumzünsler: Schädlinge machen sich in Potsdamer Parks breit

Viele Bäume in den Potsdamer Schlossgärten sind in Not, Gärtner kämpfen gegen mehrere Schädlingsarten. Eine Schließung zur Hochsaison lehnt die Schlösserstiftung aber ab.

Potsdam - Sie tragen verwunschene, fast unheimlich klingende Namen, und wenn sie in heißen Sommermonaten in Massen auftreten, können sie eine Menge Unheil anrichten: In den Parks und Grünanlagen in und um Potsdam hat die Hochzeit der Buchsbaumzünsler und Eichenprozessionsspinner begonnen. Die Schädlinge greifen Bäume und Büsche an, fressen sie kahl – das Nesselgift der Eichenprozessionsspinner kann sogar heftige allergische Reaktionen bei Menschen auslösen.

Schlecht ist der Befund der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) für nahezu all ihre Liegenschaften. Ob im Park Sanssouci oder im Neuen Garten, im Babelsberger Park oder im Berliner Schlossgarten Schönhausen: Das Buchsbaumsterben und der Buchsbaumkrebs bereiten Sorgen, heißt es in einer aktuellen Zustandsbeschreibung, die Frank Kallensee, Pressesprecher der Generaldirektion der Stiftung, veröffentlicht hat.

Der Zünsler kommt aus Ostasien

Mit dem Auftreten des Zünslers, prognostiziert Kallensee, müsse „voraussichtlich 10 bis 15 Jahre“ gerechnet werden. Biologen haben die Buchsbaumzünsler, ein ursprünglich in Ostasien beheimatetes Insekt, erstmals 2006 in Deutschland identifiziert. Sie breiteten sich in Europa aus und führten vor acht Jahren zum völligen Absterben eines jahrhundertealten Buchsbaumwalds bei Grenzach-Wylen nahe Basel. Sie vermehren sich schnell. Die Raupen des Falters durchlaufen ab Mitte März bis Anfang April bis zur Verpuppung sechs bis sieben Stadien als Larve. Die Herausforderung für die Schädlingsbekämpfer auch in den Potsdamer Parks: In nur einem Jahr kann alle zwei bis drei Monate eine neue Zünslergeneration entstehen.

Jungraupen, hat der Pflanzenschutzdienst des Landesamts für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung bereits Anfang Juli gewarnt, „leben gut versteckt“, sie hielten sich gern am frisch ausgetriebenen Grün auf. Zudem deuteten Blätter mit abgeschabten Stellen und dem Verlust von Blattgrün sowie leicht zusammengesponnene Blätter auf ihre Taten hin.

Mehrere Bäume in Park Sanssouci sind befallen

Die Falter sind hochmobil. Zumeist sitzen die Weibchen auf der Unterseite von Blättern anderer Pflanzen, ehe sie abheben und ihre Eier zielstrebig auf Buchsbäumen ablegen. Gern greifen sie Bäume an, die noch nicht befallen sind; Kahlfraß ist oft die Folge. Außer den Giften der Gärtner müssen die Kleintiere nur Singvögel fürchten. Insbesondere Meisen schnappen sich die Raupen als willkommene Abwechslung für die Ernährung ihrer Jüngsten.

Im Park Sanssouci haben die Heger und Pfleger der SPSG einen Befall im Parkteil Charlottenhof und bei den Römischen Bädern beobachtet. Im vergangenen Jahr spritzten sie Bereiche des Parks mit einem Biozid, ständig werden die Bestände kontrolliert.

Im Potsdamer Neuen Garten sind die Buchsbaumzünsler bereits 2018 über das gesamte Gelände und über Pflanzen auf dem Pfingstberg hergefallen. Die Zahlen sind alarmierend: „80 Prozent des Buchsbaumbestandes“ hätten „Fraßspuren und Besatz von Raupen“, bilanziert die SPSG. Spritzungen zeigten „eine gewisse Wirkung“, die Schäden seien dennoch „erheblich, bis hin zu Totalfraß in besonnten Parkarealen“. Der Befall sei an der Gotischen Bibliothek, in der Gärtnerei und in einem Teil der Orangerie „besonders dramatisch“.

Ein weiteres Problem der Schädlingsbekämpfer: Vernichtungsmittel breiten sich nach dem Spritzen weiträumig aus, sollten sie eingesetzt werden, müssten der Neue Garten oder große Bereiche dort für mindestens zwei Tage geschlossen werden. Es ist Hochsaison in den Parks, und eine Schließung lehnt die SPSG ab: „Dies ist nicht möglich.“

Auch ein Pilz breitet sich aus

Im Schlossgarten Babelsberg hat der Buchsbaum einen weiteren Feind. „Starke Probleme“ melden die Experten der Gärten mit Cylindrocladium buxicola, einem Pilz, der für dunkle, nahezu schwarze Streifen an den Trieben des Buchsbaums und bräunliche Flecken auf den Blättern sorgt. In Zusammenarbeit mit dem Pflanzenschutzdienst soll dem schwarzen Grauen ein Ende bereitet werden.

Dort, wo er auftritt, sorgt der Eichenprozessionsspinner bisweilen sogar für Großalarm. Im Mai dieses Jahres wurden Fahrspuren der A 1 bei Hamburg nachts gesperrt, damit die giftigen Raupen des Tieres von der Standspur aus bekämpft werden konnten. Der Grund: Die Falter selbst sind keine Gefahr für Menschen, ihre Raupen aber tragen samtig behaarte Felder, deren Haare Nesselgift enthalten und zu allergischen Reaktionen führen können. So mussten im westdeutschen Mühlheim an der Ruhr bei einem Sportfest drei Schüler mit Hautreizungen und Atemnot in ein Krankenhaus gebracht werden.

In den Potsdamer Parks kann der Spinner derzeit offenbar nicht zum Zuge kommen. 2013 etwa kreisten Hubschrauber über der Stadt und besprühten die Raupen mit der Chemo-Keule, es wurden unter anderem Teile des Parks Sanssouci, des Parks Babelsberg, des Neuen Gartens und des Pfingstbergs besprüht, dazu der Baumbestand an 39 Kitas, Schulen und Sportplätzen. Noch 2018 waren 800 Bäume am Schwielowsee in Potsdam-Mittelmark betroffen.

Die Lage hat sich entspannt. Die Raupen haben sich offenbar ausgekrabbelt. Es seien „keine Absperrungen“ erforderlich gewesen, „die Bekämpfung der Vorjahre erwies sich als effektiv“, teilte die Stadtverwaltung auf Anfrage den PNN mit.

Carsten Holm

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