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Frankfurt (Oder) ging bei der Entscheidung für das Zukunftszentrum leer aus.

© Marion Kaufmann

Zukunftszentrum kommt nach Halle: Brandenburg geht bei Juryentscheid leer aus

Die Jury hat entschieden: Das Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation soll in Halle (Saale) gebaut werden. Beim Mitfavoriten Frankfurt (Oder) ist die Enttäuschung groß.

Für Frankfurt (Oder) ist ein Traum geplatzt: Die Jury unter Vorsitz der Magdeburger Bundestagsabgeordneten Katrin Budde (SPD) hat sich am Dienstagabend nach PNN-Informationen gegen die Oderstadt als Standort für das geplante Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation entschieden. Den Zuschlag bekommt Halle (Saale). Bis 2028 soll nun in Sachsen-Anhalt das Zentrum gebaut werden, das aufbauend auf den Erfahrungen nach der Wende Transformationsprozesse wie Globalisierung und Klimawandel wissenschaftlich begleiten soll.

Der Bund investiert 200 Millionen Euro in den Neubau, dem ein Architektenwettbewerb vorausgehen soll. Jährlich soll das Zentrum mit 40 Millionen Euro finanziert werden. 200 Arbeitsplätze sollen dort entstehen. Die endgültige Entscheidung zum Standort muss nun das Bundeskabinett treffen. Die Kommission „30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit“ hatte den Bau eines solchen Wissenschafts-, Kultur- und Begegnungszentrums im Osten Deutschlands empfohlen.

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Budde erklärte zunächst lediglich: „Die Jury hat mehrheitlich entschieden, Halle als Standort für das Zukunftszentrum Deutsche Einheit und Europäische Transformation vorzuschlagen.“ Einzelheiten und eine Begründung sollen bei einer Pressekonferenz am Mittwochnachmittag folgen.

Frankfurt (Oder) wurde von drei Bundesländern unterstützt

Die deutsch-polnische Doppelstadt Frankfurt (Oder)/Slubice mit der Europa-Universität Viadrina und ihrer Nähe zu Osteuropa hatte sich große Hoffnungen gemacht. „Wir haben alles gegeben“, sagte Frankfurts Oberbürgermeister René Wilke (Linke) noch am Montag. Die Bewerbung der Kleiststadt war nicht nur vom Land Brandenburg, sondern auch von Berlin und Mecklenburg-Vorpommern unterstützt worden. Am 24. Januar hatte die 16-köpfige Jury, der auch Brandenburgs Ex-Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und die früheren DDR-Bürgerrechtlerinnen Ulrike Poppe und Marianne Birthler angehören, die Oderstadt besucht.

Unverständnis für die Entscheidung

„Ich werde noch eine Weile brauchen, um diese Entscheidung nachvollziehen zu können“, schrieb Mathias Richel am Dienstagbend bei Twitter. Der in Frankfurt (Oder) geborene Kommunikationsexperte hatte mit seiner Berliner Agentur die Kampagne seiner Heimatstadt betreut. „Heute Abend bin ich nur sehr traurig. Ich habe eine begeisterte Stadtgesellschaft erlebt, deren Heimatstadt alle Kriterien für das Zukunftszentrum erfüllt und mit Leben gefüllt hat.“

Frankfurt (Oder) habe es in die finale Abstimmung gegen Halle geschafft. Es sei ein Kopf-an-Kopf-Rennen gewesen. „Allein darauf können dieser wundervolle Brückenkopf zwischen Ost und West und seine Menschen, die hier jeden Tag Europa leben, wahnsinnig stolz sein“, so Richel. Neben Halle an der Saale und Frankfurt an der Oder hatten sich auch Eisenach, Jena sowie das Duo Leipzig und Plauen beworben.

Frankfurts Oberbürgermeister René Wilke gratulierte Halle (Saale) am Abend zum Erfolg. „Für unsere Stadt ist es eine unverdiente Niederlage“, sagte er aber auch. „Dennoch hat uns der Bewerbungsprozess als Stadtgesellschaft gestärkt und bietet eine gute Basis, die Stadt der Brückenbauer gemeinsam weiter voranzubringen.“

Der Brandenburger Bundestagsabgeordnete Christian Görke (Linke) teilte mit: „Dies ist eine für mich nicht nachvollziehbare Entscheidung, die mich traurig stimmt, denn was hier auf die Beine gestellt und geleistet wurde in der Bewerbungsphase ist beispielhaft.“ Auch ohne Zukunftszentrum sei die Doppelstadt eine Zukunftsstadt, die in den letzten Jahren eine beeindruckende Entwicklung genommen habe.

Brandenburgs Kultur- und Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD) gratulierte am Mittwoch der Gewinnerstadt. „Halle hat gewonnen. Aber Frankfurt (Oder) hat nicht verloren“, so Schüle. Die in dem Prozess geweckte Begeisterung der Frankfurter für ihre Universität werde bleiben. „Die neu geknüpften Netzwerke können weiter gepflegt werden. Und auch ohne Zukunftszentrum brauchen wir die Brücke nach Osteuropa.“ Sie werde die Viadrina weiter dabei unterstützen, gerade auch ihre Ukraine-Kompetenzen auszubauen. „Frankfurt hat durch die Bewerbung bundesweit enorm an Ansehen gewonnen. Auf diesem Imagegewinn können wir aufbauen“, so die Ministerin.  

Frankfurt (Oder) habe sich mit einer „großartigen Kampagne“, um das Zentrum beworben, so Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Bereits der Bewerbungsprozess habe viel Energie und einen starken Zusammenhalt erzeugt. „Das ist schon ein Wert an sich. Und er wird nachwirken für die Entwicklung Frankfurts“, zeigte sich Woidke überzeugt. Die Chancen dafür stünden gut, denn auch in Frankfurt nehme die wirtschaftliche Entwicklung deutlich Fahrt auf.

„Nach der Standortentscheidung muss es nun um Inhalte und Aufstellung gehen. Das Zukunftszentrum als gesamtdeutsches Anliegen bedarf einer gesamtdeutschen Debatte darüber, was es leisten kann und muss“, betonte die Potsdamer Bundestagsabgeordnete Linda Teuteberg (FDP). Dabei seien nationale und europäische Perspektive kein Entweder-Oder. „Wir brauchen beides: Die innere Einheit Deutschlands und den gemeinsamen Blick auf die europäische Geschichte. Auf die auch geschichtspolitische Kriegserklärung Putins muss eine auch geschichtspolitisch fundierte Verteidigung unserer liberalen Ordnung folgen“, erklärte die FDP-Politikerin.

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