zum Hauptinhalt

Vorbestrafter Ex-Bürgermeister in Guben: "Wir wollen Hübner!"

Alles anders als gedacht: Wie sich in Guben Bürger hinter ihren vorbestraften Bürgermeister stellen.

Guben - „Er hat Bewährung, dann soll er sich auch bewähren!“ Ein Mann ruft das lauthals über die Köpfe der Stadtverordneten in Guben (Spree-Neiße) hinweg. Damit scheint klar, dass er am Sonntag sein Kreuz für den vorbestraften Ex-Amtschef Klaus-Dieter Hübner (FDP) gemacht hat. Der 64-Jährige hat die Stichwahl gewonnen – und könnte noch in diesem Monat sein Amt antreten. Aber die Mehrheit der Stadtverordneten will das noch verhindern. Mit einem Eilantrag soll in der Sitzung im Rathaus am Mittwoch über eine Suspendierung Hübners abgestimmt werden. Die Versammlung ist Dienstvorgesetzter des Bürgermeisters. Doch dann kommt alles anders als gedacht.

Wegen möglicher Verfahrensfehler ziehen die Antragssteller gleich zu Beginn der Sitzung die Beschlussvorlage zurück. „Wir wollen keine Fehler machen“, sagt der Vorsitzende der Wählergruppe „Wir Gubener Bürger“, Frank Kramer. Also soll der Antrag noch einmal bei der Stadt eingereicht werden – dieses Mal formal richtig. In einer Sondersitzung könnte dann darüber beraten werden. Voraussichtlich schon am nächsten Montag.

Die mehr als 100 Gubener, die ins Rathaus gekommen sind, können das alles nicht fassen. Sie platzen in den Saal, als die Sitzung schon läuft. Sie haben Hübner gewählt, warum soll er dann nicht ins Rathaus einziehen? Mit der Suspendierung wäre dem 64-Jährigen nämlich auch das Beziehen seiner Amtsräume verwehrt. Die Männer und Frauen sind wütend – es gibt Pfiffe, Buhrufe, Schreie. Sie fühlen sich von der Stadtverordnetenversammlung bevormundet und fordern: Rücktritt. „Ihr ignoriert uns doch schon wieder“, ruft ein Mann. „Wir haben den Bürgermeister gewählt und nicht Sie.“ Der noch amtierende Amtschef Fred Mahro (CDU), der wegen Hübners Korruptionsprozesses im Rathaus eingesprungen war, bleibt ruhig und appelliert an gegenseitigen Respekt. Das hilft etwas. Doch es wird immer wieder lauter an diesem Abend. Nach und nach gehen die Leute schließlich kopfschüttelnd. Sie können nicht begreifen, was hier abläuft. Hübner selbst ist nicht da. Seine Fraktionskollegin Monika Birkholz sagt, dass er nicht kommen wollte, „damit erst mal Ruhe einkehrt“.

Bewährungszeit läuft noch bis Anfang 2019

Zu früheren Amtszeiten begünstigte Hübner laut Gerichtsurteil eine Gartenbaufirma mit städtischen Aufträgen. Im Gegenzug kam der Betrieb auf Hübners Privatgrundstück und mähte den Rasen, setzte Pflanzen – alles kostenlos. Obendrein gab es immer wieder Blumensträuße – kostenlos. Das Urteil des Cottbuser Landgerichts – eineinhalb Jahre Haftstrafe auf Bewährung wegen Bestechlichkeit und Untreue – ist rechtskräftig.

Die Bewährungszeit läuft nach Angaben der damals anklagenden Staatsanwaltschaft Neuruppin noch bis Anfang 2019. Hübner hatte in Guben wegen des Korruptionsprozesses auch den Spitznamen „Berlusconi an der Neiße“ erhalten.

Die Stadt an der Grenze zu Polen mit knapp 18 000 Einwohnern ist nach der Wahl gespalten. Immer wieder hört man: Hübner, der Macher. Hübner, der nicht lange fackelte. Hübner hat uns nach vorne gebracht. Es gibt aber auch die Bürger, die ihn für nicht tragbar halten. „Er versteht es, die Leute aufzuputschen“, sagt eine ältere Frau. „Er ist ein Blender.“ Am Montag  tagt der Wahlausschuss, der noch das vorläufige Endergebnis der Bürgermeisterwahl bestätigen muss. Dann muss Hübner noch die Wahl annehmen – und es könnte für ihn losgehen im Rathaus. Falls die Stadtverordnetenversammlung nicht seine Suspendierung beschließt – und der Landkreis Spree-Neiße als zuständige Rechtsaufsichtsbehörde nicht noch ein Disziplinarverfahren gegen ihn wegen Verfehlungen einleiten wird. Der Landkreis will sich erst äußern, wenn das Wahlergebnis feststeht.

Anna Ringle

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false