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Péter Vida, Fraktionsvorsitzender BVB/Freie Wähler, im Landtag Brandenburg.

© Soeren Stache/dpa

Interview mit Péter Vida, Fraktionschef von BVB/Freie Wähler: "Wir setzen auf Inhalt und Sachlichkeit"

Mit fünf Abgeordneten stellen sie die kleinste Fraktion im Brandenburger Landtag. Doch für BVB/Freie Wähler war der Einzug in Fraktionsstärke 2019 ein Riesenerfolg. Der Fraktionschef der Wählergruppe, Péter Vida, im Interview.

Herr Vida, seit einem Jahr gibt es eine Fraktion von BVB/Freie Wähler im Landtag. Wo stehen Sie heute?

Wir sind im Landtag angekommen. Wir konnten zeigen, dass wir zu allen Themen sprechfähig sind. Wir haben uns in Dinge einarbeiten können, zu denen wir ursprünglich keine Verbindung hatten. Und wir arbeiten strukturierter und output-orientierter als früher. Wir sind mit fünf Abgeordneten jetzt thematisch deutlich breiter aufgestellt.

Was haben Sie als kleinste Fraktion des Parlaments erreichen können?

Wir haben die Marke BVB/Freie Wähler landesweit bekannt gemacht. Vor einem Jahr hatten wir in Brandenburg noch weiße Flecken, wo man mit uns nichts anfangen konnte. Wir haben das Thema Erschließungsbeiträge so auf die politische Tagesordnung gesetzt, dass da keine andere Fraktion mehr herumkommt. Wir haben Signale bekommen, dass unser Antrag zur Vertretung kleiner Orte in der Regionalversammlung der Planungsgemeinschaften, die Windeignungsgebiete festlegen, sehr gute Chancen hat, im Ausschuss angenommen zu werden – natürlich mit einigen Veränderungen. Auf unseren Antrag zum Versicherungsschutz für Ehrenamtliche sind die Regierungsfraktionen und die Linken mit draufgegangen, so dass er im Parlament angenommen werden wird. Und wir setzen uns kritisch mit Tesla auseinander. Da spielen wir eine gewisse Schwerpunktrolle im Landtag. Insgesamt haben wir für Themen, die ansonsten untergegangen wären – etwa die Altanschließer oder die Begrenzung der Eigenbedarfskündigungen - Öffentlichkeit geschaffen. Wir haben manches Problem lösen können, und alles andere zumindest einer kritischeren Betrachtung zuführen können, als es ohne uns geschehen wäre.

Sie hatten zu Beginn der Legislaturperiode ja sogar Sondierungsgespräche mit CDU und SPD. Wie ist heute eigentlich das Gesprächsklima hinter den Kulissen? In wieweit werden die Freien Wähler ernst genommen?

Ich glaube, die übrigen Fraktionen haben gemerkt, dass wir eine auf Inhalt und Sachlichkeit setzende Kraft sind. Wir sind im Gespräch mit dem Regierungslager und den Linken, und können manches Mal auch zusammenarbeiten. Aber wir betonen natürlich auch unsere eigenen Positionen, dort wo es Unterschiede gibt. Die Sondierungsgespräche waren eine Sache, die wir als Zeichen gewertet haben, dass man uns ernst nimmt. Wir haben damals schon das signalisiert, was wir heute machen: Wir können in bestimmten Dingen der Koalition zustimmen und bei anderen Themen grenzen wir uns klar inhaltlich ab.

Der Plenarsaal des Brandenburger Landtags im Potsdamer Stadtschloss.
Der Plenarsaal des Brandenburger Landtags im Potsdamer Stadtschloss.

© Sebastian Gabsch PNN

Werden Sie besser behandelt, als in der letzten Legislaturperiode?

Ja, ganz eindeutig. Ich sehe das an den Abstimmungen in den Runden der Parlamentarischen Geschäftsführer. Oder daran, dass man uns bei Anträgen miteinbezieht. Oder daran, dass man uns bei den Diskussionen um die Redezeit miteinbezieht. Insofern ist das heute eine ganz andere Kollegialität als früher – die uns aber nicht inhaltlich blauäugig werden lässt.

Im Landtag wird aufgrund der Positionierungen von Andreas Galau (AfD) über eine Verfassungsänderung diskutiert, wonach der Vizepräsident nicht automatisch von der zweitstärksten Fraktion gestellt werden soll. Wie sehen Sie das?

Eine Verfassungsänderung ist eine sehr weitreichende Maßnahme. Sie muss präzise vorbereitet sein. Brandenburg hat seine Erfahrung mit verfassungsrechtlichen Schnellschüssen gemacht, auch in anderen Bereichen. Deswegen muss die Koalition nun einen Vorschlag machen. Darüber wird man diskutieren. Der muss präzise sein, und er muss so gestrickt sein, dass er nicht nur die kurzfristigen Ziele beachtet, sondern über die Wahlperiode hinausträgt. Wenn die Koalition so einen Vorschlag vorlegt, werden wir uns das wohlwollend anschauen. Aber die Koalition muss dazu einen lesbaren und prüffähigen Vorschlag unterbreiten.

Sollte der Vizepräsidentenposten auch weiterhin von der Opposition gestellt werden?

Prinzipiell wäre das natürlich unsere Forderung, aber das ist genau eine der rechtlichen Fragen, die wir klären müssen. Es gibt da im Moment parlamentarische Bräuche. Eine mögliche Verfassungsänderung muss hieran anknüpfen. Deswegen müssen wir das prüfen lassen. Das geht aber nicht mit Ein-Satz-Statements auf irgendeiner Pressekonferenz, sondern nur mit einer juristischen Gesamtbetrachtung.

Stünden die Freien Wähler für einen Vizepräsidentenposten zur Verfügung?

Wir haben in den letzten Monaten, glaube ich, deutlich unter Beweis gestellt, dass es uns um Inhalte geht – und nicht um Personal und Posten. Deswegen stellt sich so eine Frage aus unserer Sicht – wenn überhaupt – erst nach den nötigen juristischen Klärungen und der Verfassungsänderung.

Lassen Sie uns noch etwas über den Landesverband der Freien Wähler reden. Wo stehen Sie da?

Wir haben seit der letzten Wahl einige Wählergruppen dazubekommen. Wir werden im kommenden Jahr noch einmal zielgerichteter in den Regionen werben, wo wir noch Schwächen haben – das ist der Spreewald und das ist die Prignitz. Dann stehen für uns die Bürgermeisterwahlen an.

 Die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge hatten die Freien Wähler bereits mit einer Volksinitiative möglich gemacht
 Die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge hatten die Freien Wähler bereits mit einer Volksinitiative möglich gemacht

© Foto (Archiv): Andreas Klaer

Wie viele Bürgermeister stellen Sie denn?

Wir haben im Moment fünf hauptamtliche Bürgermeister, und eine Reihe ehrenamtliche Bürgermeister – und wir hoffen, dass in Neuruppin der nächste dazukommt. Dort wollen wir um den Sieg mitspielen. Uns ist die Arbeit in der Kommune ja besonders wichtig: Nur wer dort gute Arbeit leistet, legitimiert sich auch für die Landesebene. Wir legen Wert darauf, dass bei uns niemand sagt: „Ich bin Landespolitiker, und mit der Ebene vor Ort will ich nichts zu tun haben.“ Wer sich nur für Höheres berufen fühlt und die Kernerarbeit in den Kommunen scheut, hat bei uns keine Chance.

Werden BVB/Freie Wähler für die Bundestagswahlen antreten?

Diese Entscheidung liegt beim Bundesverband der Freien Wähler, also in München. Wenn der Bundesverband sagt, dass er antritt, werden wir auch in Brandenburg Kandidaten aufstellen und den Wahlkampf unterstützen. 

Wie ist denn die Zusammenarbeit mit den Freien Wählern in Bayern, die ja an der Regierung beteiligt sind?

Wir sind als BVB/Freie Wähler ein eigenständiger Verband. Aber wir pflegen eine freundschaftliche Kooperation. Das gilt besonders für überregionale Themen, aber auch bei anderen großen Themen. Da profitieren wir von der Regierungsexpertise der Bayern. Und bei der Bundespräsidentenwahl oder der Wahl zum Europaparlament arbeiten wir natürlich auch zusammen.

Was sind Ihre Ziele für das kommende Jahr?

Wir wollen das Netzwerk der Wählergruppen verdichten. Wir wollen die Volksinitiative zu den Erschließungsbeiträgen, die wir am Sonntag beschließen wollen, erfolgreich auf den Weg bringen. Noch in diesem Herbst werden wir mit der Unterschriftensammlung dafür beginnen. Und wir wollen strukturell in der Lage sein, bei jeder Bürgermeisterwahl, also zum Beispiel in Schwedt, und erst Recht bei jeder Landratswahl mit einem hinreichend starken Kandidaten ins Rennen zu gehen.

Zur Person

Péter Vida, 36, ist seit 2009 Mitglied der Vereinigung BVB / Freie Wähler, seit 2013 deren Landesvorsitzender. Im Oktober 2014 kam er über die Landesliste in den Brandenburger Landtag. Bei der letzten Landtagswahl 2019 holte Vida das Direktmandat im Wahlkreis Barnim II und ist seitdem auch Vorsitzender der erstmals gebildeten BVB/ Freie Wähler-Fraktion. Einer der politischen Schwerpunkte ist die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge. Der Rechtsanwalt ist ledig und lebt in Bernau.

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