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Zweifelhafte Förderung. Die ILB hatte keine rechtliche Handhabe, die Auszahlung nicht vorzunehmen. Wirtschaftsminister Christoffers selbst soll von den fehlenden Bonitätsprüfungen gewusst haben.

© dpa

Die Causa Christoffers: „Wir hatten von Anfang an Bauchschmerzen“

In der HBS-Betrugsaffäre verteidigt die ILB die Millionenzahlung – und übernimmt Verantwortung dafür.

Potsdam - Brandenburgs Investitionsbank (ILB) will in der Betrugsaffäre um die Pleitefirma Human Bioscience (HBS) versuchen, wenigstens einen Teil der gezahlten Fördergelder von 6,4 Millionen Euro zurückzuholen. Das hat ILB-Vorstand Gabriela Pantring am Mittwoch im Wirtschaftsausschuss des Landtages angekündigt. „Wir leiten den Widerruf des Zuwendungsbescheides in die Wege“, sagte Pantring. Mit ihrem Auftritt übernahm die ILB weitgehend selbst die Verantwortung dafür, dass am 28. September 2012 noch einmal 3,2 Millionen Euro an die HBS ausgezahlt worden waren, obwohl es vorher bereits Hinweise auf Betrug, Unseriosität und fehlende Bonität gegeben hatte. Zwar gibt es in der Förderakte viele Indizien, dass Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) – er ist Vize-Verwaltungsratschef, also stellvertretender Chefkontrolleur der ILB – unbedingt eine Auszahlung der monatelang gesperrten Gelder für HBS wollte. Aber weder Pantring noch der zuständige ILB-Bereichsleiter Berndt-Martin Schmidt bestätigten eine solche Einflussnahme. „Wir haben Ermessensspielräume walten lassen. Dazu stehen wir auch“, erklärte Pantring. Und sie betonte mehrfach, wie gründlich, und „weit über dem Standard“ im Fall HBS die Prüfungen durch die ILB erfolgt seien. Die Fakten, die sie dann präsentierte, standen dazu allerdings in deutlichem Widerspruch.

Zumindest bestätigte Pantring, dass das HBS-Projekt, bei dem in Luckenwalde für 40 Millionen Euro ein Werk für Wundpflaster mit Heilwirkung errichtet werden sollte, für die ILB immer ein Problem war. „Wir hatten von Anfang an Bauchschmerzen.“ So habe die ILB 2007 eine ablehnende Vorlage für den Landesförderausschuss formuliert, dies aber auf Bitten des Wirtschaftsministeriums – es war die Amtszeit von CDU-Minister Ulrich Junghanns – zurückgezogen. Der Förderbescheid von 2008 sei aber besonders gründlich und streng gewesen.

Und genau da bleibt die ILB angreifbar. Pantring bestätigte, dass die ILB bei der 3,2-Millionen-Zahlung an HBS am 28. September vom geltenden Förderbescheid abwich. Obwohl der es für jeden Mittelabruf verlangt, musste HBS keine Bankbestätigung vorlegen, dass die Gesamtfinanzierung und die Bonität gesichert sind. Das Entgegenkommen begründete Pantring mit der internationalen Konstruktion von HBS, das keine Bankenbeteiligung vorsah. Daher habe man alternativ geprüft. Und Pantring räumte ein, dass die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft der HBS zwar die Gesamtfinanzierung attestierte, aber die Bonität gar nicht geprüft hatte. Das machte die ILB selbst – auf Grundlage von von der HBS vorgelegten Dokumenten. Man habe keine Anzeichen erkennen können, dass da etwas fehlerhaft gewesen sei. Im Widerspruch dazu steht, dass seit Monaten auf der HBS-Baustelle die Arbeiten ruhten, was man am 11. September 2012 beim Vor-Ort-Termin hätte sehen können, dass am 26. September 2012 bei dem Termin mit Christoffers HBS mit Zahlungsunfähigkeit drohte, falls die Millionenrate nicht bis 1. Oktober kommt. Am 28. September kam das Geld. Zwar sagte Pantring: „Heute würden wir in so einem Fall nicht mehr auszahlen.“ Doch nach ihren Worten waren damals, als überwiesen wurde, aus Sicht der ILB alle offenen Fragen geklärt, waren nach den eigenen Prüfungen, die die ILB auch heute noch für gründlich hält, alle Hinweise auf Betrug entkräftet. Und zwar sowohl die, wegen der die ILB am 3. April 2012 die Staatsanwaltschaft eingeschaltet hatte, wegen des Verdachts der weit überteuerten Abrechnung von Gefriertrocknern. Als auch eine zweite Meldung an die Staatsanwaltschaft, die noch am 11. September 2012 geschickt wurde, mit Hinweisen auf Ungereimtheiten bei HBS-Patenten. Wie Pantring sagte, habe die ILB am 27. September 2012 der Staatsanwaltschaft mitgeteilt, dass aus Sicht der ILB die vorherigen „Mitteilungen hinfällig“ seien. Die Ermittlungsbehörde ließ sich davon allerdings nicht beirren, forderte am 5. November 2012 Akten an, leitete ein Ermittlungsverfahren ein.

Zwar wiederholte Pantring, dass es für die ILB damals angeblich „keine rechtliche Handhabe“ gegeben habe, die Auszahlung nicht vorzunehmen – wegen des rechtskräftigen Förderbescheides. So argumentieren auch Christoffers und Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Aber für die Opposition im Landtag ist das nicht länger haltbar, da keine Bonitätserklärungen von HBS vorlagen – obwohl die im Förderbescheid klar verlangt waren. Damit habe das Verfahren eine „böse Schlagseite“ bekommen, nicht nur für die ILB, sondern auch für den Minister, der den Fall an sich gezogen habe, sagte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. Christoffers habe von den fehlenden Bonitätsprüfungen gewusst, damit als Fachaufsicht versagt, erklärte CDU-Wirtschaftsexperte Dierk Homeyer. Beide n forderten erneut den Rücktritt des Ministers. Thorsten Metzner

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