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Brandenburg: Traumschloss mit Luftbuchung

Bundesweite Großrazzia gegen Besitzer von Schloss Boitzenburg / Millionen Fördermittel unterschlagen?

Bundesweite Großrazzia gegen Besitzer von Schloss Boitzenburg / Millionen Fördermittel unterschlagen? Von Peter Tiede Potsdam/Magdeburg - Ermittler in Brandenburg und Sachsen-Anhalt sind offenbar einem groß angelegten Subventions- und Abrechnungsbetrug beim Kauf und bei der Sanierung von drei Schlössern auf der Spur. In acht Bundesländern durchsuchten gestern 150 Beamte der Landeskriminalämter Brandenburg und Sachsen-Anhalt sowie 15 Staatsanwälte 23 Büro-, Geschäfts- und Privatwohnungen. Die beiden Hauptbeschuldigten Oliver E. (43) aus Hamburg und Stephan H. aus Niedersachsen sollen für die Kosten für die Sanierung von Schloss Boitzenburg in der Uckermark und von zwei Schlössern in Sachsen-Anhalt gezielt die Kosten zu hoch kalkuliert und abgerechnet und so mehrere Millionen Euro Fördermittel von Bund und Ländern zu unrecht klassiert haben. Ermittelt wird gegen insgesamt acht Geschäftsleute. Allein in Boizenburg, so der Vorwurf der Ermittler, sollen für die Sanierung des Schlosses mehr als 40 Millionen Euro veranschlagt worden sein. Nach PNN-Informationen soll die Investitions Landesbank Brandenburg (ILB) die Sanierung des Schlosses mit etwa 23 Millionen Euro gefördert haben. Tatsächlich, so der Vorwurf der ermittelnden Staatsanwaltschaft Potsdam, sollen die Sanierungskosten lediglich bei 20 Millionen Euro gelegen haben – also sogar deutlich unter der eigentlichen Fördersumme. Ermittelt wird in diesem Zusammenhang auch gegen einen Architekten und eine Wirtschaftsprüferin. Beide sollen an den falschen Kalkulationen mitgewirkt bzw. die falschen Abrechnungen testiert haben. Neben den zu unrecht kassierten Fördermitteln für Sanierung und Umbau des Schlosses erhielten die Boitzenburger Schlossherren auch noch mehrere Millionen Euro an Förderung vom Arbeitsamt Eberswalde und vom Land Brandenburg für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Das Schloss Boitzenburg – einst Sitz der Familie von Arnim und zu DDR-Zeiten Erholungsheim der Nationalen Volksarmee – war 1998 von der Treuhand-Anstalt für einen Euro an die Firma BrasPol/Schloss Boitzenburg KG verkauft worden, die dort ein Familien- und Kinderhotel einrichtete. Hinter BrasPol und der Schloss Boitzenburg KG standen laut Ermittlungsbehörden die beiden Hauptbeschuldigten in dem aktuellen Verfahren: Oliver E. und Stephan H. Die Verantwortung für die Sanierung des Schlosses hatten sie an eine externe Firma aus ihrem Umfeld delegiert, die aber einen Teil der fälligen Steuern nicht bezahlte. Das Finanzamt Magdeburg nahm daraufhin die Schloss Boitzenburg KG in Haftung. Als diese die Steuern auch nicht bezahlen konnte oder wollte, wurde das Schloss gepfändet. Die Schloss KG stellte daraufhin beim Amtsgericht Neuruppin im September 2004 Insolvenzantrag. Allerdings zogen die beiden Hauptbeschuldigten den Antrag schon Anfang Oktober wieder zurück. Als das Amtsgericht das Verfahren von sich aus Ende Oktober wieder eröffnete, stellten die Amtsrichter allerdings fest, das Schloss bereits weiterverkauft worden war – an die Drachenfels 30 Vvag. Deren Chefs und Eigentümer waren allerdings wieder die alten: Oliver E. und Stephan H. Ein vom Amtsgericht als Insolvenzverwalter eingesetzter Anwalt aus Berlin ließ von Wirtschaftsprüfern die Buchhaltung der Schloss Boitzenburg KG prüfen. Ergebnis: gefälschte Kalkulationen, Luftbuchungen, fingierte Rechnungen und – so der Verdacht der Ermittler – umgelenkte, zweckentfremdete Fördermittel. Nach fast dem identischen Muster sollen die Beschuldigten auch in Sachsen-Anhalt beim Schloss Altenhausen und beim Wasserschloss Flechtingen vorgegangen sein, wie das LKA in Magdeburg gestern auf Anfrage mitteilte. Auch dort soll der Schaden mehrere Millionen Euro betragen. Die gestrigen Ermittlungen fanden in Berlin, Brandenburg, Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Schleswig-Holstein statt. Das Hauptverfahren wird in Magdeburg geführt. Die dortige Staatsanwaltschaft hatte den Brandenburger Teil an die Staatsanwaltschaft Potsdam, die in Brandenburg für Wirtschaftskriminalität zuständig ist, abgegeben.

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