zum Hauptinhalt
Märkischer Wein. Brandenburgs Landwirte müssen sich auf den Klimawandel einstellen. Weinanbau könnte bei den wärmeren Temperaturen ein lohnendes Geschäft sein. Auch Oliven könnten hierzulande gedeihen.

© Bernd Wüstneck/dpa

Brandenburg: Tempranillo und Wildkräuter

Brandenburgs Landwirte reagieren auf den Klimawandel Gesucht werden robuste und wassersparende Sorten

Potsdam - Peter Kaim muss nur auf seine Felder schauen, um zu erkennen, wie er mit dem Klimawandel umgehen muss. „Meine neue Wildkräutermischung steht richtig gut, aber der Mais daneben vertrocknet gerade und wächst nicht mehr“, sagt der Landwirt, der seinen Hof in Ribbeck im Havelland nordwestlich von Potsdam bewirtschaftet. Beides, Wildkräuter und Mais, nutzt Kaim für seine Biogasanlage. Die Samen der Kräuter sind zwar etwas teurer, dafür muss Kaim sie im nächsten Jahr nicht wieder sähen. „Die blühen jetzt die nächsten sechs bis zehn Jahre“, sagt er. Viel wichtiger: Die Wildkräutermischung schlägt tiefere Wurzeln und kommt fast ohne Wasser aus.

Brandenburg erlebt 2018 einen Jahrhundertsommer – mal wieder. Seit Ostern hat es nur einmal flächendeckend geregnet, längst herrscht überall Dürre und Waldbrandgefahr. Auch für die kommenden Tage erwarten Meteorologen Hitze. Für die Landwirte in der Mark hat das teils existenzielle Folgen. Sie erwarten wie schon im vergangenen Jahr, als es tagelangen Starkregen gab, Ernteausfälle. Wie 2017 wird wohl auch in diesem Jahr das Land den Bauern finanziell unter die Arme greifen müssen. Bei einem Treffen mit dem Landesbauernverband stellte Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD) unlängst Hilfen in Aussicht.

„Unsere Landwirte müssen sich den klimatischen Veränderungen anpassen“, sagt Thorsten Mohr, Referent für Ackerbau beim Brandenburger Landesbauernverband. Dort beobachtet man extreme Wetterphänomene mit Sorge. „Wir bemerken, dass seit Jahren der April und Mai immer trockener werden – da kann man als Landwirt reagieren“, sagt Mohr. Er erwartet, dass sich das Anbauspektrum im Land verändern wird, hin zu robusteren Pflanzen. „Roggen und Wintergerste, die weniger Wasser benötigen werden mehr, Weizen wird weniger werden“, prognostiziert er. Den Anbau von Oliven, wie ihn Klimaexperte Ernst Rauch zuletzt in einem PNN-Interview gefordert hatte, erwartet Mohr dagegen nicht: „Dafür sind die Winter noch zu kalt.“ Immerhin Auberginen würden inzwischen aber in Brandenburg gepflanzt – in Gewächshäusern.

Dabei sei die Produktion von südeuropäischen Produkten möglich, berichtet Manfred Lindicke. In Werder (Havel) betreibt er seit über 25 Jahren Weinbau. Auf einer Versuchsfläche hat er insgesamt 145 verschieden Rebsorten gepflanzt. „Ich habe hier auch 20 Stöcke Tempranillo und Shiraz.“ Klimatisch sei der Anbau inzwischen unproblematisch, im Moment sei es sogar zu trocken. Anspruchsvoll seien nur die Böden und auch die Kunden würden leichtere, weniger alkoholreiche Weine bevorzugen. „Für uns macht es noch keinen Sinn, auf den Klimawandel mit neuen Sorten zu reagieren“, sagt er.

Anders ist es bei Peter Kaim in Ribbeck. Als einer der ersten Bauern im Land achtete er 2007 auf eine wassersparende Bodenbearbeitung. „Bei mir entstand dieses neue Denken aus der ökonomischen Not heraus“, erinnert er sich. „Dann stiegen die Erträge wieder.“ Weniger Kosten, mehr Ertrag – eine Win-Win-Situation. Seine Äcker pflügt er inzwischen nur noch marginal, so verlieren sie nur wenig Feuchtigkeit. „Am liebsten würde ich die Böden ganz in Ruhe lassen, aber dann müsste ich Glyphosat sprühen.“ Außerdem achte er mit Untersaaten darauf, dass die Böden stets im Schatten der Pflanzen bleiben. Längst melden sich bei Kaim Bauern, die wegen der Dürre in Not geraten. „Wir Bauern können uns ja helfen“, sagt er selbstbewusst. „Wir wollen nicht die Natur verändern, sondern nur besser mit ihr umgehen.“ Felix Hackenbruch

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false