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Brandenburg: Politische Debatte über Flüchtlingskrise: Tabubruch in der SPD

Die Flüchtlingspolitik hinterlässt auch bei den beiden großen Volksparteien SPD und CDU in Brandenburg tiefe Spuren. Über alte und neue Fronten - und die Verwirrung nach dem Tabubruch von Landrat Burkhard Schröder (SPD).

Potsdam - Und er schweigt. Der offizielle Besuch von Havelland-Landrat Burkhard Schröder (SPD) bei der rechtspopulistischen Landtagsfraktion schlägt weiter hohe Wellen. Schröter selbst, dienstältester Landrat in Brandenburg und Schatzmeister der Landes-SPD, tauchte am Mittwoch ab. Er war für die PNN nicht zu erreichen, eine schriftliche Anfrage blieb bis zum Abend unbeantwortet. Seine Verwaltung schob „Termingründe“ vor.

Distanzierung von Tabubruch Schröders (SPD)

In und außerhalb der SPD ging man auf Distanz zu dem Tabubruch Schröders, der die Linie von SPD, Linken, CDU, Grünen und Freien Wählern im Umgang mit der AfD konterkariert. „Das geht gar nicht. Das ist nicht nachvollziehbar“, sagte auch Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), der Präsident des Städte- und Gemeindebundes im Land. Die eigene Partei auf Landesebene und im Havelland distanzierte sich von Schröder. „Das falsche Zeichen, zur falschen Zeit“, sagte Geywitz, die im Laufe des Tages mit Schröder sprach, der offenbar weiter nichts an der Visite bei den Rechtspopulisten findet. „Wir haben festgestellt, wir haben in dieser Frage unterschiedliche Positionen.“ Der SPD-Unterbezirksvorsitzende des Havellandes, Wissenschaftsstaatssekretär Martin Gorholt, sagte zum AfD-Besuch Schröders: „Ich finde das falsch und unangemessen.“

Schröder hatte mit den AfD-Parlamentariern im Landtag über die geplante Kreisreform debattiert. Ein gemeinsames Gruppenfoto des Besuchs hatte die AfD danach veröffentlicht. Deren Vorsitzender Alexander Gauland hatte jüngst Bundeskanzlerin Angela Merkel wegen ihrer Flüchtlingspolitik als „Schleuserin“ angezeigt, auf einer Anti-Asyl-Kundgebung die Menge zum Jubel mit dem Satz getrieben: „Wir wollen das nicht schaffen.“

„Die SPD im Havelland bietet ein irritierendes Bild"

Die CDU-Landtagsabgeordnete Barbara Richstein sagte: „Die SPD im Havelland bietet ein irritierendes Bild.“ Richstein hatte die Bürgermeisterwahl in Falkensee mit einem hauchdünnen Rückstand von 400 Stimmen gegen SPD-Amtsinhaber Heiko Müller verloren. Richstein erinnerte daran, dass es vor der Wahl eine Wahlempfehlung der AfD in Falkensee für Müller gegeben habe, „von der sich der SPD–Kandidat trotz einer Aufforderung aus der eigenen Partei nicht distanzierte“, sagte Richstein. „Und zwei Tage später ist der Havelland-Landrat bei der AfD“.

Linke-Landesgeschäftsführerin Andrea Johlige sprach von einem „verstörenden Vorgang“ und von einem „Tabubruch“. „Einen Tag, nachdem die AfD im Kreistag von Havelland gemeinsam mit der NPD weitere Unterkünfte für Asylbewerber abgelehnt hat, setzt sich der Landrat ins Auto und fährt zur AfD nach Potsdam“, sagte Johlige. „Die SPD hat da Klärungsbedarf.“ Grünen-Fraktionschef Axel Vogel forderte erneut, dass SPD-Landeschef Dietmar Woidke eingreift. Er solle ein klärendes Gespräch mit Schröder führen, ob der für die Funktionen als Landrat und SPD-Landesschatzmeister noch geeignet sei. Das Agieren sei instinktlos.

Jusos reagieren schockiert

„Schockiert“ reagierten die Jusos, die Parteijugend der Brandenburger SPD. In einer Erklärung distanzierten sich die Jusos von Schröder und dem SPD-Unterbezirkschef von Potsdam-Mittelmark, Matthias Schubert, der jüngst „eine Begrenzung der Flüchtlingsaufnahme, die Einführung eines Kontingents und die Einschränkung des Asylrechts“ gefordert hatte. „Bei allen aktuellen Herausforderungen, sei es die Flüchtlingssituation oder die Verwaltungsstrukturreform, legen wir großen Wert auf überparteiliche Zusammenarbeit, aber mit diesen Anbiederungsversuchen bei der AfD und deren Klientel, haben beide ganz klar die rote, bzw. braune Linie überschritten“, sagte Juso-Landeschefin Maja Wallstein. „Beide haben, obwohl sie Mitglieder im SPD-Landesvorstand Brandenburg sind, sich mit diesem Handeln weit von der Sozialdemokratie entfernt und überaus parteischädigend gehandelt und sollten sich davon umgehend distanzieren.“ 

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