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Brandenburg: Stürmische Zeiten

Sturmtief „Felix“ richtete in der Region zahlreiche Schäden an und es gab mehrere Verletzte. Die Meteorologen erwarten noch bis Ende der Woche sehr windiges Wetter über Deutschland.

Potsdam/Berlin - Eigentlich bedeutet „Felix“ der Glückliche – doch seinem Namen wurde das Orkantief, das am späten Samstagnachmittag über Brandenburg und Berlin zog, kaum gerecht. In der Region kam es zu zahlreichen Schäden an Bahnlinien, Straßen und Gebäuden nicht zuletzt wurden auch Menschen verletzt. In Brandenburg wurden durch umgestürzte Bäume drei Menschen schwer verletzt. Ein 56-Jähriger sei weiter in kritischem Zustand, sagte ein Polizeisprecher am Sonntag. Er schwebe immer noch in Lebensgefahr. Der Mann war am Samstagnachmittag mit seinem Hund trotz des Sturms unterwegs. Im Landkreis Mittelmark krachte zwischen Werder und Petzow ein Baum auf ein Auto. Die zwei Insassen wurden schwer verletzt. Einer von ihnen war zunächst eingeklemmt, konnte aber befreit werden. Anfangs war von drei Insassen die Rede.

Das Sturmtief hatte zahlreiche Bäume entwurzelt und Straßen blockiert. Die Feuerwehr war Dutzende Male im Einsatz: In der Region rund um die Landeshauptstadt rückten die Einsatzkräfte 88-mal aus, wie ein Sprecher sagte. In der Lausitz gab es nach Feuerwehrangaben bis zum Samstagabend 108 Einsätze. In Berlin wurde die Feuerwehr bis zum späten Abend zu etwa 300 wetterbedingten Einsätzen gerufen worden, sagte ein Sprecher am Sonntag. „Wir hatten Ausnahmezustand“, so der Sprecher. Der Sturm deckte Dächer ab und riss Bäume um. Diese stürzten auf Autos, Dächer und Gleise. So kam es am späten Samstagnachmittag zu zwei S-Bahn-Unfällen. In Tempelhof krachte ein Zug gegen einen Baum und sprang aus den Gleisen. Der Fahrer wurde in ein Krankenhaus gebracht, die rund 100 Passagiere blieben unverletzt. Auf der Strecke zwischen Grunewald und Potsdam konnte eine S-Bahn ebenfalls nicht mehr rechtzeitig bremsen und fuhr gegen einen Baum. Etwa 250 Menschen mussten aussteigen und über eine Böschung in Busse gebracht werden.

Ausnahmezustand in Berlin

Großes Glück hatte am Samstag ein Autofahrer, dem am Köllnischen Park in Berlin-Mitte ein umstürzender Baum aufs Auto kippte. Ihm selbst passierte fast nichts, er kam mit leichten Blessuren in ein Krankenhaus, am Wagen entstand Totalschaden. Um 16.47 Uhr war in Berlin wetterbedingt der Ausnahmezustand ausgerufen worden, etwa 500 Ehrenamtliche der Freiwilligen Wehren sollten die Berufsfeuerwehr wie schon am Freitag unterstützen. Zoo und Tierpark hatten vorsorglich bereits um 13 Uhr geschlossen.

Auch die Bahn- und S-Bahnstrecke parallel zur Avus war betroffen. Bei Nikolassee wurde eine Regionalbahn auf freier Strecke durch einen umgestürzten Baum gestoppt, 250 Fahrgäste mussten aus dem Zug geholt werden, teilte die Feuerwehr mit. Auch die Oberleitung der Bahn wurde beschädigt. Um die Strecke nach weiteren möglichen Schäden absuchen zu können, wurde ein Hubschrauber der Bundespolizei angefordert. Auch der Fernverkehr war betroffen: Um 17 Uhr stellte die Bahn die Fahrten zwischen Berlin und Hamburg für Stunden ein. Auch nach Aufhebung der Sperrung gab es zunächst keinen regulären Fahrplan. Zusätzlich wurden zwischen den Städten Busse eingesetzt.

Sturmschäden legt Bahnverkehr lahm

Bei der Berliner S-Bahn wurden 16 Fahrzeuge nach Angaben einer Sprecherin bei dem Sturm am Samstag beschädigt, meist waren die Züge gegen umgefallene Bäume oder abgebrochene Äste gefahren. In Wedding lag aber auch ein umgestürztes Baugerüst auf den Gleisen. Verletzt wurde niemand. Weil in der Dunkelheit Hindernisse nur schwer oder gar nicht zu erkennen waren, stellte die S-Bahn einen Großteil des Verkehrs vorübergehend ein oder die Züge fuhren so langsam, dass der Fahrplan nicht mehr einzuhalten war. Mit den Folgen hatten die S-Bahn – und die Fahrgäste – bis Sonntagnachmittag zu kämpfen. Erst kurz vor 15 Uhr konnte die S-Bahn melden, dass alle Sturmschäden beseitigt waren und die Züge wieder nach Plan fuhren.

Vorwürfe, die Bahn spare am Personal beim Überprüfen der Standfestigkeit von Bäumen entlang ihrer Strecken, wies die Sprecherin zurück. Bundesweit gebe der Konzern jährlich rund 90 Millionen Euro für die „Vegetationspflege“ aus. Grundsätzlich muss an den Gleisen jeweils ein sechs Meter breiter Schutzstreifen frei von Bewuchs gehalten werden. Dies gelte für 32 000 Kilometer. Allein das Netz der S-Bahn in Berlin und Brandenburg umfasst 330 Kilometer, wobei die Gleise größtenteils im Freien liegen und häufig durch Wälder führen. Seit 2007 gebe es einen verbindlichen Pflegeplan für die Vegetation entlang der Bahnstrecken, sagte die Sprecherin. Regelmäßig überprüften Mitarbeiter oder Fachfirmen dabei auch die Standfestigkeit von Bäumen. In diese hineinschauen könne man allerdings nicht. Fachleute seien aber in der Lage, Schäden zu erkennen, etwa an der Rinde oder auch an der Krone.

In Wannsee wütet der Wind mit 133 km/h

Die Wetterkundler von Meteogroup maßen Böen bis zu Stärke 9 und 10. Eine der stärksten Windböen wurde in Neuruppin mit 119 km/h gemessen. Die ARD meldete am Abend und die Unwetterzentrale sogar eine Spitzenböe von 133 Stundenkilometern in Berlin-Wannsee. Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Offenbach ist frühestens Ende der kommenden Woche mit einer Wetterberuhigung zu rechnen. Der Norden bekommt generell den meisten Wind und Regen ab, zur Wochenmitte sind dort auch wieder schwere Sturmböen dabei. Im Süden ist es weniger stürmisch und es gibt auch mal längere trockene Phasen. Auch am heutigen Montag gilt in der Region noch Warnstufe 1. Am Donnerstag erreicht uns voraussichtlich ein neues Sturmtief. Damit kommen zunächst in der Nordwesthälfte verbreitet Regenfälle und frischer bis starker Südwestwind auf. Vom Sturmtief "Elon" am vergangenen Freitag blieb Potsdam weitgehend verschont, dafür richtete er in weiten Teilen Brandenburgs erheblichen Schaden an.

Auch Sturmböen sind dann selbst in den Niederungen wieder möglich. Ursache für die langwierige Sturmlage ist nach Angaben vom Deutschen Wetterdienst (DWD) ein gigantisches Zentraltief über Island („Christian“), das immer wieder kleinere Tiefdruckgebiete nach Europa schickt. Schwere Stürme und Orkane sind im Januar laut DWD nichts Ungewöhnliches. „Das ist sogar recht typisch, weil die Temperaturunterschiede zwischen den Polen und den Tropen dann am größten sind – und die werden ausgeglichen“, so ein DWD-Meteorologe. (Mit dpa, kt)

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