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Baumhaus mit Glas-Fenstern

© Thorsten Metzner

Update

Streit um Waldbesetzung in Brandenburg: Polizei legt Beschwerde gegen Entscheidung zu Tesla-Protest ein

Nach der Niederlage vor Gericht will die Polizei in der nächsten Instanz striktere Auflagen für das Tesla-Protestcamp durchsetzen. Unterdessen gibt es Krach in der Regierung.

| Update:

Der Streit um das Protestcamp gegen den Elektroautobauer Tesla in Brandenburg geht in die nächste Runde. Nachdem das Potsdamer Verwaltungsgericht die Auflagen für die Waldbesetzung in Grünheide nahe der Fabrik des US-Konzerns gekippt hatte, hat Brandenburgs Landespolizeipräsidium dagegen Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) eingelegt. Das teilte Innenminister Michael Stübgen (CDU) am Mittwoch in Potsdam mit.

Die Waldbesetzer wiederum kündigten den Bau weiterer Baumhäuser an. „Auch wenn uns durch neue Auflagen der Protest unmöglich gemacht werden sollte, werden wir uns über den 20. Mai hinaus Tesla in den Weg stellen und hier bleiben“, sagte ein Sprecher der Initiative „Tesla stoppen“. Bis zu diesem Datum hatten die Besetzer das Camp bisher angemeldet. Zugleich sorgt der Umgang mit dem Camp innerhalb der Kenia-Koalition für einen schweren Konflikt.

SPD und CDU griffen am Mittwoch im Landtag Umweltminister Axel Vogel (Grüne) offen an. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) äußerte sich zu dem Konflikt in seiner Regierung nicht, bekannte sich aber klar zu der E-Auto-Fabrik mit inzwischen 12.500 neuen Jobs als „Brandenburger Erfolgsgeschichte“.

Behörden müssen Gefährdung für Protestcamp begründen

„Brandenburg braucht Tesla. Tesla braucht Brandenburg“, sagte Woidke. „Alle anderen Bundesländer und ganz Europa beneiden uns nach wie vor um diese Ansiedlung.“ Selbstverständlich dürfe in einer Demokratie auch gegen Industrieansiedlungen protestiert werden, dennoch seien weitere Investitionen notwendig. „Wir können unseren Wohlstand nicht sichern, ohne dass es jemand merkt.“

Innenminister Stübgen erklärte zur Niederlage der Polizei vor dem Verwaltungsgericht: „Die Versammlungsfreiheit ist ein hohes Gut in unserer Demokratie und gehört zu den Grundrechten der Bürger.“ Das Gericht habe diese grundlegende Auffassung bestätigt, „ist aber zu der Entscheidung gelangt, dass die vorgetragenen Sicherheitsbedenken des Umweltministeriums und des Bauamtes nicht ausreichend konkret und begründet sind“. Daher habe man jetzt die „die betroffenen Behörden aufgefordert, ihre Stellungnahmen kurzfristig zu konkretisieren.“ So müsse das Umweltministerium nun im Detail begründen, warum nach seiner Auffassung Gefahren für Flora und Fauna vom Protestcamp ausgingen.

Und das Bauamt des Kreises Oder-Spree müsse nun für jedes Baumhaus nachweisen, warum es eine Gefahr für die Protestteilnehmer darstelle. Das Gleiche gelte für die Stellungnahmen der Forstbehörde – sie untersteht dem Umweltministerium – zur Waldbrandgefahr und zur Kampfmittelbelastung auf dem Gebiet des Protestcamps.

Das Verwaltungsgericht Potsdam hatte am Vortag Auflagen etwa für einen Rückbau der inzwischen festinstallierten Baumhäuser gekippt, die das Polizeipräsidium zum Protestcamp verhängt hatte. Rund 60 Ökoaktivisten haben seit drei Wochen ein Waldstück in der Nähe der Tesla-Fabrik besetzt, um gegen Erweiterungspläne, die „dreckige Lüge von E-Mobilität“, aber auch das kapitalistische System zu protestieren.

Landtag debattiert über Protestcamp

Vor diesem Hintergrund ging es in der Aktuellen Stunde im Landtag, die die SPD nach dem Anschlag auf die Stromversorgung der Tesla-Fabrik einberufen hatte, hoch her – auch innerhalb der Koalition. SPD-Fraktionschef Daniel Keller wandte sich persönlich an Umweltminister Vogel, der verantwortlich für den Landeswald sowie die Umwelt- und Forstbehörden ist.

„Ich verstehe nicht, warum sie so lange zugesehen haben, dass dort Baumhäuser errichtet werden“, sagte Keller. Versammlungsfreiheit sei ein hohes Gut, dürfe aber kein Freifahrtschein sein. Er zitierte aus der Homepage der Besetzer, wo Polizisten als „Arschlöcher“ tituliert werden.

CDU-Fraktionschef Jan Redmann forderte Vogel explizit auf, im Verfahren um Auflagen für das Camp Umwelt- und Naturschutzbelange so einfließen zu lassen, „wie es möglich wäre“. Er spielte darauf an, dass das Umweltministerium eine entsprechende Stellungnahme wieder kassiert hatte. „Ich kenne Schreiben, die eingegangen sind. Ich kenne auch Schreiben, die zurückgezogen wurden“, sagte Redmann.

Grünen-Fraktionschef Benjamin Raschke wies die Vorwürfe zurück. Er warf der SPD vor, Stimmung für eine Räumung des Campes gemacht zu haben. Gemeint waren Keller und Wirtschaftsminister Jörg Steinbach. „Wer tagelang ohne Rechtsgrundlage von Räumung spricht, zieht Menschen geradezu an, die auf Krawall aus sind“, sagte Raschke.

„Sie haben versucht, das Versammlungsrecht zu Gunsten von Tesla zu biegen“, warf Linke-Oppositionsführer Sebastian Walter der Landesregierung vor. Von SPD-Fraktionschef Keller forderte Walter: „Seien Sie ein harter Hund, wenn es darum geht, einen besseren Arbeitsschutz bei Tesla durchzusetzen.“

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