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Christian Mücke, Kettensägen-Künstler, arbeitet an einem Uhu aus Holz. Speedcarving nennt sich die Kettensägenkunst, bei der in vorgegebener Zeit Skulpturen aus Holzstämmen entstehen.

© dpa/Patrick Pleul

Speedcarving in Brandenburg: Wenn Künstler mit Kettensägen feinste Holzfiguren fertigen

„Speedcarving“ nennt sich die Kettensägenkunst, bei der in vorgegebener Zeit Skulpturen aus Holzstämmen entstehen. Und sie gewinnt offenbar immer mehr Anhänger.

Eine lebensgroße Holzfigur von Preußenkönig Friedrich II. steht vor der alten Schäferei in Heinersdorf (Oder-Spree). Echte Handarbeits-Schnitzkunst, so scheint es für den Betrachter. „80 Prozent davon habe ich mit der Kettensäge aus dem Holz gearbeitet, die Feinheiten beispielsweise der Gesichtszüge dann mit filigranen Werkzeugen wie Dremel, Feile und Stecheisen“, stellt Christian Mücke hingegen klar, der eine Woche lang an seinem „Alten Fritz“ gearbeitet hat.

Der gelernte Tischler hat sich auf Kettensägenkunst spezialisiert, ist seit vier Jahren in diesem Metier selbstständig. Wenn der 36-Jährige Holz bearbeitet, wird es ohrenbetäubend laut, staubig und schweißtreibend. Kettensägen seien eine Wissenschaft für sich, vor allem um „den scharfen Zahn“ zu bekommen, wie er beschreibt. „Sie stumpfen schnell nach. Das A und O ist deshalb das richtige Schärfen: Mit der Feile wird jeder Zahn der Kette bearbeitet. Ist die Säge nicht scharf, wirst Du langsamer und verlierst schnell die Geduld“, erklärt der gebürtige Eberswalder (Barnim), der trotz der mühseligen Prozedur nicht genug vom Kettensägen bekommen kann.

Christian Mücke, Kettensägen-Künstler, arbeitet mit einer Motorsäge an einem großen Eichenstamm.

© dpa/Patrick Pleul

Am 10. und 11. Juni sind bei ihm 20 Kettensägen-Künstler aus ganz Deutschland zu Gast, die sich unter dem Motto „Wir machen Späne“ im sogenannten Speedcarving, also dem Kettensägen nach Zeit, messen werden. „Ich habe nur die Besten eingeladen, die bei deutschen Meisterschaften oder international erfolgreich waren sowie für renommierte Auftraggeber schnitzen“, erzählt der junge Kunsthandwerker vor einem Berg Tonnen schwerer Eichenstämme stehend. Sie werden von den Kettensägenkünstlern bearbeitet: Binnen 45 Minuten muss die Skulptur aus einem 1,10 Meter hohen und mindestens 30 Zentimeter dicken Stamm herausgesägt sein.

Wettbewerb in Heinersdorf

Der Tourismusverband Seenland Oder-Spree begrüßt das zweitägige Event in Heinersdorf, das die touristische Attraktivität der Region steigere, sagt Marketingmanagerin Lena Burkhardt. „Besucher haben die Möglichkeit, eine einzigartige künstlerische Darbietung zu erleben, unterhaltsam und bereichernd“, sagt sie.

Die zweitägige Veranstaltung auf dem Heinersdorfer Vorwerk, bei der die gesägten Kunstwerke zum Abschluss versteigert werden, dient jedoch nicht nur zur Unterhaltung lärmresistenter Besucher. Sie ist auch eine Qualifikation für die 11. Deutsche Meisterschaft im Speedcarving, die Anfang September dieses Jahres im sächsischen Gelenau ausgetragen wird. „Insgesamt haben wir deutschlandweit 16 Qualifikationen, bei denen die Teilnehmer mit Punkten bewertet werden. Nur der jeweils Beste einer Qualifikation darf dann beim Finale antreten“, erläutert Christian Schmidt, Vorsitzender des Vereins Deutsche Speedcarving Meisterschaft (DSCM).

Die Szene der Kettensägenkünstler wächst stetig, etwa 200 neue Leute kommen pro Jahr hinzu.

Christian Schmidt, Vorsitzender des Vereins Deutsche Speedcarving Meisterschaft

„Bei der Qualifikation geht es darum, so sauber und schnell wie möglich zu arbeiten“, erklärt Mücke, der im vergangenen Jahr selbst bei den Deutschen Meisterschaften antrat und den 7. Platz belegte. „Die Szene der Kettensägenkünstler wächst stetig, etwa 200 neue Leute kommen pro Jahr hinzu. Hochprofessionelle gibt es aber nur wenige, Mücke gehört dazu“, sagt DSCM-Vorsitzender Schmidt.

Er freut sich, dass der 36-Jährige diesen ungewöhnlichen Sport jetzt in Brandenburg bekannter macht. „In Sachsen, Thüringen und Bayern gibt es zahlreiche Kettensägen-Events, im Norden Deutschlands gibt es weniger Mitstreiter“, sagt er. Außerhalb Deutschlands sei das Kettenkunstsägen vor allem in der Slowakei und den USA populär.

Christian Mücke präsentiert die von ihm erschaffene lebensgroße Holzfigur von Preußenkönig Friedrich II.

© dpa/Patrick Pleul

Seine erste Kettensäge hat Mücke während der Tischler-Lehre in der Hand gehabt und war sofort Feuer und Flamme. „Du erkennst die gestalterischen Möglichkeiten und beginnst zu üben, um besser zu werden.“ Mit einem gewöhnlichen Schnitzmesser würde es ihm viel zu lange dauern, sagt der Künstler.

Alle haben ihre eigene Handschrift

Inzwischen hat der Familienvater, der nicht nur Skulpturen jeglicher Art sägt, sondern aus Holz auch Möbel, Spielplatzelemente, Carports und Blockhäuser baut, zwölf Kettensägen unterschiedlicher Größe – je nach Bedarf, denn gesägt wird beim Carving vor allem mit der Spitze des Sägeblattes. Mücke versucht, so authentisch wie möglich zu schnitzen, legt viel Wert auf Mimik, stimmige Proportionen oder Bewegung. Bevor er die Säge ansetzt, macht er sich deshalb zunächst Skizzen.

„Jeder Kettensägenkünstler hat da seine eigene Handschrift.“ Das kann auch der DSCM-Vorsitzende Schmidt bestätigen, der selbst lieber abstrakt arbeitet. „Gerade diese unterschiedlichen Darstellungsformen machen das Carving so spannend“, meint er. Liebstes Arbeitsmaterial sei Eichenholz, sagt Mücke. „Es ist detailreich, sehr hart, hat kaum Risse und hält sehr lange“, beschreibt er die Vorzüge.

Brandenburg habe glücklicherweise viel Wald, da falle immer wieder Holz an. „Gerade diese dicken Stämme, die wir brauchen, will sonst keiner haben“, sagt der 36-Jährige, der sein teils auch aus Sturmschäden stammendes Holz von Landwirten oder Waldbesitzern bekommt. Am liebsten sind ihm frisch geschlagene Stämme. „Die lassen sich besser bearbeiten und die Säge zittert nicht so vor Anstrengung.“

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