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Brandenburg: Sein oder Nichtsein?

Palast der Republik soll 2005 weichen / Berliner PDS bekommt Unterstützung von der SPD

Palast der Republik soll 2005 weichen / Berliner PDS bekommt Unterstützung von der SPD Von Kirsten Baukhage Berlin - Sein oder Nichtsein: 2005 könnte das Schicksalsjahr für den Palast der Republik in Berlins Mitte werden. Nach mehrfachem Aufschub sollen Ende des Jahres die Bagger anrollen und den „Volkspalast“ aus DDR-Zeiten dem Erdboden gleich machen. Diesen festen Willen bekundet die zuständige Berliner Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer, unterstützt vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit und eingefordert von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (alle SPD). Doch ob es wirklich noch in diesem Jahr zum bereits 2002 vom Bundestag verfügten Abriss kommt, bezweifeln nicht nur die Palast-Anhänger aus PDS und Kultur. Denn ebenso vehement stemmt sich der kleinere Regierungspartner PDS in dem seit 14 Jahren wogenden Streit dagegen. Unerwartet erhielt er Ende 2004 Unterstützung von der Berliner SPD. Für eine Wiederrichtung des im Krieg teilweise zerstörten und 1950 in der DDR gesprengten Stadtschlosses der Hohenzollern fehlt dem Bund das Geld. Der seit 1990 wegen Asbestverseuchung geschlossene Glasklotz auf dem Schlossplatz bietet einen desolaten Anblick. Vom einstigen Glanz von „Erichs Lampenladen“, der sich im Licht tausender Glühbirnen spiegelte, ist nichts übrig geblieben. Nach der Asbestsanierung ist der Palast bis auf das Stahlskelett entkernt und die braune Fassade grafitti-verschmiert. Dennoch beschloss die Berliner SPD auf einem Parteitag, den Palast zu erhalten, bis die Finanzierung des Schlossneubaus gesichert ist. Davon sind Bundesregierung und die Förderverein Berliner Schloss, der Gelder von privaten Investoren sammelt, weit entfernt. Gerade eine Million der 600 benötigten Millionen Euro hat der Verein 2004 zusammengebracht. Während Kultursenator Thomas Flierl (PDS) sich über die Unterstützung der SPD freute, distanzierte sich der SPD-Landeschef Michael Müller umgehend von der eigenen Basis. „Der Beschluss ist falsch. Wir können nicht auf Dauer eine Ruine stehen lassen“, wetterte er. Wie Thierse und Wowereit pocht Müller darauf, dass der Beschluss des Bundestages zum Abriss auch für die Berliner SPD bindend sei. Dass Totgesagte länger leben, hat sich schon gezeigt. Nach jahrelangem Dornröschenschlaf erwachte die Ruine im vergangenen Jahr zu neuem Leben. Ein Bündnis aus engagierten Künstlern im Verbund mit Flierl setzte gegen Widerstand eine kulturelle Zwischennutzung des Palastes durch. Der pittoreske Aufführungsort erfreute sich bald großer Beliebtheit. Rund 50 000 Besucher nutzten von März bis November die Gelegenheit, sich die von den „Volkspalast-Machern“ organisierten Konzerte, Theaterstücke, Ausstellungen oder Sportereignisse anzuschauen. Darin liegt für Amelie Deufelhard – Mitorganisatorin der „Volkspalast“-Aktion und künstlerische Leiterin des Veranstaltungsortes Sophiensäle - der Charme des Palastes. Derzeit organisiert sie als Programmkoordinatorin die zweite kulturelle Saison in der Ruine. Darauf verweist auch der Kultursenator. Der Bundestag habe zusammen mit dem Ja für ein Schloss auch für die öffentliche Nutzung gestimmt, betont Flierl. An historischer Stelle soll im Humboldt- Forum ein Ort der Begegnungen und ein Dialog der Kulturen entstehen. „Wenn der Bund seine Planung umsetzt, den Palast abzureißen, bevor die Finanzierung des Nachfolgekonzepts gesichert ist und als Zwischenlösung dort eine grüne Wiese anlegt, werden diese Zukunftsprojekte auf Jahrzehnte verschoben“, warnt der Senator. „Alles Unsinn“, wettert dagegen die Union in Bund und Land. Der PDS sei jedes Mittel recht, um für „lebensverlängernde Maßnahmen für den Schandfleck“ auf dem Schlossplatz zu kämpfen. Sein Aus steht dennoch in den Sternen. Und in der Senatskulturverwaltung setzt man auf die Eigendynamik der kulturellen Angebote. „Die Sehnsucht nach unorthodoxen Veranstaltungsorten wächst in der Stadt. Und seit der Bundesverband für Industrie dort seine Jahrestagung abgehalten hat, hat der Palast die höheren Weihen erhalten. Das Label Palast der DDR ist weg.“

Kirsten Baukhage

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