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Der Parkplatz am Haupteingang der Gigafactory in Grünheide.

© dpa / dpa/Patrick Pleul

Schwarzbau bei Teslas Gigafactory: Brandenburger Behörde stoppt illegale Arbeiten

Ohne Genehmigung hat der US-Konzern von Elon Musk 104 Betonpfähle im Trinkwasserschutzgebiet in den Boden gerammt. Gefährdet das die geplante Fabrikerweiterung?

Brandenburgs Behörden haben erneut illegale Bauarbeiten in Teslas Gigafactory in Grünheide bei Berlin gestoppt. Der von Elon Musk geführte US-Elektroautobauer hat auf dem teilweise im Trinkwasserschutzgebiet liegenden Werkgelände ohne Genehmigung über 100 Betonpfähle in den Boden rammen lassen.

Und zwar auf dem öffentlich zugänglichen Parkplatz am Hauptangang, um dort – nach Tesla-Angaben gegenüber Behörden – eine Solarüberdachung samt Elektroladestation zu errichten. Deshalb droht Tesla nun ein Bußgeld oder womöglich sogar eine Rückbau-Auflage. Das Umweltministerium und der Landkreis Oder-Spree, die die „Tesla-Geschwindigkeit“ im Genehmigungsverfahren für das Milliardenprojekt befördert hatten, gehen deutlich auf Distanz.

Wir sind als Landkreis enttäuscht. Ich kann verstehen, wenn Bürger fragen: Kann man Tesla trauen?

Sascha Gehm (CDU), Vize-Landrat des Kreises Oder-Spree

Der Fall schlägt in Brandenburgs Politik bereits hohe Wellen. Umweltminister Axel Vogel (Grüne), der parallel auch anhaltende Konflikte um die Grundwasserüberwachung im Tesla-Werk entschärfen will, kündigte im Landtag an: „Wir nehmen das zum Anlass, alle Beteiligten an einen Tisch zu holen.“ Und zwar so schnell wie möglich. Vogel nannte Tesla, den Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE), die Wasserbehörde des Landkreises und das Landesumweltamt.

„Wir ziehen das als Sonderaufsicht auf unseren Tisch“, so der Minister. Es werde eine „ernsthafte Auseinandersetzung“ geführt werden, wie es zur jetzigen Situation habe kommen können, sagte Vogel. „Da sind Fehler begangen worden.“ An die Adresse Teslas formulierte der Minister angesichts der ungenehmigten Arbeiten: „Es ist ganz klar, so geht es nicht.“

104
Betonpfähle wurden ins Trinkwasserschutzgebiet gerammt

Zuständig für die Grundwasser-Überwachung und die ungenehmigten Betonpfähle ist der Landkreis Oder-Spree. „Wir haben die Arbeiten unterbunden. Wir prüfen, ob eine Ordnungswidrigkeit vorliegt wegen eines Schwarzbaus“, sagte Vize-Landrat Sascha Gehm (CDU), der für Bauen und die Wasserbehörde zuständige Dezernent, dieser Zeitung. Es seien 104 Pfähle bereits eingebracht worden. „Wir gehen davon aus, dass diese Arbeiten baugenehmigungspflichtig sind und außerdem eine Befreiung von Verboten des Wasserschutzgebietes erforderlich wäre.“

Kreis sieht „keine akute Gefahr“ für Trinkwasser

Über die ungenehmigten Arbeiten hatte die Märkische Oderzeitung zuerst berichtet. Zwar droht laut Vize-Landrat durch die fünf Meter langen Pfähle im Boden „keine akute Gefährdung des Grundwassers“. Doch die Verstimmungen sind groß. „Wie man sich in dieser Situation, wo man unter Beobachtung steht, für dieses Vorgehen, für diese Gründungstechnik entscheiden kann, erschließt sich mir nicht. Ich halte das für unverständlich und ziemlich amateurhaft“, sagte Gehm. „Da sind wir als Landkreis enttäuscht. Ich kann verstehen, wenn Bürger fragen: Kann man Tesla trauen?“ Eine Stellungnahme der Firma stehe noch aus.

Tesla hat schon jetzt zu wenig Platz. Das liegt auch daran, dass auf das Werksgelände nachträglich eine Batteriefabrik gebaut wird.

© Thorsten Metzner

Der US-Konzern muss nun mit Konsequenzen rechnen, auch mit einem Bußgeld. Es werde geprüft, ob das Vorhaben grundsätzlich genehmigungsfähig wäre, sagte Gehm. Wenn ja, müsste Tesla nachträglich eine Genehmigung für den Schwarzbau beantragen. „Wenn sich herausstellt, dass es nicht genehmigungsfähig ist, wird ein Rückbau verfügt.“

Normalerweise dauert laut Gehm ein Baugenehmigungsverfahren im Landkreis, „wenn es keine zusätzlichen Schwierigkeiten gibt“, etwa drei Monate, im günstigsten Fall sechs bis acht Wochen nach Einreichen des Bauantrags. Unklar ist auch, warum für ein Parkplatz-Solardach so tiefe Pfahlgründungen überhaupt nötig sein sollen.

Tesla hatte bereits mehrfach Ärger mit Behörden. So ermittelt die Staatsanwaltschaft Potsdam gegen Verantwortliche, weil auf dem Areal illegal ein Gefahrstofflager betrieben worden sein soll.

Bürgerinitiative Grünheide fordert Entfernen der Pfähle

Die Bürgerinitiative Grünheide, die den Bau der Fabrik im Wasserschutzgebiet für den Kardinalfehler hält, sieht ihre Bedenken einmal mehr bestätigt. „Für uns ist klar: Die Pfähle müssen wieder raus“, sagte Sprecher Steffen Schorcht dieser Zeitung. So sei es vor einigen Jahren bei Bürgern verfügt worden, die in einem Wasserschutzgebiet in Erkner ohne Genehmigung gebaut hätten.

Die Entscheidung Vogels, alle Beteiligten an einen Tisch zu holen, sei richtig. „Wir fordern, dass wir als Vertreter der Bürgerschaft dabei sind, und natürlich auch die Umweltverbände.“ Es müsse fixiert werden, dass der Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE) von Tesla automatisch die Rohdaten der Grundwassermessungen auf dem Werkgelände erhalte.

Aktuell fährt Tesla die Produktion seines Werkes, das 2022 die Produktion aufgenommen hatte, weiter mit Hochdruck hoch. Zu Jahresbeginn ist der Drei-Schicht-Betrieb eingeführt worden. Eine Batteriezellenfabrik ist im Bau.

Zuletzt hatte Elon Musk bestätigt, dass in „Giga Berlin“ mittlerweile 3000 Fahrzeuge pro Woche vom Band laufen. Mittlerweile hat Tesla, wie das Unternehmen jüngst dieser Zeitung auf Anfrage bestätigte, 10.000 Mitarbeiter in Grünheide eingestellt. 12.000 sind für die erste Ausbaustufe angepeilt, die bislang genehmigt ist. Es ist damit die größte Fabrik in der Hauptstadtregion.

Tesla bereitet neues Genehmigungsverfahren vor

Um das Tempo halten zu können, bereitet der US-Konzern auf dem Werksgelände selbst bereits die nächste Ausbaustufe mit weiteren Produktionshallen vor. Dafür hat Tesla jüngst weitere 70 Hektar Wald gerodet. Ein neues umweltrechtliches Genehmigungsverfahren wird erforderlich. Die Anträge dafür will Tesla im Frühjahr einreichen. Mit dem Schwarzbau belastet der US-Konzern dieses Genehmigungsverfahren für den Ausbau der Fabrik, noch ehe es begonnen hat.

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