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Berufungsprozess in Neuruppin: Schuldspruch verschärft: Acht Monate Haft für NPD-Politiker Marcel Zech

Im Berufungsprozess am Landgericht Neuruppin wurde das Urteil gegen den Brandenburger NPD-Politiker Marcel Zech gesprochen, der im vergangenen Jahr sein KZ-Tattoo öffentlich in einem Schwimmbad zeigte. Es fiel deutlich schärfer aus als das Urteil vom Amtsgericht Oranienburg.

Potsdam - Der NPD-Politiker Marcel Zech soll wegen eines öffentlich im Oranienburger Spaßbad gezeigten KZ-Tattoos für acht Monate ins Gefängnis. Das Landgericht Neuruppin folgte damit am Montag dem Berufungsantrag der Staatsanwaltschaft und wies zugleich Zechs Berufung zurück. Es verschärfte damit das vom Amtsgericht Oranienburg im Dezember 2015 verhängte Strafmaß deutlich. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, Zechs Rechtsanwalt Wolfram Nahrath prüft eine Revision vor dem Oberlandesgericht. 

Richter: Kein Zweifel, was Zech mit dem Tattoo zum Ausdruck bringen wollte

Der Vorsitzende Richter der Berufungskammer, Jörn Kalbow, sagte, es bestehe kein Zweifel daran, dass sich das Tattoo auf die unter der Herrschaft der Nationalsozialisten begangenen Verbrechen bezieht. Mit dem Tattoo habe er die systematische Massenvernichtung von einer Millionen Juden im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau gebilligt und sich damit der Volksverhetzung strafbar gemacht. "In der Gesamtschau hat jeder Betrachter keinen Zweifel, was der Angeklagte damit zum Ausdruck bringen wollte", sagte der Richter. Es bestehe auch kein Zweifel daran, dass er sich die Tattoos mit dieser Aussage mit Vorsatz hat stechen lassen. "Wer sich so etwas stechen lässt, rechnet damit, dass es gesehen wird". Die Verschärfung des Urteils begründete der Richter mit der generalpräventiven Wirkung. Das Amtsgericht Oranienburg hatte Zech im Dezember 2015 noch zu einer Freiheitsstrafe von einem halben Jahr, ausgesetzt zu drei Jahren Bewährung, verurteilt.

Richter Kalbow verwies in seiner mündlichen Urteilsbegründung auf vermehrte fremdenfeindliche Aktionen und einen wachsenden Rechtsradikalismus. Es bestehe bei einem zu mildem Urteil die Gefahr, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die Strafrechtspflege schwindet. Auch Nachahmungseffekte dürften nicht außer Acht gelassen werden. Ein Bewährungsurteil könnte als "unsicheres Zurückweichen und Nachgiebigkeit vor dem Rechtsradikalismus" verstanden werden. Zudem stellt das Gericht Zech, der arbeitslos und wegen Körperverletzung, Amtsanmaßung und Beleidigung mehrfach vorbestraft ist, nur eine "schwachpositive Sozialprognose" aus.

Max und Moritz statt Auschwitz-Birkenau

Zechs Verteidiger, der rechtsextreme Szeneanwalt Wolfram Nahrath, erklärte während des Prozesses, sein Mandant habe sich das Tattoo auf dem Rücken über dem Hosenbund umtätowieren lassen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft sind nun statt der Silhouette des Vernichtungslagers die Figuren Max und Moritz von Wilhelm Busch auf dem Rücken zu sehen. Nahrath begründete die Veränderung des Tattoos mit der "außergewöhnlichen Anprangerung", der sein Mandant seit Bekanntwerden des Falls ausgesetzt war und weil das Tattoo offenbar "andere Menschen verärgerte und verunsichert hat". Zech habe die Toten und auch sonst niemanden in seiner Würde verletzen wollen. Es handle sich um tätige Reue, auch weil Zech weiter mit seinen Kindern ins Spaßbad gehen will.

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Die PNN hatten damals enthüllt, dass es sich um Zech handelt, nachdem ein Journalist ein Foto von dem Tattoo publik gemacht hatte. Zech ist Mandatsträger im Kreistag des Landkreises Barnim und in der Gemeindevertretung Panketal.

Staatsanwalt: Zechs Tattoo sei eindeutig

Zech selbst schwieg am Montag vor dem Landgericht. Nahrath räumte lediglich ein, dass der heute 28-Jährige ein Gebäude mit dem Spruch als Tattoo getragen habe. Allerdings handle es sich nicht um die Darstellung des Eingangstors zum KZ Auschwitz-Birkenau, insbesondere der Turm entspreche nicht dem Original. Nahrath sprach nicht von Konzentrationslager, sondern lediglich von "Lager". Zudem stehe der Spruch "Jedem das seine" nicht in Beziehung zu der tätowierten Gebäude-Silhouette, sondern zu einem Tattoo im Nacken: "Freundschaft verbindet". Außerdem sei der Spruch weit verbreitet und nicht nur vom KZ Buchenwald bekannt. 

Staatsanwalt Torsten Lowitsch dagegen forderte eine Verurteilung zu acht Monaten Haft ohne Bewährung. Vor dem Amtsgericht Oranienburg hatte er noch zehn Monate Haft gefordert. Weil Zech sein KZ-Tattoo verändern ließ, forderte er diesmal zwei Monate weniger, da keine Wiederholungsgefahr mehr besteht. "Das Strafrecht dient auch der Erziehung, das darf nicht unberücksichtigt bleiben", sagte Lowitsch. Das Oranienburger Urteil in erster Instanz habe offenbar Wirkung gezeigt. Zechs Tattoo sei eindeutig und werde allgemein erkannt - als die stilisierte Silhouette des Vernichtungslagers. Zusammen mit dem Spruch "Jedem das seine" würden die Gesamtverbrechen der Nazis, nicht nur in Auschwitz-Birkenau, verharmlost und gebilligt. "Die Aussage, die getroffen werden sollte, ist eindeutig", sagte der Staatsanwalt. "Wir reden über ein Gebäude, das sich mit Massenvernichtung verbunden hat, geschichtlich und im allgemeinen Bewusstsein." Bei ganzheitlicher Betrachtung der Tattoos gehe es um die Billigung des Holocaust. (mit dpa)

Hinweis in eigener Sache: Es gibt einen Grund, den Beschuldigten beim Namen zu nennen: Er ist Mandatsträger im Kreistag des Landkreises Barnim und in der Gemeindevertretung Panketal. Auch bei jedem anderen Politiker oder Amtsträger, gegen den ermittelt wird, der vor Gericht steht oder der verurteilt wird, nennen wir den vollen Namen. Und Zech ist daher nicht wie jede andere Privatperson zu behandeln. Das ist normaler journalistischer Umgang in solchen Fällen.

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