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Brandenburg: Schuldig im Sinne der Anklage

Die Bewährungsstrafe für Klaus Landowsky löst nicht nur bei der Berliner CDU gemischte Gefühle aus Auch die Kritiker des Ex-Bankmanagers schwanken zwischen Genugtuung und Enttäuschung

Berlin - Führende Politiker von SPD, Linkspartei/PDS und Grünen sind mit dem Urteil des Berliner Landgerichts gegen den früheren Banker und CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky offenbar zufrieden. Nach Meinung des SPD-Landeschefs Michael Müller hat das Urteil „die prägende Rolle und maßgebliche Verantwortung Landowskys für die Bankenkrise“ bestätigt. In diesem „Schlüsselprozess“, in dem sich die Hauptbeteiligten des Bankenskandals hätten verantworten müssen, sei das „von ihnen praktizierte System der alten Bankgesellschaft“ deutlich geworden.

Der Vorsitzende des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Bankenaffäre, Frank Zimmermann (SPD), sieht die Ergebnisse dieser Untersuchung durch das Gerichtsurteil bestätigt. „Die wichtigste Botschaft ist: Bankmanager in Deutschland, die Millionenschäden verursachen, werden auch verurteilt.“ Auch der Landeschef der Linkspartei/PDS, Klaus Lederer, erkennt in dem Urteil ein Signal dafür, „dass verantwortungsloses Agieren von Managern nicht durch die Gesetze gedeckt ist“. Lederer forderte die Bankgesellschaft – jetzt Landesbank Berlin – auf, sie solle angesichts des Urteils erneut Schadensersatzansprüche gegen ihre Ex-Vorstandsmitglieder prüfen. Die PDS-Bundestagsabgeordnete Petra Pau widersprach ihrem Landesvorsitzenden. Die verhängte Bewährungsstrafe für Landowsky, der eine Schlüsselfigur des Bankenskandals gewesen sei, kritisierte Pau als „nicht nachvollziehbar“. Es sei auffallend, dass die „Täter großer Vermögensdelikte“ in Deutschland eher milde bestraft würden, während kleine Gauner mit der vollen Härte des Gesetzes rechnen müssten.

Dagegen hielt sich der Grünen-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Wieland, der an der Aufklärung des Bankenskandals maßgeblich beteiligt war, mit einer Bewertung des Urteils zurück. „Die Politik hat kein Strafmaß zu fordern, sondern Aufklärung zu leisten“. Das Landgericht habe mit diesem Prozess „schwieriges juristisches Gelände“ betreten. Es habe nachweisen müssen, dass eine risikoreiche Kreditvergabe im Sinne des Strafrechts als Untreue zu bewerten sei, sagte der Ex-Justizsenator dieser Zeitung. Zur gestern verhängten Bewährungsstrafe sagte Wieland nur: „Ich hätte Landowsky nicht im Knast sehen wollen.“

Die Berliner Grünen begrüßten das Urteil trotzdem als „wegweisend und mutig“. Volker Ratzmann, Fraktionsvorsitzender im Abgeordnetenhaus, erklärte: „Das Urteil des Landgerichts schafft ein wenig Genugtuung für alle Berlinerinnen und Berliner. Es ist erfreulich, dass endlich einmal ein Gericht den Mut gefunden hat, die Verantwortung für wirtschaftliches Verhalten zum Nachteil der Bevölkerung zu benennen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.“ Das Urteil schreibe Rechtsgeschichte. „Was jetzt noch fehlt, ist, dass auch die Berliner SPD endlich ihre Verantwortung für den Bankenskandal eingesteht. Ihre Entschuldigung steht immer noch aus“, so Ratzmann.

Auch der CDU-Landeschef Ingo Schmitt warf den Sozialdemokraten vor, sich ihrer politischen Verantwortung für die Bankenaffäre zu entziehen. Diese Verantwortung hätten beide Parteien der großen Koalition, die 2001 zerbrach, zu tragen. Zum Urteil sagte Schmitt: „Dies ist ein schwerer Tag für Klaus Landowsky.“ Ob der Richterspruch in einer möglichen Revision Bestand haben werde, könne momentan nur Gegenstand von Spekulationen sein. Der CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger wies auf die Verdienste Landowskys für Berlin hin, sagte aber auch: „Es gibt nichts zu relativieren.“ Die CDU habe sich ihrer Verantwortung von Beginn an gestellt und habe mit zwei Wahlniederlagen einen hohen Preis für ihren Anteil am Bankenskandal gezahlt.

Die Liberalen nahmen das Urteil zum Anlass, um eine Privatisierung sämtlicher Landesunternehmen zu fordern. „Der Staat muss sich aus allen unternehmerischen Tätigkeiten zurückziehen“, sagte der FDP-Fraktionschef Martin Lindner. Dem Parteienfilz dürfe keine Chance mehr gegeben werden. Die Mittel des Strafrechts eigneten sich nicht, um die Bürger vor den Schäden von Filz und Korruption zu schützen. Die „Berliner Staatswirtschaft“ habe die Steuerzahler Milliarden gekostet. Doch nach wie vor würden „völlig ungeeignete Parteisoldaten“ mit Managementposten in landeseigenen Unternehmen versorgt. Zur Verurteilung Landowskys äußerte sich Lindner nicht.

Vor dem Landgericht haben gestern Mitglieder der Initiative „Berliner Bankenskandal“ und der WASG gegen das Urteil protestiert. Der Richterspruch bleibe weit hinter den Erwartungen zurück und sei „ein Witz“, kritisierte das Berliner WASG-Vorstandsmitglied Lucy Redler. Der Politologe Peter Grottian kritisiert das Urteil angesichts des „ungeheuerlichen Sündenkatalogs“ Landowskys und der anderen Bankmanager als „zu milde“. Die Bewährungsstrafe sei tatsächlich „ein Freispruch“ und zeige: „Öffentlich-rechtliche Unternehmen können ein Tollhaus an Fehlentscheidungen sein, ohne dass man rechtlich einschreiten kann.“

Trotz seiner Verurteilung wird Landowsky voraussichtlich weiter als Anwalt arbeiten dürfen. Ein Entzug der Anwaltszulassung ist laut Anwaltsordnung und Strafgesetzbuch nur dann möglich, wenn jemand „wegen eines Verbrechens“ zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr verurteilt wird, sagt Benno Schick von der Rechtsanwaltskammer Berlin. Für eine Verurteilung wegen Untreue gelte das aber nicht.

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