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Die Brandenburger Linke hat ihren bisher starken Mann, Parteichef und Finanzminister Christian Görke, beim Parteitag in Templin abgestraft – das schlechteste Ergebnis eines Parteivorsitzenden der Landes-Linken in den vergangenen zehn Jahren.

© dpa

Parteitag der Linken in Brandenburg: Schlachteplatte

Es ist das schlechteste Wahlergebnis für einen Landesvorsitzenden der Linkspartei in Brandenburg seit Jahren. Was das für Christian Görke, seine Rolle als Finanzminister und die Partei bedeutet.

Templin - Scherbengericht bei Brandenburgs Linken, doppelte Schlappe für Christian Görke, den bisher starken Mann: Auf einem Landesparteitag in Templin ist der 53-jährige Finanzminister und Vize-Regierungschef im roten-roten Kabinett von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) bei der Wiederwahl an die Linken-Spitze mit einem 69-Prozent-Ergebnis von der Basis abgestraft worden. Und dann ließen die Genossen am Samstagabend noch seine Landesgeschäftsführerin Andrea Johlige mit einem 48-Prozent-Ergebnis bei der Wahl durchfallen, womit sich die Regierungspartei – nach der Wahlniederlage vom Herbst 2014 – nun selbst in eine innere Krise stürzt.

Parteitag der Linken: Keine offene Kritik an Görke

„Der Souverän hat entschieden“, sagte Görke, als er nach der Johlige-Personalie vor den Parteitag trat. Seinen Rücktritt, wie es in diesem Moment mancher befürchtete, erklärte er nicht. Er werde zunächst eine kommissarische Besetzung vorschlagen. „Mehr habe ich heute Abend nicht zu sagen.“ Für Görke, der die Partei seit 2014 führt, hatten 88 der 129 Delegierten (27 Nein, 12 Enthaltungen) gestimmt. Schon das war in der Geschichte der Brandenburger Linken eins der schlechtesten Ergebnisse. Einen Gegenkandidaten gab es nicht, und auch keine offene Kritik am Amtsinhaber. Ein weiteres Indiz für die Stimmung in der Partei: Für seine Rede, in der er die in der Koalition mit der SPD nicht neuen Themen wie Gemeinschaftsschule und Braunkohleausstieg bis 2040 bediente, aber keine neuen Botschaften hatte, erhielt Görke nur sieben Sekunden verhaltenen Applaus. Es war nur ein trotziges „Weiter so“.

Sein eigenes Ergebnis hatte Görke – die anderen Wahlgänge liefen noch – noch so weggesteckt: „Diese Partei ist keine Wohlfühlveranstaltung. Es ist harte Arbeit. Da macht man sich nicht nur Freunde“. Die Gegenstimmen führte er vor allem auf Unzufriedenheit wegen seiner Ämterfülle zurück. Tätsächlich rumort schon seit einer ganzen Weile in der Partei, der Landesvorstand sei durch Görkes Regierungsamt geschwächt, er vernachlässige die Partei. Görke selbst wies das nun zurück: „Ich sage: Es ist richtig, dass der Vorsitzende von knapp 7000 Mitgliedern am Kabinettstisch sitzt.“ Das erhöhe die Durchsetzungskraft in der rot-roten Koalition. Entscheidend sei doch, dass er „von 70 Prozent den klaren Auftrag“ erhalten“ habe, die Partei in die nächsten Wahlkämpfe zu führen.“ Er sei ehrgeizig, er wolle „Wahlen gewinnen“ und nicht nur die Partei durch schwere Zeiten steuern.

Krachende Niederlage bei der Landtagswahl 2014

Selbst manche Genossen waren über den Ausgang schockiert. „Wir kämpfen um eine solidarische Gesellschaft. Das fängt im Kleinen an“, sagte etwa Vize-Fraktionschef René Wilke. Es erinnere an frühere Querelen bei der märkischen Union, an die Zeiten der „Schlachteplatte“, sagte ein Delegierter. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Landtagsfraktion, Thomas Domres sagte: „Das Ergebnis ist ein Denkzettel für die Strukturen, die wir uns gegeben haben.“ Bei der Landtagswahl im Herbst 2014 hatten die Linken nach fünf rot-roten Jahren mit 18,6 Prozent eine krachende Niederlage eingefahren, von der sie sich seitdem in Umfragen bislang nicht erholt haben. Fröhliche Gesichter gab es hingegen bei den jungen Delegierten vom linksgerichteten Forum Demokratischer Sozialismus, die nach dem Debakel der Vorstandswahl in trauter Runde mit „Rotkäppchen“-Sekt und Flaschenbier feierten.

Und auch am Sonntag gingen die Turbulenzen beim Landesparteitag weiter. Zwar bemühte sich Görke um Schadensbegrenzung, doch es gab den nächsten Krach: Der Partei-Nachwuchs, bei dem die Gegner Görkes und Johliges vermutet wurden, scheiterte mit einem Antrag auf Einführung einer Doppelspitze bei Brandenburgs Linken nach dem Vorbild der Bundespartei. „In den politischen Zielen ziehen wir alle an einem Strang“, sagte Görke. Es gebe aber in der Partei mit dem Generationswechsel unterschiedliche Auffassungen zum Politikbetrieb, etwa zur Verbindung von Parteiämtern und Parlamentsmandaten oder Regierungsfunktionen, was jüngere Linke prinzipiell für unvereinbar halten. Bei Johlige war es offenbar der Umstand, dass sie Landesgeschäftsführerin und Abgeordnete war.

"Die nächste Landesvorsitzende wird eine Frau sein"

Im Schlusswort versprach Görke, dass er sich intensiver um die Partei kümmern werde. Am Vortag hatte er sogar mit Blick auf den Antrag zur Doppelspitze gesagt: „Die nächste Landesvorsitzende wird eine Frau sein.“ Damit habe Görke vorzeitig Arbeitsministerin und Linken-Vorzeigefrau Diana Golze ins Spiel gebracht, raunte ein Landtagsabgeordneter. „So macht er sich zu einer „lame duck“.

Der Chef der Landtagsfraktion, Ralf Christoffers, wiederum sagte: „Der Wahlausgang ist Ausdruck einer politischen Selbstfindung der Partei, aber nicht der Untergang des Abendlandes.“ Mit den Entscheidungen müsse persönlich und politisch professionell umgegangen werden. Johliges Scheitern habe mit ihrem Engagement in der Flüchtlingspolitik nichts zu tun, sagte er. Christoffers warnte die Partei, innere Befindlichkeiten zu pflegen. Brandenburgs Linke habe wegen der Regierungsbeteiligung eine Verantwortung weit über die Landesgrenzen hinaus. (mit axf, dpa)

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