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Brandenburg: Schallende Ohrfeige für Rot-Rot

Berliner Haushalt 2002/2003 ist verfassungswidrig / Sarrazin für weitere Sparmaßnahmen

Berliner Haushalt 2002/2003 ist verfassungswidrig / Sarrazin für weitere Sparmaßnahmen Von Holger Lunau Berlin. Die Ohrfeige des Berliner Verfassungsgerichtshofs für den rot-roten Senat ist deftig. Einstimmig erklärten die Richter das Haushaltsgesetz 2002/2003 in wesentlichen Teilen für verfassungswidrig und nichtig. Bei der Aufstellung des Zahlenwerkes begingen SPD und PDS schwere handwerkliche Fehler, rügte das Gericht. Die Oppositionsfraktionen CDU, FDP und Grüne sahen das genau so und hatten deshalb geklagt. Ironie der Geschichte: Selbst Finanzsenator Thilo Sarrazin hatte das Zahlenwerk anfangs für verfassungswidrig gehalten und erst nach einem Rüffel des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (beide SPD) das Gegenteil behauptet. Die Konsequenzen des Urteils sind vielfältig. Als Sofortmaßnahme kündigte Sarrazin eine Haushaltssperre bis zum Jahresende an, um so noch einige Millionen einzusparen. Gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen muss der Senat aber nachkommen, und bereits gezahlte Gelder dürfen nicht wieder zurückgefordert werden. Darüber hinaus wird Berlins Kassenwart aber das Geld zusammenhalten. Leidtragende sind meist die Schwächsten der Gesellschaft. Weit mehr Kopfzerbrechen dürfte der SPD/PDS-Koalition die Überarbeitung des Etatentwurfs für den Doppelhaushalt 2004/2005 bereiten. Die Vorgaben des Verfassungsgericht sind klar. Wenn auch künftig mehr Kredite aufgenommen als Investitionsausgaben getätigt werden, muss der Senat dies detailliert begründen. Der allgemeine Hinweis auf eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts reicht allein nicht aus. Gerade dieser in Berlin seit Jahren übliche und von Rot-Rot bei Amtsantritt kritisierte, aber dann selbst praktizierte Automatismus des Schuldenmachens ärgerte CDU, FDP und Grüne. Die Opposition monierte zu Recht, dass die Neuverschuldung 20032/2003 mit knapp zehn Milliarden Euro die Investitionsausgaben von rund vier Milliarden Euro beträchtlich überschreitet. SPD und PDS beriefen sich dagegen pauschal auf die Ausnahme, wonach zur Abwehr eines gesamtwirtschaftlichen Ungleichgewichts eine höhere Verschuldung gerechtfertigt ist. Auch die vom Senat am 5. November 2002 erklärte extreme Haushaltsnotlage berechtigt nicht einfach zum Schuldenmachen, betonten die Richter. Nur wenn Berlin zwingend vorgeschriebene Ausgaben nicht leisten könne, sei eine erhöhte Kreditaufnahme gerechtfertigt. Allerdings müsse dazu vom Senat ein „schlüssiges Sanierungsprogramm“ auf den Tisch gelegt werden. Daraus müsse ersichtlich sein, dass „alle möglichen Einnahmequellen und Ausgabeneinschränkungen ausgeschöpft wurden“. Experten halten das auch für einen Hinweis darauf, dass die Begründung der Klage Berlins vor dem Bundesverfassungsgericht auf Entschuldungshilfen des Bundes nicht ausreichen wird. Die Oppositionsfraktionen jubelten nach dem Urteil. Aber auch der Finanzsenator war so unzufrieden nicht mit dem Urteil der Verfassungsrichter. Er sehe sich „in seiner Position bestätigt“, rutschte es ihm in einer ersten Reaktion heraus. Im Klartext heißt das zweierlei: Sarrazin hielt das Haushaltsgesetz 2002/2003 - im Gegensatz zu Wowereit - zu keiner Zeit für verfassungskonform. Außerdem wird der Finanzsenator jetzt wieder seine zahlreichen „Giftlisten“ aus der Schublade holen und noch wesentlich härtere Sparmaßnahmen fordern.

Holger Lunau

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