zum Hauptinhalt

Von Jörn Hasselmann und Stefan Jacobs: S-Bahn-Kunden flüchten zur BVG Am Montag 400 000 zusätzliche Fahrgäste

Berlin - Die Berliner suchen sich neue Wege. Vor allem die BVG musste am ersten Werktag des neuen Jahres einen zusätzlichen Ansturm verkraften.

Berlin - Die Berliner suchen sich neue Wege. Vor allem die BVG musste am ersten Werktag des neuen Jahres einen zusätzlichen Ansturm verkraften. 400 000 zusätzliche Fahrgäste, insgesamt mehr als drei Millionen, registrierte die BVG. Voll, aber nicht überfüllt, war es vor allem in der U5 und der U6 sowie den Straßenbahnen. Eine BVG-Sprecherin betonte jedoch, dass die erste Januarwoche traditionell ruhig ist, da viele Berliner erst in der zweiten Januarwoche mit der Arbeit beginnen. „Die BVG kann die S-Bahn nicht ersetzen“, warnte sie. Die BVG hoffe, dass die S-Bahn nächste Woche wieder alle Strecken bedienen könne. So könne die BVG die seit langem auf der U 7 geplanten Bauarbeiten nicht verschieben. Wie berichtet, will die BVG ab dem Wochenende abends zwischen Spandau und Richard-Wagner-Platz im 20-Minuten-Takt pendeln – dabei ist gerade die U7 die Alternative für Spandauer Fahrgäste.

Ein Sprecher der Bahn sagte, dass man hoffe, jeden Tag 20 zusätzliche Züge aus den Werkstätten wieder aufs Gleis zu bekommen. Einen Termin für die Wiedereröffnung der Strecken nach Spandau, Wartenberg, Strausberg Nord und Hennigsdorf gibt es jedoch nicht.

Trotz des Desasters sieht der Senat keinen Anlass für einen Krisengipfel, weil ohnehin zwei Termine zum Thema anstehen: Am Mittwoch erwartet Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) eine schriftliche Erklärung des Bahn-Vorstands, wie das Chaos behoben werden soll. Und nächsten Montag sind Bahn-Chef Rüdiger Grube und S-BahnGeschäftsführer Peter Buchner in den Verkehrsausschuss des Abgeordnetenhauses geladen. Junge-Reyers Sprecher Mathias Gille sagte am Montag: „Die wissen, was sie zu tun haben.“ Eine fristlose Kündigung des bis 2017 laufenden Verkehrsvertrages mit der S-Bahn schloss er aus, „weil wir die Bahn mangels Alternative dann wieder einkaufen müssten“.

Dagegen forderte der CDU-Verkehrspolitiker Oliver Friederici vom Senat sofortige Gespräche mit Grube. Dabei müsse es vor allem um die Neubestellung von Fahrzeugen gehen. Aus Sicht von Friederici hätte das schon zu Beginn der größten Probleme vor zwei Jahren geschehen können, um die technisch mangelhafte Flotte teilweise zu ersetzen. Die Kündigung des Verkehrsvertrages lehnt auch Friederici ab. Stattdessen schlägt er vor, die Zahlungen des Landes wegen dauerhafter Nichterfüllung des Vertrages radikal zu kürzen. Die Bahn würde es nicht wagen, das einbehaltene Geld vor Gericht einzuklagen, vermutet der CDU-Mann. Ebenso wie die CDU verteidigten auch die Liberalen den Kurs ihrer Bundesparteien, die der Bahn 500 Millionen Euro zusätzliche Gewinnabführung auferlegt haben. Die Summe sei unerheblich, solange der Fehler im System nicht behoben werde. Und der liege in der Ausplünderung des Berliner Tochterunternehmens, die nur ein Monopolist sich erlauben könne. Allerdings fordert die Bundesregierung sowohl die Dividende als auch zusätzliche Investitionen der Bahn in ihre Technik. Einig ist sich die Opposition darin, dass die S-Bahn für die Zeit nach 2017 Konkurrenz bekommen muss.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false