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Brandenburg: Regress-Affäre: Opposition kritisiert Markov Grüne und CDU: Finanzministerium hat überzogen Linke-Fraktionschef Görke: „Salomonisches Urteil“

Potsdam - Die Regress-Affäre um Regierungsdienstfahrten in Brandenburg sorgt weiter für Streit. Die Opposition im Landtag sieht sich nach dem jüngsten Urteil des Arbeitsgerichtes Potsdam bestätigt, dass Finanzminister Helmuth Markov (Linke) im Umgang mit unvollständig geführten Fahrtenbüchern der Jahre 2007 bis 2011 über das Ziel hinausgeschossen ist.

Potsdam - Die Regress-Affäre um Regierungsdienstfahrten in Brandenburg sorgt weiter für Streit. Die Opposition im Landtag sieht sich nach dem jüngsten Urteil des Arbeitsgerichtes Potsdam bestätigt, dass Finanzminister Helmuth Markov (Linke) im Umgang mit unvollständig geführten Fahrtenbüchern der Jahre 2007 bis 2011 über das Ziel hinausgeschossen ist. Das Gericht hatte entschieden, dass sich das Land zur Hälfte an den Steuer-Nachzahlungen beteiligen muss, die die Ex-Staatssekretäre Dietmar Schulze (SPD, Uckermark-Landrat) und Wolfgang Krüger (CDU, IHK-Geschäftsführer in Cottbus) in Höhe von 36 000 Euro wegen unkorrekter Fahrtenbücher plötzlich leisten mussten. Welche Konsequenzen das Urteil hat, blieb am Freitag noch offen. „Unsere Position war immer, dass Herr Markov da völlig überzieht, das hat sich nun bestätigt“, sagte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel am Freitag den PNN. Es liege auf der Hand, dass man nachträglich nicht allein die Staatssekretäre haftbar machen könne, wenn es jahrelang nicht einmal eine korrekte Dienstanweisung für steuerlich korrekte Fahrtenbücher gab. „Wenn es klare Anweisungen gegeben hätte, dann wäre das Problem nie entstanden“, sagte auch der CDU-Finanzexperte Ludwig Burkardt. „Jetzt ist klar: Alles auf die Staatssekretäre abzuwälzen, das geht nicht. Das Land kann nicht so tun, als habe es mit der Fahrtenbuch-Praxis nichts zu tun gehabt.“ Dagegen sagte Linke-Fraktionschef Christian Görke, „es ist ein salomonisches Urteil“. Nun müsse geprüft werden, ob es Präzedenzcharakter hat. „Aber das ist Sache der Regierung, nicht von Koalitionsfraktionen.“

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Beide Seiten haben einen Monat Zeit, Berufung einzulegen. Ob das geschieht, ist offen. Das Finanzministerium will erst die schriftliche Begründung abwarten. Es verwies am Freitag darauf, dass „den Klägern zu Recht ein vollumfänglicher Schadensersatz verwehrt wurde“. Somit habe sich „die grundsätzliche Rechtsposition des Finanzministeriums vor Gericht bestätigt“. Auch „die ehemaligen Staatssekretäre und nicht allein das Land als Arbeitgeber“ seien verantwortlich gewesen, „die steuerlichen Voraussetzungen für eine günstigere Versteuerung ihres geldwerten Vorteils aus der privaten Nutzung ihres Dienstwagens zu schaffen“.

Dagegen liegt den Klägern das Urteil durchaus im Magen. Sie sehen die alleinige Verantwortung beim Land, da der Regierungsfuhrpark dem Brandenburgischen Liegenschaftsbetrieb (BLB) – und damit dem Finanzministerium selbst – untersteht, dort die Fahrer angestellt sind, das Fahrtenbuchregime organisiert und kontrolliert wurde. Das Finanzministerium, das jahrelang selbst die Praxis zu verantworten hatte, hatte 2011 unter dem Linke-Minister Helmuth Markov nach der Dienstwagen–Affäre des dann zurückgetretenen Bildungsministers Holger Rupprecht (SPD) rückwirkend alle Fahrtenbücher der Jahre 2007 bis 2011 überprüfen lassen. Bei 191 Fahrtenbüchern, in 90 Prozent, wurden Mängel festgestellt.

Es geht nicht um eine Dienstwagen-Affäre, nicht um dienstlich abgerechnete Privatfahrten. Vielmehr waren in den Fahrtenbüchern bei Dienstfahrten häufig Fahrtziel, Anlass und besuchte Person nicht detailliert ausgewiesen – wie es Bürger und Unternehmen auch handhaben müssen. Markov hatte daraufhin alle Fahrtenbücher der Jahre 2007 bis 2011 für ungültig erklärt, mit der Folge von horrenden Steuernachforderungen. Denn den Finanzämtern wurden nachträglich „geldwerte Vorteile“ für die private Nutzung von Dienstwagen gemeldet, die pauschal berechnet wurden, nämlich ein Prozent des Listenpreises der PS-starken Wagen monatlich. Insgesamt wurden für Regierungsmitglieder „geldwerte Vorteile“ von einer Million Euro nachgemeldet. Die aktiven Minister zahlten zähneknirschend nach. Zwölf frühere Minister und Staatssekretäre – aber auch zwei aktive – gehen juristisch gegen die Praxis des Landes vor.

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