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Stau auf dem Berliner Ring, hier bei Erkner

© IMAGO/Jochen Eckel

Rund um BER und Tesla: Studie sieht Verkehrskollaps bis 2030 – Ruf nach Autobahnausbau

Die Flughafen- und Tesla-Region boomt. Nun fordern Wirtschaft und Kommunen einen zügigen Autobahn-Ausbau um Schönefeld – und die U7 zum BER.

In der Region um den Willy-Brandt-Airport (BER) und die Tesla-Fabrik in Brandenburg droht ohne einen Ausbau des Berliner Autobahnrings bis 2030, spätestens aber bis 2040 ein Verkehrskollaps. Das ist das Ergebnis der aktuellen Studie „Verkehrs- und Engpassanalyse Flughafenumfeld und Teslaregion“, die das Planungsbüro Spreeplan jetzt vorgelegt hat. „Was wir von der Stadtautobahn kennen, das wird sich ausweiten, etwa auf der A10 mit sehr langen Staus in den Spitzenzeiten täglich“, warnte Spreeplan-Geschäftsführer Bertram Teschner am Freitag bei der Präsentation in Potsdam.

Auf Grundlage der Studie fordern die Industrie- und Handelskammern (IHKs) beider Bundesländer gemeinsam mit den BER-Anrainer-Kommunen und Berliner Süd-Stadtbezirken dringend – bislang nicht vorrangig in Bundesplanungen – einen vierstreifigen Ausbau der A10 am Schönefelder Kreuz, einen Ausbau der A12 und A13 in Richtung Lausitz mit einer dritten Spur, einen dichteren Takt im öffentlichen Nahverkehr und die Verlängerung der U7 zum BER.

Auftraggeber der Studie waren das BER-Dialogforum der Kommunen und Berliner Stadtbezirke der BER-Region sowie alle vier IHKs der Hauptstadtregion. Spreeplan hatte bereits in den Jahren vor der BER-Eröffnung mehrfach Studien zu drohenden Engpässen im Umfeld des neuen Hauptstadt-Airports vorgelegt, zu denen es nach dem BER-Start 2020 allein wegen des Totaleinbruchs im Luftverkehr mit der Pandemie nicht kam. Zeit wurde gewonnen, aber bisher nicht genutzt.

Doch mittlerweile zieht der Luftverkehr wieder an. Die Autobahnen werden in der ohnehin boomenden Südost-Region auch infolge der neuen Tesla-Fabrik immer voller. Nach einer aktuellen Verkehrszählung hat etwa allein auf der A113 nahe der BER-Abfahrt der Verkehr in den letzten zwei Jahren um 34 Prozent zugenommen, von 71.000 Fahrzeugen täglich 2021 auf inzwischen 96.000. Ähnlich sieht es auf der A10 bei Rangsdorf aus, mit einer Steigerung um 26,8 Prozent. Und fuhren auf der A13 bei Teupitz 2021 noch 31.700 Fahrzeuge täglich, waren es 2023 bereit 51.600 - ein Anstieg um 68,8 Prozent.

40.000
Einwohner mehr als heute könnten bis 2030 in der Flughafenregion leben, heißt es.

„Insgesamt ist ein Gesamtvolumen im Verkehr erreicht, das verstärkte Maßnahmen zur Verkehrsvermeidung oder Verlagerung auf andere Verkehrsträger verlangt“, heißt es. Das Problem wird verschärft, weil „es kaum Kapazitäten auf der Schiene zur Verlagerung des Güterverkehrs“ gibt.

Und die Region boomt. Sie kann nach den offiziellen Bevölkerungsprognosen bereits bis 2030 mit 40.000 Einwohnern mehr als heute rechnen, der BER dann mit dem Vorkrisenniveau von 36 Millionen Fluggäste pro Jahr (jetzt 23 Millionen), dann wird die Tesla-Fabrik mit den Effekten im Umfeld voraussichtlich etwa 28.000 Jobs haben (jetzt 12.500). Mit geplanten Gewerbegebieten auf 350 Hektar sind weitere 40.000 neue Jobs zu erwarten.

Spreeplan hat die Auswirkungen auf den Verkehr untersucht. „Die Autobahnen werden zunehmend stärker belastet“, heißt es. Für die A10 östlich Schönefelder Kreuz sei „durch Überlagerung Tesla/Flughafen/Gewerbe/Einwohner mit deutlicher Überlastung“ zu rechnen. Schon bis 2030 prognostiziert die Studie einen Anstieg der Verkehrsbelastung auf der A10 im Osten auf 131.000 Fahrzeuge am Tag, einen weiteren Anstieg um 42 Prozent, auf der A13 auf 78.000 Fahrzeuge (plus 23 Prozent) und der A12 auf 79.000 Fahrzeuge (plus 15 Prozent) täglich, was sich nach der Studie bis 2040 fortsetzen wird. „Es sind Verkehrsmengen, die wir so nicht handeln können“, so Teschner.

Für Schilderbrücken und mehr Fahrspuren

Die Spreeplan-Experten schlagen einen konkreten Maßnahmenkatalog vor, um die Probleme zu entschärfen. Er reicht von einem intelligenten System der Verkehrsbeeinflussung, etwa mit elektronischen Schilderbrücken, der vierstreifige Ertüchtigung der A10 am Kreuz Schönefeld mit einer eventuellen Freigabe der Seitenstreifen in den Spitzenzeiten. Vorgeschlagen wird ferner ein dreistreifiger Ausbau der A12 östlich des Dreieck Spreeau und der A13 südlich des Kreuzes Schönefeld sowie eine neue Anschlussstelle Kiekebusch zur Entlastung der Kommunen östlich der Autobahn und der „Optimierung des Verkehrsflusses auf der A100/A113“, um Sperrungen des Britzer Tunnels zu vermeiden.

Im öffentlichen Nahverkehr werden neben dichteren Takten für Regionalzüge, S-Bahnen und Busse, mehr Park-and-Ride-Angebote, aber auch die nötige Verlängerung der U-Bahnlinie 7 zum BER angemahnt. Denn, so heißt es, „nur ein starkes Grundgerüst im öffentlichen Nahverkehr kann Verlagerungen von der Straße auf die Schiene aufnehmen.“ Nötig sei auch der Ausbau der Ostbahn.

Der Handlungsbedarf ist dringend, warnt André Fritsche, Hauptgeschäftsführer der IHK-Cottbus. „Das führt sonst zu einem Verkehrsinfarkt, den wir komatös sehen werden. Wir sollten proaktiv handeln, nicht erst, wie so oft in Deutschland, wenn es zu spät ist.“ Es gehe um „eine der dynamischsten Regionen in Deutschland und Europa“, appelliert Andreas Igel, Chef des BER-Dialogforums, an Bund und Land. Bislang gehe der Ausbau der Infrastruktur in von Straße und Schiene „viel zu langsam“, sagt Igel. „Wir sind nicht der Speckgürtel, sondern der Herzkranz. Noch können wir eingreifen.“

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