zum Hauptinhalt
Die Politik soll zum Botschafter regionaler Produkte werden, fordern Brandenburgs Lebensmittelhersteller.

© imago images/Steinach

Protest vor Potsdamer Landtag geplant: Lebensmittelhersteller in Brandenburg stehen vor Kostenexplosion

Die Hersteller fordern mehr Unterstützung bei der Vermarktung ihrer Produkte und einen Abbau von Bürokratie. Auch die Kunden sehen sie in der Verantwortung.

Für Brandenburgs Lebensmittelwirtschaft ist es zehn nach zwölf. „Wir leiden unter der Kostenexplosion und einer zweistelligen Inflationsrate“, sagte die Inhaberin der Prenzlauer Ucker-Ei, Hanka Mittelstädt, am Montag in der Brandenburger Landespressekonferenz. „Uns steht das Wasser bis zum Hals.“

Vor der Wirtschaftskrise hatte ihr Unternehmen 250.000 Eier pro Woche produziert. Die Hälfte davon wurde unter der regionalen Marke Ucker-Ei vertrieben. Doch deren Absatz ist nun um rund 20 Prozent geschrumpft: Die Verbraucher greifen verstärkt zu den billigen Eigenmarken der Supermärkte, der Absatz funktioniert nicht mehr. „Ich rechne in 2023 mit unverschuldeten Mehrkosten von 400.000 Euro“, sagte Hanka Mittelstädt.

Am Donnerstag wollen die Lebensmittelunternehmer vor dem Landtag in Potsdam protestieren. „Wir wollen, dass die Politik stärker als bisher zum Botschafter unserer regionalen Produkte wird“, sagte Mittelstädt. „Wir brauchen aber auch dringend einen Bürokratieabbau: Wenn ich einen Mitarbeiter nur zum Erfassen irgendwelcher Lieferscheine abstellen muss, fehlt er mir woanders.“ Zudem wollen die Betriebe eine Werbekampagne starten, um unter dem Motto „Regional – jetzt erst recht“ für ihre Produkte zu werben.

Vielleicht sind wir ein bisschen teurer, aber das Geld bleibt in der Region und wird hier wieder investiert.

Tobias Exner, Bäckermeister

Denn die Lage ist bedrohlich. „Wenn unser Unternehmen schließt, verliert die Region den letzten Markenhersteller für Fleisch und Wurst“, sagt der Geschäftsführer der Eberswalder Gruppe, Sebastian Kühn. Auch sein Betrieb leidet unter den explodierenden Kosten. „Bei 110 Millionen Euro Umsatz rechnen wir für 2023 mit 15 Millionen Euro zusätzlichen Kosten.“ Aus seiner Sicht müsste der Handel die Preise deutlich erhöhen, sagte Kühn. Stattdessen versuche der Lebensmittelhandel aber eine Stärkung der eigenen Handelsmarken vorzunehmen.

Der Potsdamer Bäcker Tobias Exner, dessen Unternehmen mehr als 30 Filialen in der Landeshauptstadt, in Berlin und im Speckgürtel betreibt, betont, dass die regionalen Wertschöpfungsketten erhalten bleiben müssen. Sein Unternehmen beziehe beispielsweise Kürbiskerne vom Spargelbauern Syring aus dem Fläming. „Die sind teurer als Importe, aber von weit besserer Qualität.“

Doch auch seine Energiekosten seien explodiert. Während man vor 2020 noch drei Cent pro Kilowattstunde Energie bezahlt habe, sei es heute der zehnfache Preis. Die Rohstoffkosten seien um 400 Prozent gestiegen, die Personalkosten um 25 Prozent. „Das ist einfach nicht mehr auffangbar“, sagte Exner.

Er hoffe darauf, dass sich die Politik für „umsetzungsorientierte und attraktive Unterfütterung von Investitionen“ einsetze. „Aber was wirklich wichtig ist, ist, dass die Menschen in unsere Filialen kommen und ihren Bedarf an Backwaren bei uns kaufen“, sagte er. „Vielleicht sind wir ein bisschen teurer, aber das Geld bleibt in der Region und wird hier wieder investiert.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false